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Daniela Ludwig
CSU
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Frage von Sabine T. •

Frage an Daniela Ludwig von Sabine T. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Ludwig,

ich schreibe Sie aufgrund der Versicherungsmisere für Hebammen und die Gefährdung dieses Berufsstandes an. Sie selbst sind Mutter und ich bin es seit April 2013. Ich wurde von einer Hebamme aus Kolbermoor betreut und egal ob Saugverwirrung, pucken, Tragetuchverwendung und emotionale Unterstützung nebst der normalen Wochenbettbetreuung - ich wüsste nicht wo wir heut ohne ihre Hilfe und Berufserfahrung wären. Allein um die 100 sms gingen nach dem Wochenbett zwischen uns hin und her! Hier ein informativer Artikel zum Thema:
http://www.zockt.com/vonguteneltern/?p=1537
Kinder sind unsere Zukunft und Hebammen die erste familiennahe, persönliche Betreuung. Dann, wenn unsere Kinder die Grundlage für ihre Persönlichkeitsentwicklung gelegt bekommen. Gynäkologen und Kinderärzte können kein Ersatz sein!

Was sagen Sie dazu? Was können Sie als Abgeordnete, als Vertreterin des Volkes tun, um Frauen, ungeborenem Leben, frischgebackenen Eltern und Familien die unverzichtbare Unterstützung der Hebammen auch in Zukunft zusichern zu können?

Mit freundlichen Grüßen!

