Frage an Daniela Ludwig von Rainer H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Ludwig,
Als Folge der Einführung des Fiskalpakts in Deutschland dürften keine neuen Schulden mehr aufgenommen werden und darüber hinaus müssten noch 20 Jahre land pro Jahr ca. 30 Mrd. vom Schuldenberg abgetragen werden. Hinzu kommen die nächsten 5 Jahre noch ca. 5 Mrd. Einzahlungen in den ESM, sofern die Kriterien für den ESM so bleiben, wie Stand heute (Steigerungen sind zu erwarten).
Wenn Deutschland in einer Zeit, wo soviel Steuern, wie nie zuvor eingenommen werden, nicht einmal in der Lage ist, einen ausgeglichenen Haushalt zu beschließen, wie soll Deutschland denn in der Lage sein, 35 Mrd. jährlich noch einzusparen? Und wenn Deutschland es wider erwaten schaffen sollte, wo und wie wollen sie die Einsparungen erreichen?
Zu meiner Verwunderung spiegeln sich die Auswirkungen des Fiskalpaktes auch nicht in den Haushaltsplanungen für die kommenden Jahre wider.
Kein Land der Eurozone ist derzeit in der Lage, die Auflagen des Fiskalpakts umzusetzen.
Da stellt sich die Frage, was soll er bewirken, wenn er nicht umgesetzt werden kann?
Oder gibt es im Fiskalpakt so viele Ausnahmen, dass es kein Land umsetzen muss, sofern eine entsprechende Begründung vorliegt?
Dann hätten wir jedoch keine Verbesserung zu den Auflagen des Mastrichtvertrages, was die Politik uns jedoch behauptet.
Oder steckt hinter dem Fiskalpakt nur der erste Stritt, langsam, still und leise, fiskale Hoheiten des Parlaments an Brüssel abzugeben, ohne das Volk darüber aufzuklären und mitbestimmen zu lassen?
Was soll der Fiskalpakt aus Ihrer Sicht wirklich bewirken?
Wie soll der Fiskalpakt umgesetzt werden?
Warum sind die Auflagen des Fiskalpakt nicht in der Haushaltsplanung der kommenden Jahre berücksichtigt?
Wie stimmen Sie ab und warum?
Zum Schluss fordere ich Sie auf, gegen den Fiskalpakt zu stimmen, da er keine Verbesserung zu Mastrichtvertrag darstellen kann.
Bitte schicken sie keinen CDU Standardtext zu diesen Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
R. Hoppenstedt
Sehr geehrter Herr Hoppenstedt,
vielen Dank für Ihre erneute Frage bei Abgeordnetenwatch, dieses Mal zur Verabschiedung des „Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)“ und des „Fiskalpaktes“.
Gerne erläutere ich Ihnen die Hintergründe meiner Abstimmungsentscheidung.
Wie von der christlich-liberalen Koalition immer angestrebt, haben Bundestag und Bundesrat Fiskalvertrag und ESM als Gesamtpaket noch vor der Sommerpause zum Abschluss gebracht. Damit sind jedoch noch längst nicht alle Probleme in Europa überwunden und wir dürfen bei den Bemühungen zur Sicherung der Währungsunion und zur Stärkung der Wachstumskräfte in Europa nicht nachlassen.
Die dauerhafte Stabilisierung der Eurozone kann nur gelingen, wenn die Eurostaaten zu solider Haushaltspolitik zurückkehren und ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit gezielt stärken. Dies ist die wichtigste Erkenntnis aus den Ereignissen rund um die griechische Finanzkrise seit dem Mai 2010. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben deshalb am 28. / 29. Juni 2012 eine Wachstumsstrategie für Europa beschlossen. Klar ist jedoch, dass die Versäumnisse vieler Jahre nicht über Nacht beseitigt werden können.
Aus diesem Grund haben wir den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) auf den Weg gebracht, um den bedrohten Eurostaaten vorübergehend und unter strengen Auflagen finanziell unter die Arme zu greifen. Das maximale Ausleihvolumen des ESM beträgt dabei 500 Mrd. Euro. Bis zur vollen Funktionstüchtigkeit des ESM wird dieser für eine begrenzte Zeitdauer noch durch die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) ergänzt. Die EFSF wird dann im Juni 2013 - wie vorgesehen - auslaufen. Auch für diese Übergangszeit bleibt das Kreditvergabevolumen auf 500 Mrd. Euro begrenzt.
