Frage an Daniela Ludwig von Ulrich O. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Ludwig,
soeben lese ich voller Entsetzen auf SZ.de, dass die CSU vorschlägt, Flüchtlingsauffanglager in Afrika zu errichten ( http://www.sueddeutsche.de/bayern/fluechtlingspolitik-csu-will-auffanglager-in-nordafrika-1.2514617 ) .
Ziel dieser Initiative sei es, die Opferzahlen unter den Flüchtlingen zu verhindern. Von einer präventiven Strategie ist im Artikel jedoch nichts zu lesen.
Dazu meine Fragen:
- Sind sich Ihre Kollegen noch der Bedeutung des "C" in ihrem Parteinamen bewusst? Halten diese es für christlich, die Festung Europa noch weiter zu verstärken?
- Welche Ursachen werden in der CSU als maßgeblich für die Not der Flüchtlinge genannt?
- Welche Ansätze zur Behebung der Ursachen der Flüchtlingsströme werden in der CSU thematisiert? Wird die CSU beispielsweise aktiv gegen Ungerechtigkeiten vorgehen, die durch das Freihandelsabkommen zwischen Europa und Afrika erzeugt werden? Wird die CSU gegen Exporte billigster Lebensmittel von Deutschland nach Afrika Stellung beziehen oder gegen europäische Megatrawler protestieren?
- Halten Sie persönlich Auffanglager in Südafrika sinnvoll, oder bevorzugen Sie ein überlegteres weniger populistisches Vorgehen?
Mit freundlichen Grüßen,
Ulrich Oberender
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Sehr geehrter Herr Oberender,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Flüchtlinge, in der Sie besonders den Vorschlag, Asylzentren in Nordafrika einzurichten, kritisieren.
Durch die stark ansteigende Anzahl von Asylbewerbern sind die Kommunen und Landkreise enorm gefordert bei Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge. Die große Hilfsbereitschaft unserer Bürger werden wir nur erhalten, wenn wir nur diejenigen Menschen aufnehmen, die tatsächlich Asyl benötigen.
Denn die Fluchtursachen sind vielfältig und reichen von politischer und religiöser Verfolgung bis hin zur Flucht vor Bürgerkriegen. Eine große Zahl an Flüchtlingen macht sich aber nur aus wirtschaftlichen Gründen auf den Weg nach Europa. Nur rund ein Drittel aller Asylbewerber sind tatsächlich verfolgt. In den vergangenen vier Monaten kam über die Hälfte der Bewerber vom Balkan, während etwa aus Syrien nur rund 17 % der Bewerber stammten. Hier müssen wir im Asylverfahren noch stärker unterscheiden zwischen schutzbedürftigen und nicht-schutzbedürftigen Asylbewerbern. Es muss innerhalb weniger Wochen zu einem Asylbescheid und bei Ablehnung zu einem raschen Vollzug durch Aufenthaltsbeendigung kommen.
Die Maßnahmen zur Beschleunigung der Asylverfahren von Kosovaren zeigen erste Wirkungen, die zwischenzeitlich hohen Zahlen sind im Mai gesunken. Die Anerkennungsquote tendiert bei den Bewerbern vom Balkan gegen Null, während von den syrischen und irakischen Flüchtlingen eine sehr hohe Anzahl anerkannt wird.. Trotzdem bleibt das Problem, dass sich viele dieser Menschen in die Hände krimineller Schlepper begeben und eine lebensgefährliche Überfahrt über das Mittelmeer riskieren. Das können wir dadurch verhindern, dass wir die Asylanträge dieser Menschen nicht erst in Italien, Österreich oder Deutschland prüfen, sondern gleich direkt vor Ort an der nordafrikanischen Küste.
Hier könnten europäische Asylzentren in Nordafrika Abhilfe schaffen, in denen ein Prüfverfahren nach europäischen Standards durchzuführen ist. Wenn jemand trotzdem über das Mittelmeer übersetzt, muss er gerettet und ins Asylzentrum zurück gebracht werden. Flüchtlinge, deren Anträge keine realen Chancen hat, würden so erst gar keine Überfahrt antreten, während die Flüchtlinge, deren Antrag anerkannt wird, auf sicherem Wege nach Europa gebracht werden könnten. Dies ist für die Flüchtlinge humanitärer und sicherer, als die gefährliche Überfahrt zu riskieren und das Geschäft der Schleuser zu unterstützen.
Um möglichst viele Menschen vor dem Ertrinken im Mittelmeer zu retten, haben wir die Mittel für die Seenotrettung erhöht. FRONTEX hat in den vergangenen Jahren bereits zehntausende Flüchtlinge gerettet. Zudem beteiligt sich die Bundeswehr seit diesem Jahr an der Rettung.
Natürlich müssen aber auch die Fluchtursachen bekämpft werden. Deswegen hat Deutschland die Mittel in der Entwicklungspolitik deutlich aufgestockt und setzt sich für die politische und wirtschaftliche Entwicklung in den Herkunftsländern der Flüchtlinge ein. Wir haben dabei beispielsweise als Ziel, Regionen zu stabilisieren, den Wiederaufbau zerstörter Gebiete voranzutreiben und die Lebensbedingungen vor Ort zu verbessern. Das heißt etwa, dass wir uns dafür einsetzen, Bildungs- und Beschäftigungschancen zu verbessern. Arbeits- und Ausbildungsprogramme bieten vor allem jungen Menschen Perspektiven und fördern den sozialen Zusammenhalt. So können die Menschen neue Perspektiven entwickeln und neue Krisen verhindert werden.
Sehr geehrter Herr Oberender, die Probleme in den Herkunftsländern lassen sich sicherlich nicht kurzfristig lösen. Trotzdem bin ich mir sicher, dass wir mit unserer Flüchtlings- und Entwicklungspolitik den richtigen Rahmen setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Ludwig