Frage an Daniela Ludwig von Ludwig M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
1.Erklären sie mir den Artikel 42 des Lissabonvertrages?
2.Was hat das mit Demokratie zu tun?
3.Stimmt es, daß der Lissabonvertrag keine Gewaltenteilung vorsieht, was aber das Herzstück einer Demokratie ist?
Mit freundlichen Grüßen
Maier Ludwig
Sehr geehrter Herr Maier,
ich bin nicht der Meinung, dass es sich zu einer Entmachtung des Bundesverfassungsgerichts führt und auch unser Grundgesetzt nicht antastet. Der Vertrag von Lissabon bringt Europa im Hinblick auf Demokratie, Transparenz und Handlungsfähigkeit weit voran.
Sie meinen bei Ihren ersten beiden Fragen sicherlich u.a. den Passus in Art. 42 Abs. 3 des Vertrags, demzufolge sich die Mitgliedstaaten verpflichten, „ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern“, worin Kritiker eine Verpflichtung zur Aufrüstung sehen.
Dem möchte ich entgegen halten, denn ich meine, dass der Artikel 42 EUV lediglich die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik präzisiert, die bereits im Vertrag von Maastricht als Unionsziel verankert und nach der heute gültigen Fassung von Nizza unter Artikel 17 geregelt ist.
Zudem ist sichergestellt, dass die EU-Institutionen grundsätzlich nur im Sinne der zu Beginn des Vertragswerks angeführten allgemeinen Ziele der Union tätig werden dürfen, zu denen nach Art. 3 EUV unter anderem die Förderung des Friedens, die gegenseitige Achtung unter den Völkern, der Schutz der Menschenrechte und die Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen zählen.
Bezüglich der Frage nach Gewaltenteilung ist folgendes zu sagen:
Es ist gelungen, die wesentlichen Fortschritte des Verfassungsvertrages, wie er auf der Regierungskonferenz 2004 vereinbart worden war, zu erhalten. Im Vergleich zum Status Quo, dem Vertrag von Nizza, erhält die EU grundlegende Änderungen, die ihre Handlungsfähigkeit wieder herstellen, die insbesondere seit ihrem Anwachsen auf 27 Mitgliedstaaten stark beeinträchtigt war.
Bei der umstrittenen Frage der Stimmengewichtung im Rat konnte das Prinzip der doppelten Mehrheit erhalten werden, auch wenn die Einführung der doppelten Mehrheit auf das Jahr 2014 verschoben wurde. So gilt bis 2014 für die Mehrheitsentscheidungen das im Vertrag von Nizza festgelegte Stimmenverhältnis, bei dem die vier großen Staaten mit über 50 Millionen Einwohnern (Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien) über gleich viele Stimmen (je 29) verfügen, die nächstgrößeren (Spanien mit 45 Mio. Einwohner und Polen mit 38 Mio.) mit 27 Stimmen beinahe gleiches Stimmengewicht besitzen. Von 1. November 2014 bis 31. März 2017 gelten die Abstimmungsregeln der doppelten Mehrheit, wie sie bereits im Verfassungsvertrag vorgesehen waren (55% aller Mitgliedstaaten, jedoch mindestens 15 Mitgliedsstaaten, die gleichzeitig mindestens 65% der Bevölkerung repräsentieren). Während dieses Zeitraums kann jedoch jedes Ratsmitglied beantragen, dass weiterhin die Abstimmungsregeln des Vertrags von Nizza Anwendung finden. Ab 2017 wird das neue Abstimmungsverfahren uneingeschränkt gelten (Für Ioannina gelten Sonderbestimmungen).
Als Erfolg ist sicher auch zu verbuchen, dass der Anwendungsbereich der qualifizierten Mehrheit im Rat ausgedehnt worden ist. Ausgenommen davon sind die Innen-, Steuer- und Sozialpolitik sowie die Auswärtigen Beziehungen, die weiterhin dem Einstimmigkeitsprinzip unterliegen.
Durch die Festlegung des Mitentscheidungsverfahrens als Regelverfahren in der europäischen Gesetzgebung wird das Europäische Parlament zum gleichberechtigten Gesetzgeber neben dem Rat, was ich keinesfalls als undemokratisch empfinde. Im Gegenteil.
Zudem soll der Kommissionspräsident künftig durch das Europäische Parlament gewählt werden. Die EU wird durch diese Fortschritte demokratischer und transparenter.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Raab, MdB