Frage an Daniela Ludwig von Andreas R. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Raab
Wenn ich die derzeitige Debatte beim Unterhaltsrecht verfolge, verliere ich immer mehr meinen Glauben an eine Zukunft in dieser Gesellschaft. Warum gehe ich noch arbeiten? Die 200,-€ mehr, die ich gegenüber der Arbeitslosigkeit habe, kann ich leicht mit Schwarzarbeit ausgleichen. Ich hätte sehr wahrscheinlich ein höheres Monatseinkommen. Ich wollte eigentlich noch einmal eine Familie gründen und ich habe auch noch einen großen Wunsch nach weiteren Kindern. Aber in diesem Land mit diesen Politikern, kann ich meine Hoffnungen wohl begraben. Was für eine Zukunft habe ich eigentlich noch mit 35 Jahren. Ich habe zwar einen recht sicheren Arbeitsplatz, aber wofür? Soll ich wirklich so weiterleben in diesem Land?
verzweifelter, geschiedener Vater
Sehr geehrter Herr Rudolph,
vielen Dank für Ihre Äußerung hinsichtlich der geplanten Unterhaltrechtsreform.
Gerne möchte ich dazu Stellung nehmen:
Die Neufassung des Unterhaltsrechtgesetzes verfolgt u.a. die Ziele
- Förderung des Kindeswohls und
- Vereinfachung des Unterhaltsrechts.
Um dies zu erreichen, wären eine Änderung der Rangfolge im Unterhaltsrecht sowie eine damit einhergehende Besserstellung nicht verheirateter Mütter und Väter, die Kinder betreuen, notwendig. Darüber soll das Prinzip der Eigenverantwortung weiter ausgebaut werden.
Nach bisherigem Recht teilen sich die minderjährigen und die ihnen gleichgestellten Kinder den ersten Rang als Unterhaltsgläubiger mit geschiedenen und aktuellen Ehegatten. Innerhalb des ersten Ranges wird der erste Ehegatte gegenüber dem zweiten Ehegatten privilegiert. Sowohl erster als auch zweiter Ehegatte sind wiederum gegenüber der nicht verheirateten Mutter (bzw. Vater) privilegiert, die sich mit ihrem Unterhaltsanspruch wegen der Kinderbetreuung im zweiten Rang befindet.
Diese nicht mehr zeitgemäße Regelung soll im Gesetzesentwurf zur Neuregelung des Unterhaltsrechts neu gestaltet werden.
Der Kindesunterhalt soll meiner Meinung nach den Vorrang vor allen anderen Ansprüchen erhalten. Kinder können nicht für sich selbst sorgen und bedürfen damit eines besonderen Schutzes. Besonders schutzbedürftige minderjährige und in der Ausbildung befindliche Kinder bis 21 Jahre sollen sich unterhaltsrechtlich deshalb im ersten Rang befinden. Den zweiten Rang sollen Kinder betreuende Elternteile und - aus Gründen des Vertrauensschutzes - langjährige Ehegatten einnehmen. Sonstiger (nachehelicher) Gattenunterhalt soll in den dritten Rang fallen.
Mit dieser Neuregelung würde eine eindeutige Besserstellung von in Erziehung befindlichen Kindern gewährleistet, Unterhaltsleistungen für Ehegatten und nacheheliche Unterhaltsansprüche werden dabei zunächst zurückgestellt.
Die Reform sähe zudem die Stärkung der nachehelichen Eigenverantwortung vor.
Um das Ziel „Stärkung der Eigenverantwortung nach der Ehe“ zu erreichen, sollte der schon nach bisheriger Rechtslage geltende Grundsatz der Eigenverantwortung ausdrücklich in § 1569 des Entwurfs verankert werden. Die Gerichte sollen dazu bewegt werden, Unterhaltsansprüche geschiedener Ehepartner eher und stärker als bislang zu befristen oder in der Höhe zu begrenzen und auf diese Weise „Zweitfamilien“ zu entlasten. Der in der Ehe erreichte Lebensstandard soll nicht länger der vorrangige Maßstab dafür sein, ob und ggf. welche Erwerbstätigkeit nach einer Scheidung zumutbar ist. Unterhaltsvereinbarungen vor der Scheidung bedürfen nach § 1585c des Entwurfs nun der notariellen Beurkundung. Durch die Mitwirkung eines Notars soll eine fachkundige und unabhängige Beratung sichergestellt und die Vertragspartner sollen vor übereilten Erklärungen bewahrt werden.
Die Notwendigkeit der Änderung der Regelung hin zu mehr Eigenverantwortlichkeit wird durch die geänderte Lebenswirklichkeit gerade im Hinblick auf die zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen und dem deutlichen Rückgang von Einverdiener-Ehen nötig.
Ich versichere Ihnen, dass die CDU/ CSU Bundestagsfraktion in der Großen Koalition an einer Lösung im Unterhaltsrecht arbeitet, die sowohl die Bedürfnisse der Schutzbedürftigen, v.a. der Kinder, und der unterhaltspflichtigen Personen berücksichtigt, und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Daniela Raab, MdB
Sehr geehrter Herr Rudolph,
entschuldigen Sie bitte die späte Antwort, aber meine zeitnahe Antwort wurde scheinbar von Abgeordnetenwatch nicht eingestellt.
Daher nun eine aktuelle Antwort, denn die Einigung zum Unterhaltsrecht ist in dieser Woche gefallen.
Nun haben wir eine Lösung gefunden, die ich gerne im Folgenden näher ausführen möchte:
Folgende wichtige Anliegen wurden durchgesetzt:
Es bleibt dabei, dass der Kindesunterhalt künftig Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen hat!
