Frage an Daniel Schreyer von Brigitte B. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Soweit ich weiß darf eine Firma ihre Produkte nicht unter Herstellungskosten verkaufen, da ansonsten das Bundeskartellamt einschreitet. Wie sehen sie das beim Thema "Milch". Wie weit darf Ihrer Meinung nach der Milchpreis noch sinken?
Brigitte Brutscher
Sehr geehrte Frau Brutscher,
der Verkauf unter den Gestehungskosten (=Herstellungskosten) kann dann eine Form des unlauteren Wettbewerbs sein, wenn dadurch die Wettbewerbsposition eines Unternehmens zum Nachteil seiner Wettbewerber verstärkt werden soll, nicht aber, wenn der Verkauf unter den Gestehungskosten durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bedingt ist.
Genau letzterer Fall ist jedoch am Milchmarkt der Fall. Niemand (davon gehe ich jetzt mal aus) mietet seine Milch unter Herstellungskosten an, um sich dadurch am Markt einen Vorteil gegenüber den anderen Milchbauern zu verschaffen. Insofern liegt der von Ihnen aufgezeigte Fall nicht vor.
Dennoch: ich halte den Preisverfall der Milch für eine Katastrophe. Ich bezweifle aber, dass sich heute ein Markt langfristig mit staatlicher Regulierung durchsetzen lässt, mit der Folge, dass Preise über dem eigentlichen Marktpreis bezahlt werden. Ich glaube nicht, dass sich das auf einem Weltmarkt lange durchhalten lässt.
Wenn die Gesellschaft dazu aber bereit wäre, dann könnte die Politik auch entsprechend handeln. Die Folge wäre hohe Kosten für den Staatshaushalt und damit für alle Bürgerinnen und Bürger, Zölle, Handelsschranken und Fehlanreize zur weiteren Milchproduktion. Wollen Sie das selbst?
Ich persönlich halte es nach meinem derzeitigen Wissenstand für besser, wenn wir eine offene und ehrliche Diskussion in der Gesellschaft darüber führen, wie viel uns gute und lokale Nahrungsmittel wert sind. Wenn es dann einen Konsens gibt, muss sich das Angebot nach dieser Nachfrage richten. Z.B. mit mehr regionalen und besonders hochwertigen Qualitätsprodukten. Im übrigen sind die vielfältigen anderen Leistungen der Milchbauern für unsere Gesellschaft von der Gesellschaft zu honorieren. Evtl. ließen sich so auch die Herstellungskosten senken (Steuern auf Futtermittel, Diesel etc. streichen o.ä.), jedenfalls aber werden neue Standbeine neben der Milchwirtschaft geschaffen.
Ich sehe aber, dass sich die Milchproduktion trotz aller Nebenerwerbe AUCH lohnen muss. Hier müssen wir unsere Verbraucher stärker dafür sensibilisieren, dass es nicht das süße Fruchtsaftgetränk mit in die Schule bekommt, sondern die Milch (Schulmilchinitiative der EU). Dass sie echten Käse und keinen Analog-Käse wollen. Dass sie lokale, hochwertige Produkte wollen und keine billigen, ?ber tausenden von Kilometern hergekarrte...
Das ist wohl der Weg, der zu gehen ist - ich freue mich aber über Vorschläge
und Ideen.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Schreyer