Damiano Valgolio
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DIE LINKE
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Frage von Klaus D. •

Frage an Damiano Valgolio von Klaus D. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Valgolio,

ich bin Betriebsrat (BR) und ver.di-Gewerkschafter in einem ambulanten Pflegedienst für Menschen mit Behinderungen. Wir Beschäftigte sind hinsichtlich der seit rund einem Jahr anhängigen Entgeltverhandlungen zwischen Kostenträgern und Betriebsleitungen von einer Allianz aus Senatsverwaltung Integration, Arbeit und Soziales (SenIAS, von Ihrer Partei geführt), Senatsverwaltung Finanzen (SenFin, SPD-geführt) und unseren Geschäftsführungen (GF) im Resultat abgespeist worden mit einem Entgeltvertrag zum sog. Leistungskomplex 32, der darauf hinausläuft, daß wir weiterhin weit unter dem Tarifniveau des Landes Berlin bezahlt werden, und zwar aller Voraussicht nach bis 31.12.2015. Wir sind leider gewerkschaftlich noch nicht stark genug, um dieser Allianz den vollen Tariflohn durch reguläre Tarifverhandlungen und ggfs. Arbeitskampf abzutrotzen. SenIAS hat in diesen Verhandlungen bewußt davon abgesehen, von unseren GF einen Tarifvertrag als Nachweis zu verlangen. Vielmehr sollen die BR und GF bis 1.10.11 eine Betriebsvereinbarung vorlegen. Ihnen als Arbeitsrechtler dürfte die politische Absicht hinter diesem Verhalten klar sein. Für mich ist spätestens seit dieser unappetitlichen Entwicklung klar, daß ich den Berliner Landesverband der PDL nicht wählen werde (Zweitstimme). Wir müßten auch GEGEN Euch streiken!
Zwei Fragen wegen der Erststimme: Ich habe die Absicht, meine Erststimme ungültig zu machen, sofern Sie mich nicht vom Gegenteil überzeugen können. - Nur als Beispiel: Gerlinde Schermer von der SPD (Wahlkreis 5) wäre für mich eine durch ihre Taten absolut glaubwürdige Kandidatin, die meine Erststimme bekommen würde.
1. Warum sollte ich gerade Sie mit meiner Erststimme wählen?
2. Wie wollen Sie der "Berliner Welt der Arbeit", und darin v.a. den prekären, tariffreien NiedriglöhnerInnen des Sozial- und Gesundheitsbereichs im Abgeordnetenhaus nützlich werden?

Mit freundlichen Grüssen,
Klaus Drechsel

Damiano Valgolio
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Kollege Drechsel,

meiner Meinung nach ist das Gehaltsniveau im Bereich der Pflege inakzeptabel niedrig. Das hat verschiedene Ursachen. Etwa die zunehmende Durchökonomisierung des Sektors, das neoliberale Spardiktat und nicht zuletzt der geringe gewerkschaftliche Organisationsgrad der Beschäftigten. Die Kürzungen in Ihrem Bereich sind nicht nur eine Zumutung für die Beschäftigten, sondern treffen auch die Betreuten, also die Schwächsten der Gesellschaft.

Der Senat kann zwar Einfluss nehmen, zum Beispiel bei Entgeltverhandlungen, aber gerechter Lohn muss von unten erkämpft werden. Es wäre illusorisch, zu glauben, dass eine linke Regierung allein für anständige Bezahlung im öffentlichen Dienst und im sozialen Sektor sorgen kann. Sie kann nur den Arbeitskampf der Beschäftigten unterstützen und die Bedingungen erleichtern. Häufig hat DIE LINKE in Berlin das nicht ausreichend getan. An vielen Punkten gab es aber auch eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Betriebsräten. Bei der erfolgreichen Klage gegen Hungerlöhne und Dumpingtarifverträge der CGZA in der Zeitarbeit zum Beispiel. Oder bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen, die durch das neue Vergabegesetz nur noch an Firmen erfolgt, die Mindestlohn zahlen.

Insofern spricht nichts gegen einen Streik „gegen“ den Senat. Wir müssen dann innerhalb der LINKEN dafür sorgen, dass ein solcher Arbeitskampf als Stärkung genutzt wird, um innerhalb der Koalition gegen die SPD Fortschritte durchzusetzen. Wir haben in der vergangenen Woche eine interessante Diskussionsveranstaltung im IG Metall-Haus mit Klaus Ernst und Nichi Vendola gehabt, an der sich auch viele Kollegen beteiligt haben. Vendola ist Sozialist und seit 2005 Ministerpräsident der italienischen Region Apulien (in Koalition mit Sozialdemokraten und Zentrum). Er hat gesagt: „Ich hätte innerhalb der Koalition sehr viel weniger durchsetzen können, wenn die sozialen Akteure in Apulien nicht immer wieder auch gegen unsere Regierung aufgestanden wären und sie von außen unter Druck gesetzt hätten“. Das sollte unser gemeinsames Ziel auch für Berlin sein! Das würde ich mir im auch als Abgeordneter vor nehmen.

Ich kenne die Details der Entgeltverhandlungen, von denen Sie schreiben, nicht. Sicherlich ist der Rückgriff auf Betriebsvereinbarungen bedenklich und schafft neue Probleme. Der Knackpunkt bleibt aber der Organisationsgrad, nur so kann man tarifpolitisch in die Offensive kommen.

Da Sie nach meinem persönlichen Beitrag fragen: Ich habe als Arbeitsrechtler in den vergangenen Monaten Kollegen der CFM (Charité) vertreten. In dieser Woche habe ich vor dem Bundesarbeitsgericht Kollegen aus einem großen Berliner Metallunternehmen vertreten, die sich gegen Kürzungen im „Betrieblichen Bündnis für Arbeit“ wehren. Ich berate auch viele Betriebsräte aus der Gewerkschaftslinken und stehe in Kontakt mit der Trägervernetzung, also Berliner Betriebsräten aus der Suchthilfe und anderen sozialen Bereichen. Vielleicht sehen wir uns da mal. Nur so kann man meiner Meinung nach die prekären Arbeitsverhältnisse in diesem Sektor (und in vielen anderen) angehen.

Mit solidarischen Grüßen,
Damiano Valgolio

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