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Thomas,
vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie mich auf die Situation der freiberuflichen Hebammen und insbesondere deren Berufshaftpflichtversicherung aufmerksam machen.
Dieses Thema liegt mir schon seit einiger Zeit sehr am Herzen, denn die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Geburtshilfe sowie eine angemessene Vergütung für diese - in der Unterstützung von Müttern - so wichtigen Tätigkeit ist der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein wichtiges Anliegen. Deshalb haben wir auch in den Koalitionsverhandlungen dieses wichtige Thema debattiert und im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir die Situation der Hebammen im Speziellen beobachten und für eine angemessene Vergütung sorgen werden.
Die Arbeit der Hebammen und Entbindungspfleger ist anspruchsvoll. Ihre Leistungen sind für eine den medizinischen Erfordernissen und den Wünschen von Schwangeren und jungen Müttern entsprechenden Versorgung vor und nach der Geburt von besonderer Bedeutung. Dabei ist uns wichtig, dass es in der Entscheidung der werdenden Mutter – in Rückkopplung mit der Hebamme bzw. dem behandelnden Arzt – liegt, ob sie daheim, in einem Geburtshaus, ambulant oder stationär in einem Krankenhaus entbinden möchte.
Die finanzielle Situation, insbesondere von freiberuflichen Hebammen, beschäftigt uns also, wie gesagt, seit längerem. Ein besonderes Augenmerk liegt hierbei auf den steigenden Berufshaftpflichtprämien und der Vergütung der freiberuflichen Hebamme. Die Vergütung wird durch die Vertragspartner der Selbstverwaltung (Krankenkassen und Hebammen) festgelegt. In der vergangenen Legislatur haben wir die Ausgangssituation für die Verhandlungen deutlich verbessert, in dem jetzt steigende Kosten u. a. für die Berufshaftpflichtversicherung bei den Vergütungsverhandlungen zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus wurde eine langjährige Forderung der Hebammen umgesetzt und die Leistungen zu Schwangerschaft und Geburt aus der Reichsversicherungsordnung in das SGB V überführt.
Vor diesem Hintergrund ist es bereits im vergangenen Jahr zur Einsetzung einer interministeriellen Arbeitsgruppe „Versorgung mit Hebammenhilfe“ gekommen, an der neben Ressorts der Bundesregierung auch Vertreterinnen und Vertreter der Hebammen, der Selbstverwaltung der Sozialversicherungen sowie der privaten Versicherungswirtschaft beteiligt waren. Auch ich habe mich unlängst mit den die Hebammen vertretenden Verbänden getroffen sowie Gespräche mit der Selbstverwaltung von gesetzlicher Kranken- und Pflegeversicherung sowie mit der privaten Versicherungsbranche geführt.
Im nun vorliegenden Abschlussbericht der interministeriellen Arbeitsgruppe „Versorgung mit Hebammenhilfe“ des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) wird deutlich, dass auch die Bundesregierung die Belange der Hebammen sehr ernst nimmt.
Es ist auch den intensiven Unterredungen der letzten Wochen zu verdanken, dass es inzwischen ein Angebot der Versicherungswirtschaft gibt, mit dem sichergestellt ist, dass der Gruppenhaftpflichtvertrag des Deutschen Hebammenverbandes e. V. (DHV) bis zum Sommer 2016 weiter angeboten werden kann. Das ist ein erster wichtiger Schritt der Versicherungswirtschaft, dem nunmehr weitere folgen müssen, damit es zu dauerhaft überzeugenden Angeboten von Haftpflichtversicherungen für die Geburtshilfe kommt.
Im Bundesministerium für Gesundheit wurde begleitend zur Abstimmung des Abschlussberichts intensiv an einem Maßnahmenpaket gearbeitet, mit dem die in der Arbeitsgruppe diskutierten Anliegen aufgegriffen und für eine Entlastung der Hebammen gesorgt werden soll. Im Kern geht es darum, einerseits kurzfristig Verbesserungen im Bereich der Vergütung herbeizuführen. Andererseits muss eine tragfähige Lösung gefunden werden, um dem laufenden Anstieg der Haftpflichtprämien entgegen zu wirken und die Situation auf dem Versicherungsmarkt zu verbessern. Andere wichtige Themen betreffen u. a. die Verbesserung der Datenlage sowie die Qualitätssicherung in der Geburtshilfe.
Mit Blick auf die Berufshaftpflicht für Hebammen hat sich allerdings auch gezeigt, dass einige der in der interministeriellen Arbeitsgruppe vorgetragenen Lösungsansätze auf weitreichende verfassungsrechtliche und sozialversicherungstechnische Schwierigkeiten stoßen.
Auf Grundlage der Diskussionen in der Arbeitsgruppe und der seitdem geführten zahlreichen Gespräche mit Vertretern der Hebammen, dem GKV-Spitzenverband und der Versicherungswirtschaft rege ich daher insbesondere die folgenden Maßnahmen zur Umsetzung an:
1. Sicherstellungszuschlag bei der Vergütung
Die zum 1. Juli 2014 angekündigten Prämienerhöhungen der Haftpflichtversicherung müssen zeitnah durch eine Anpassung der Vergütung der Hebammen berücksichtigt werden. Entsprechende Verhandlungen hierzu werden bereits zwischen dem GKV-Spitzenverband und den Hebammenverbänden geführt. Dabei ist sicherzustellen, dass auch Hebammen, die nur wenige Geburten im Jahr betreuen, durch die Prämie zur Haftpflichtversicherung nicht überlastet werden. Die Krankenkassen sollen daher als kurzfristig wirksame Maßnahme zusätzlich gesetzlich verpflichtet werden, für Geburtshilfeleistungen, bei denen typischerweise nur wenige Geburten betreut werden, über die bei Prämiensteigerungen übliche Anpassung hinaus Mittel bereit zu stellen, um die Vergütung angemessen zu erhöhen.
