Frage an Daniel Schreyer von Johann E. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Schreyer,
Die derzeitige Lage der Milchbauern scheint der Politik nicht ganz bewusst zu sein. Als Wähler dürften die Milchbauern bald ganz verschwunden sein. Kann es sich die Politik leisten auf die Milchbauern zu verzichten? Es wird gesagt und geschrieben, dass die Politik nichts machen könnte. Genau das glaube ich nicht! Bisher konnte mir weder Ministerpräsident Seehofer, noch sonstwer sachlich und überzeugend erklären warum dies nicht möglich sein sollte. Überzeugend heißt ja, es belegen zu können. Ich fordere sie daher auf, mir hier zu belegen, warum die Politik angeblich nichts tun könnte um als Milchbauer zu einem kostendeckenden Preis Milch produzieren zu können.
Sehr geehrter Herr Estner,
ich bin mir sicher, dass den Politikern der CSU die Lage der Milchbauern sehr wohl bewusst ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es andere Parteien gibt, die sich mehr Sorgen um das Wohlergehen unserer Landwirte machen, wie die CSU.
Und: unsere Gesellschaft kann es sich nicht erlauben, auf Milchbauern zu verzichten. Weder als Milchlieferanten noch als wertvollen Bestandteil unserer traditionellen Gesellschaft auf dem Land. Und auch nicht als Vermieter und Landschaftspfleger.
Natürlich kann die Politik etwas machen und ich bin sicher, dass niemand zu Ihnen gesagt hat, er könne nichts machen. Es kommt nur darauf an, was er machen soll. Vielleicht können Sie das mit einer Nachfrage präzisieren.
Ich denke aber, dass es um den Milchpreis geht. Der normale Vorgang ist doch so: auf einem Markt bildet sich der Preis nach Angebot und Nachfrage. Ich gehe davon aus, dass aufgrund eines Überangebots von Milch der Preis sinkt. Wäre dem nicht so, könnte der Einzelhandel seine Niedrigpreispolitik nicht lange durchhalten.
Welche Rolle soll nun die Politik spielen? Einen Mindestpreis definieren? Milch aufkaufen, um das Angebot zu verknappen? Schutzzölle gegen ausländische Milch erheben?
Sie sehen, es gäbe genug Möglichkeiten für die Politik zu handeln. Nur: wollen Sie und ich das?
Ich bin selbst Unternehmer und muss meine Leistungen am Markt anbieten. Die Politik hält sich aus meinem Markt mit oben genannten Maßnahmen zurück. Wann soll sie eingreifen?
Ich bin der Meinung, dass das ein ausgesprochen schwierige Frage ist, die die Politik UND die Milchbauern nicht alleine werden lösen können. Ich bin der Überzeugung, dass die Gesellschaft, mithin die Kunden, erklären muss, wie wichtig es Ihnen ist, dass unsere Ernährer, die Bauern, ein Umfeld vorfinden, in dem sie unsere Nahrung produzieren können.
Das können die Verbraucher erklären, indem sie regionale Milch kaufen. Leider sind sie dazu derzeit wohl nicht bereit (siehe Lidl-Milch Initiative des BDM).
Das könnte die Politik, indem sie eine der oben genannten Aktionen aufnimmt.
Das könnten die Bauern, indem sie weniger produzieren und so das Angebot verknappen.
Vielleicht würde es schon helfen, wenn die Milchbauern nicht überliefern, wie es halt leider gerade in Deutschland der Fall ist. Dieses Überliefern könnte übrigens auch die Politik verbieten, wenn sie es denn wollte.
Aber ganz ehrlich: lösen diese Ansätze wirklich das Problem? Ich fürchte nein. Und aus dieser Befürchtung heraus, die wohl mehrere Politiker mit mir teilen, entsteht vielleicht der Eindruck bei Ihnen, dass die Politik Ihnen nur erklärt, nichts tun zu können. Ich hoffe, Sie erkennen die Schwierigkeit Ihrer Frage, so dass sich dieser Eindruck der Politik etwas relativiert.
Nun zurück zum Ausgangspunkt. Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Durch die Erhöhung der Milchquote kommt mehr Angebot auf den Markt, als Nachfrage da ist. Der Preis sinkt. Bis 2015 regelt die EU-Kommission (mit Einflussmöglichkeiten des EU-Ministerrates und u.U. des EU-Parlamentes) diese Milchquote. Insofern können bis dahin auch deutsche Politiker Einfluss nehmen - allerdings nicht alleine entscheiden. Nach 2015 fällt diese Lieferobergrenze (die wie gesagt in Deutschland auch noch überliefert wird) weg. Dann könnte noch mehr Milch geliefert werden. Steigt die Nachfrage gleichzeitig nicht, wird es zu einem weiteren Preisverfall kommen. D.h. die einzig marktwirtschaftliche Lösung hieße: das Angebot verknappen. Dies müsste aber weltweit, zumindest aber europaweit funktionieren, sonst wird das sinkende deutsche Angebot einfach durch andere, ausländische Lieferungen ersetzt. Deshalb die Frage an Sie zurück: mit welchen Mitteln und mit welchem Recht soll das nun die Politik regulieren?
Bis 2015 kann die CSU über ihre Minister und Europaabgeordneten noch Einfluss nehmen - danach herrschen reine Marktbedingungen ohne Lieferobergrenzen. Schon jetzt könnte die Bauern übrigens weniger liefern und so das Angebot verknappen. Soll die Politik nun etwas lösen, was die Anbieter, die Milchbauern, selbst anscheinend nicht wollen (Stichwort: Überlieferung, Verzicht auf Angebotsreduzierung?)
Entschuldigen Sie bitte diese freche Zuspitzung, aber ich glaube, dass Sie es sich etwas zu einfach machen, von der Politik einen Beleg dafür zu verlangen, dass nichts gemacht werden kann. Mit wäre es bedeutend lieber, wenn die Verbände BDM und DBV zusammen mit Gesellschaft und Politik nach Lösungen suchen würden, statt sich gegenseitig auseinander zu dividieren.
Meines Erachtens muss es zu einer Reduzierung des Angebots an Milch kommen - zumindest solange die Nachfrage nicht wieder steigt. Damit unsere Milchbauern aber von geringeren Mengen an Milch leben können, muss die Gesellschaft für die vielen Funktionen unserer Landwirte bezahlen. Ich könnte mir vorstellen, dass Investitionen in Zimmer und Tourismus bezuschusst werden, dass es Zuschüsse für Landschaftspflege und anderes gibt. Warum sollen unsere Milchbauern für diese Gemeinschaftsaufgabe nicht ordentlich bezahlt werden? Ich finde da kommt schon was zusammen:
- Milch
- Hofladen und regionale Vermarktung
- landwirtschaftliche Zusatzprodukte
- Tourismus
- Landschaftspflege (öffentlich und privat)
- Forst- und Holzwirtschaft inkl. Energie
- Wegebau
Ich finde das eigentlich sehr schöne und vielfältige Aufgaben für unsere Landwirte.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Schreyer