Bei der Rangfolge werden nach den Kindern, alle Elternteile (geschiedene, verheiratet und nichteheliche), die wegen aktueller Kindererziehung Betreuungsunterhalt beziehen, sowie (aktuelle und geschiedene) Ehegatten von langer Dauer im Rang gleich gestellt; erst dahinter kommen sonstige Ehegatten (also insbesondere nicht kindererziehende).
Grundsätzlich ist die Dauer des Betreuungsunterhalts für die nichteheliche wie für die geschiedene kindererziehende Mutter künftig gleich lang (mindestens 3 Jahre); dies entspricht der Forderung des Bundesverfassungsgerichts; die bisher geltende längere Dauer des Betreuungsunterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau gegenüber der nichtehelichen Mutter hatte das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt.
Dennoch wird durch die nun gefundene Lösung im Einzelfall aus Gründen der nachehelichen Solidarität bei geschiedenen Ehegatten eine weitere Verlängerung der Unterhaltszahlung möglich sein.
Konkret: Wenn sich eine Ehefrau in der Ehe der Kindererziehung gewidmet hat, kann sie künftig im Einzelfall schon aus diesem Grunde durchaus länger als 3 Jahre nach Ehescheidung Betreuungsunterhalt beziehen; diese Begründung für die Verlängerung trägt bei der nichtehelichen Mutter dagegen nicht (bei dieser kann die Verlängerung über 3 Jahre hinaus “nur” aus anderen Gründen in Frage kommen). Darin liegt eine besondere Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität und eine gewisse Besserstellung der geschiedenen Ehefrau.
Gleichzeitig wird es künftig eine stärkere und frühere Verpflichtung für geschiedene Ehefrauen geben, wieder selbst für ihren Unterhalt zu sorgen.
Mit dem neuen Recht beseitigen wir die bisher vorhandene Schlechterstellung der “zweiten Familie”.
Was Ihre persönliche Situation betrifft, so ist diese sehr bedauerlich und ich kann nachvollziehen, dass Sie unzufrieden sind. Leider kann ich aufgrund Ihrer geringen Angaben dazu keine weiteren Aussage machen.
Aber eines ist klar, auch nach einer Scheidung müssen die Kinder von beiden Elternteilen versorgt werden. Der Ehegattenunterhalt tritt dabei zurück und muss im Zweifel ganz wegfallen, wenn der Unterhaltspflichtige nicht mehr Geld zur Verfügung stellen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Raab, MdB
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Anmerkung der Redaktion
Frau Raab hat recht. Die damalige Antwort wurde von uns irrtümlich nicht freigeschaltet. Wir bitten dies zu entschuldigen.
Sehr geehrter Herr Rudolph,
entschuldigen Sie bitte die späte Antwort, aber meine zeitnahe Antwort wurde scheinbar von Abgeordnetenwatch nicht eingestellt.
Daher nun eine aktuelle Antwort, denn die Einigung zum Unterhaltsrecht ist in dieser Woche gefallen.
Nun haben wir eine Lösung gefunden, die ich gerne im Folgenden näher ausführen möchte:
Folgende wichtige Anliegen wurden durchgesetzt:
Es bleibt dabei, dass der Kindesunterhalt künftig Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen hat!
Bei der Rangfolge werden nach den Kindern, alle Elternteile (geschiedene, verheiratet und nichteheliche), die wegen aktueller Kindererziehung Betreuungsunterhalt beziehen, sowie (aktuelle und geschiedene) Ehegatten von langer Dauer im Rang gleich gestellt; erst dahinter kommen sonstige Ehegatten (also insbesondere nicht kindererziehende).
Grundsätzlich ist die Dauer des Betreuungsunterhalts für die nicheheliche wie für die geschiedene kindererziehende Mutter künftig gleich lang (mindestens 3 Jahre); dies entspricht der Forderung des Bundesverfassungsgerichts; die bisher geltende längere Dauer des Betreuungsunterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau gegenüber der nichtehelichen Mutter hatte das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt.
Dennoch wird durch die nun gefundene Lösung im Einzelfall aus Gründen der nachehelichen Solidarität bei geschiedenen Ehegatten eine weitere Verlängerung der Unterhaltszahlung möglich sein.
Konkret: Wenn sich eine Ehefrau in der Ehe der Kindererziehung gewidmet hat, kann sie künftig im Einzelfall schon aus diesem Grunde durchaus länger als 3 Jahre nach Ehescheidung Betreuungsunterhalt beziehen; diese Begründung für die Verlängerung trägt bei der nichtehelichen Mutter dagegen nicht (bei dieser kann die Verlängerung über 3 Jahre hinaus “nur” aus anderen Gründen in Frage kommen). Darin liegt eine besondere Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität und eine gewisse Besserstellung der geschiedenen Ehefrau.
Gleichzeitig wird es künftig eine stärkere und frühere Verpflichtung für geschiedene Ehefrauen geben, wieder selbst für ihren Unterhalt zu sorgen.
Mit dem neuen Recht beseitigen wir die bisher vorhandene Schlechterstellung der “zweiten Familie”.
Was Ihre persönliche Situation betrifft, so ist diese sehr bedauerlich und ich kann nachvollziehen, dass Sie unzufrieden sind. Leider kann ich aufgrund Ihrer geringen Angaben dazu keine weiteren Aussage machen.
Aber eines ist klar, auch nach einer Scheidung müssen die Kinder von beiden Elternteilen versorgt werden. Der Ehegattenunterhalt tritt dabei zurück und muss im Zweifel ganz wegfallen, wenn der Unterhaltspflichtige nicht mehr Geld zur Verfügung stellen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Raab, MdB
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Anmerkung der Redaktion
Frau Raab hat recht. Wir bitten dies zu entschuldigen.