Diese Übergangsregelung wird durch einen dauerhaften Sicherstellungszuschlag für Hebammen abgelöst, die aufgrund weniger betreuter Geburten ihre Haftpflichtprämien nicht mehr im ausreichenden Maße finanzieren können. Hierfür sind seitens der Hebammen die notwendigen Qualitätsanforderungen zu erfüllen. Durch den Sicherstellungszuschlag können die betroffenen Hebammen dauerhaft entlastet werden. Dies stellt eine wichtige Voraussetzung für eine flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe auch in Zukunft dar.
Ich werde mich gegenüber dem Deutschen Bundestag dafür aussprechen, dass entsprechende Gesetzesänderungen in noch laufende Gesetzgebungsverfahren, die alsbald in Kraft treten sollen, eingespeist werden.
2. Stabilisierung der Versicherungsprämien
Der deutliche Anstieg der Schadensersatzansprüche hat zu sprunghaft ansteigenden Haftpflichtprämien der Hebammen in den vergangenen Jahren geführt. Um die Entwicklung zu begrenzen, schlage ich vor, Maßnahmen zu ergreifen, damit die vereinbarte Versicherungssumme stabilisiert wird. Im Rahmen der interministeriellen Arbeitsgruppe wurden hierzu verschiedene Wege erörtert. Dabei stand der Verzicht auf Regressforderungen als ein effektives Mittel zur Reduzierung der Haftpflichtprämien im Mittelpunkt der Diskussionen. Auf diese Weise können sowohl die derzeitigen Haftpflichtdeckungssummen und damit auch der künftige Anstieg der Haftpflichtprämien begrenzt werden. Durch die faktische Begrenzung der Höchstschäden entsteht zudem wieder eine verlässlichere Kalkulationsgrundlage für die Versicherungswirtschaft. Dadurch soll ein Beitrag zur Belebung des Versicherungsmarkts für Haftpflichtversicherungen der Hebammen geleistet werden, so dass dauerhaft bezahlbare Haftpflichtversicherungen angeboten werden können.
Es muss zugleich sicher gestellt werden, dass ein durch einen Behandlungsfehler geschädigtes Kind und seine Familie weiterhin die erforderliche, angemessene Hilfe und Unterstützung erhalten.
Ich werde deswegen gemeinsam mit Ressorts der Bundesregierung sowie Kranken- und Pflegeversicherungen intensiv weiter prüfen, ob und wie mit der Einführung eines Verzichts auf Regress im Kranken- und Pflegebereich der weitere Anstieg der Haftpflichtprämien wirkungsvoll begrenzt werden kann.
3. Qualitätssicherung
Der Sicherung der notwendigen Versorgungsqualität in der Geburtshilfe kommt eine besondere Bedeutung zu. Für Leistungen der Hebammenhilfe sehen die gesetzlichen Regelungen ausdrücklich die Vereinbarung von Qualitätsanforderungen vor. Ein zeitnaher Abschluss dieser Qualitätsvereinbarung muss sichergestellt werden. Ich fordere die Hebammenverbände und den GKV-Spitzenverband auf, zügig - spätestens bis zum Jahresende - zu einer Vereinbarung zur Sicherung der Qualität in der Geburtshilfe zu kommen.
Daneben befürworte ich die Notwendigkeit der Entwicklung einer höherwertigen medizinischen Leitlinie für die Geburtshilfe in Fachkreisen. Die Erarbeitung einer ersten hochwertigen interdisziplinären Leitlinie zur Geburtshilfe durch die Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) soll durch einen Auftrag des BMG an das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zur Ermittlung des vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes unterstützt werden.
4. Datengrundlage
Die Diskussion im Zusammenhang mit der Haftpflichtversicherungssituation hat deutlich gemacht, dass die Datengrundlage im Bereich der Hebammenversorgung verbessert werden muss. Gerade mit Blick auf die dauerhafte wirtschaftliche Absicherung der Hebammen und die Sicherung der Qualität der Versorgung sind entsprechende Daten unverzichtbar. Daher wurden Maßnahmen eingeleitet, die ab 2015 eine genauere Erfassung der Geburten nach dem Ort der Geburt (Art der Einrichtung, in der entbunden wurde) sicher stellen. Darüber hinaus sind weitere Erkenntnisse erforderlich, die das Auftreten und die Ursachen von Geburtsschäden näher untersuchen. Hierzu wird das BMG in einem ersten Schritt ein Gutachten in Auftrag geben. Die Erkenntnisse des Gutachtens sollen auch einen wichtigen Beitrag zur zukünftigen Fehlervermeidung liefern.
Ich bin davon überzeugt, dass die von Gesundheitsminister Gröhe vorgeschlagenen Maßnahmen einen wichtigen Beitrag liefern können, damit auch in Zukunft eine gute und qualitätsgesicherte geburtshilfliche Versorgung durch Hebammen gewährleistet werden kann. In den nächsten Wochen wird er in den Fraktionen im Deutschen Bundestag, unter den Ländern und im Kreis der Bundesregierung für eine entsprechende Unterstützung und eine zeitnahe Umsetzung werben.
Wir Abgeordneten werden diese Vorschläge dann prüfen, um zügig zu einer Lösung zu kommen, die allen – insbesondere den Hebammen – gerecht wird.

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Ludwig, MdB

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