Frage an Daniel Schreyer von Anton B. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Hr. Schreyer,
Über epetitionen.bundestag.de wurde im April eine Online-Petition mit dem Titel "Internet - Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten" eingebracht. Ziel der Petition ist die Ablehnung eines Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, der das BKA ermächtigt, geheime Sperrlisten mit Internet-Adressen zu führen. Nach dem Gesetzesentwurf werden Internet-Zugangs-Anbieter gesetzlich verpflichtet, Webseiten auf der Sperrliste zu blockieren.
Weiterhin propagiert Ihre Schwesterpartei weitläufige Einschnitte in den bürgerlichen Rechten, um eine Gefahrenabwehr zu ermöglichen.
Dies alles ist kohärent mit der politischen Linie der EU ( siehe EU-Telecom-Paket u.ä. ).
1. Wie stehen SIE zu den Themen DNS-Sperrung, Surfprotokollierung, TELECOM-Paket usw.?
2. Rechtfertigen aus Ihrer Sicht die freiheitlichen Einbußen den Nutzen?
3. Wie stehen Sie zur Hanns-Seidel-Stiftung? Halten Sie die Publikationen für wissenschaftlich seriös oder agitativ, propagandistisch und irreführend?
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen aus der Nachbarschaft,
Anton Bergovec
Sehr geehrter Herr Bergovec,
ich verfolge die aktuelle Diskussion mit Spannung, weil ich glaube, dass es sich um eine zentrale Frage freiheitlicher Grundwerte unseres Staates geht. Der klassische Konflikt: wie viel Freiheit, wie viel Kontrolle? In einer anderen Antwort habe ich schon geschrieben, dass ich die bürgerlichen Freiheiten für essentiell und zentral für unsere Gesellschaft halte. Andererseits lässt sich diese Freiheit nur in einer sicheren Gesellschaft auch ausleben. Was hilft Ihnen relative Freiheit bei hoher Unsicherheit Ihrer persönlichen Rechtsgüter (Leben, Gesundheit, Vermögen, ...)?
Insofern habe ich wenig Verständnis dafür, dass es Proteste gegen die Sperrung von Porno, insbesondere von Kinderporno-Seiten gibt. Hier werden Rechtsgüter verletzt, die nicht schützenswert sind. Diese Freiheit kann und soll beschnitten werden. Gerade Kinderpornografie ist in meinen Augen ein schweres Verbrechen.
Inwieweit unsere Schwesterpartei weitere Eingriffe plant, bitte ich doch zu präzisieren. Und was das EU-Telecom-Paket angeht, hat das Europäische Parlament am 6.5. den neuen Rechtsrahmen für den EU-Telekommunikationsmarkt vorerst blockiert. Ein Antrag, die Nutzung des Internets bei Urheberrechtsverletzungen nur nach richterlicher Anordnung zu sperren, fand eine Mehrheit. Die Abgeordneten haben den Änderungsantrag 138 aus 1. Lesung mit einer großen Mehrheit von 407 Stimmen bei 57 Ablehnungen und 171 Enthaltungen angenommen, der ausdrücklich einen Richterbeschluss vorsieht. Damit muss das Telecompaket ins Vermittlungsverfahren und kann nicht mehr in der laufenden Legislaturperiode verabschiedet werden
Zu Ihren Fragen im Einzelnen:
1. DNS-Sperrung, Surfprotokollierung,
TELECOM-Paket
Als Jurist tue ich mich leicht mit einer Antwort. Ich halte alle Maßnahmen im Falle einer richterlichen Überprüfung für sinnvoll. Schon jetzt kann - auf richterliche Anordnung - die Wohnung und andere Bereiche des privaten Lebens - überwachen. Zur Vermeidung und Aufklärung von Verbrechen begrüße ich dies. Sofern die Maßnahmen richterlich angeordnet werden und nicht der Kontrolle der 2. Gewalt entzogen werden. Insofern begrüße ich auch die Entscheidung des EP vom 6.5.
2. Rechtfertigung
Ein klares Ja. Durch die richterliche Anordnung wird die Anzahl der Einschränkungen der bürgerlichen Freiheiten sehr begrenzt bleiben. Daher sind diese Einschränkungen vertretbar - aber auch nur in diesem Fall! Die Politik und die Exekutive dürfen nicht kontrollfrei und ohne Aufsicht Einschränkungen vornehmen. Nur unter Beteiligung des Judikative, der Gerichte darf ein Eingriff stattfinden.
3. Hanns-Seidel-Stiftung
Ich schätze die Hanns-Seidel-Stiftung sehr. Ich selbst wurde im Förderungswerk als Stipendiat gefördert und habe einen sehr genauen Einblick in diese Stiftung gewinnen können. Zudem führe ich jedes Jahr mehrfach Veranstaltungen mit Rednern der Stiftung in meinem Ort durch, die jedes Mal durch eine ausgesprochen hohe Qualität bestechen.
Die Hanns-Seidel-Stiftung nimmt eine besondere Verantwortung in einem eher linksorientierten Medienmainstream wahr. Ganz ehrlich: konservative Positionen werden doch heute viel zu selten publiziert und unterstützt. Sowohl die Publikationen als auch die Redner der Stiftung informieren objektiv und seriös. Etwas anderes habe ich bislang nicht feststellen können. In diesem Zusammenhang bitte ich dann schon, auch die anderen parteinahen Stiftungen nach Ihren Kriterien zu untersuchen - verwechseln Sie dabei nicht einen partei- und gesellschaftspolitischen Auftrag mit Propaganda und Irreführung. Nur weil eine Meinung nicht der Ihren entspricht muss sie nicht schon irreführend sein.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Schreyer