Leistungen aus dem ESM gibt es nur unter strikten Auflagen. Finanzhilfen werden nur vergeben, wenn ein Euro-Mitgliedstaat schwerwiegende Finanzierungsprobleme hat und ein Tätigwerden für die Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt unabdingbar ist. Sämtliche Mittel aus den Rettungsschirmen werden dabei nur befristet vergeben und auch nur den Ländern gewährt, die den Fiskalvertrag ratifiziert und eine Schuldenbremse eingeführt haben. Damit wird dem Grundprinzip Rechnung getragen, dass Solidarität und Eigenverantwortung in der Eurozone Hand in Hand gehen müssen - denn durch den Rettungsschirm sollen keine dauerhaften Abhängigkeiten geschaffen werden.
Der Deutsche Bundestag hat bei allen Maßnahmen im Rahmen des Euro-Rettungsschirms, die seine Haushaltsverantwortung berühren, das letzte Wort. So darf die Bundesregierung allen wesentlichen Maßnahmen nur zustimmen, wenn das Plenum des Deutschen Bundestages hierzu vorab ausdrücklich seine Zustimmung erteilt hat. Dies gilt etwa für die Aktivierung des Rettungsschirms für einen Eurostaat sowie nachträgliche Änderungen an einem Sanierungsprogramm oder dem ESM-Vertrag selbst. Damit bleibt das Budgetrecht des Deutschen Bundestages in vollem Umfang gewahrt.
Der ESM darf nicht isoliert von den anderen, ebenso wichtigen Bausteinen für eine dauerhaft stabile Währungsunion betrachtet werden. Ein fundamentaler Baustein im neuen Regelungsgefüge Europas ist neben dem ESM auch der Fiskalvertrag. Die Einführung von verbindlichen Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild in allen anderen Euro-Staaten ist eine entscheidende Weichenstellung für die Stabilisierung unserer Gemeinschaftswährung. Haushaltssünder werden künftig schneller und härter bestraft – denn steigt die Verschuldung übermäßig an, wird automatisch ein Mechanismus zur Durchführung von Korrektur-maßnahmen in Gang gesetzt. Staaten, deren öffentlicher Schuldenstand über dem Referenzwert von 60 % des Bruttoinlandsprodukts liegt, müssen ihre Schulden jährlich um durchschnittlich ein Zwanzigstel verringern. Mit dem Fiskalpakt wird somit die von der unionsgeführten Bundesregierung beschlossene deutsche Schuldenbremse zum Modell für die gesamte Eurozone.
Die geringe wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit in einigen Staaten der Eurozone ist mit eine der Ursachen für die gegenwärtige Krise. Deshalb haben wir uns von Beginn an für eine wirksame europäische Wachstumspolitik und eine Finanzmarkttransaktionssteuer eingesetzt. Was Wachstumsimpulse für Krisenstaaten betrifft, so ist in erster Linie die Europäische Kommission gefordert. Haushaltsmittel der Europäischen Union müssen zielgenauer als bisher für Beschäftigung, Wachstum, Innovation, Technologie, Ausbildung und Forschung eingesetzt werden. Es entspricht dem von der christlich-liberalen Koalition eingeschlagenen Weg, dass das europäische Wachstumspaket im Umfang von 130 Milliarden Euro nicht über neue Schulden finanziert wird.
Konsolidierung und Wachstum gehören für uns zusammen. Solide öffentliche Finanzen sind eine notwendige Grundlage für nachhaltiges Wachstum. Staatliche Aufgaben sollen nach unserer Überzeugung aus Einnahmen finanziert werden – und nicht auf Pump. Nur so können wir zu langfristig tragfähigen Haushalten zurückzukehren.
Es ist deshalb ein gutes Signal in und für Europa, dass Deutschland in dieser Woche den Fiskalpakt und den Europäischen Stabilisierungsmechanismus mit großer Mehrheit verabschiedet hat. Das Signal Deutschlands an Europa lautet: Wir sind zu europäischer Verantwortung bereit und sorgen uns um die Realwirtschaft in einigen Mitgliedstaaten. Aber Solidarität ist keine Einbahnstraße – wer Finanzhilfen will, muss seine öffentlichen Haushalte konsolidieren, Strukturreformen durchführen und Wachstum ermöglichen.
Ich bin zuversichtlich, dass der von der christlich-liberalen Koalition eingeschlagene Weg die Grundlage für die dauerhafte Stabilisierung des Euro schaffen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Ludwig, MdB