Frage an Damian Boeselager von Daniel L. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Was ist Ihre persönliche Position zum Deutschtest ("Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse" / TELC A1) im Rahmen des Ehegattennachzugs zu deutschen Staatsbürgern?
Bevor Sie diese Frage beantworten, möchte ich Ihnen in aller Kürze folgende Probleme aufzeigen:
Es kommt beim Deutschtest zur sogenannten "Inländerdiskriminierung" der deutschen Ehepartern, denn diese werden im Vergleich zu anderen EU-Bürgern benachteiligt.
Es gibt beim Deutschtest für sehr viele Personengruppen Ausnahmen (Asylberechtigte, anerkannte Flüchtlinge, Hochqualifizierte, Forscher, Firmengründer, Inhaber Blaue Karte EU, Daueraufenthaltsberechtigte anderer EU-Staaten, Staatsangehörigkeit von Australien, Israel, Japan, Kanada, Republik Korea, Neuseeland, Vereinigte Staaten von Amerika, Andorras, Honduras, Monacos oder San Marinos, Ehepartner von deutschen die im Sinne des EU-Rechts Ihre Freizügigkeitsrechte im EU-Ausland in Anspruch genommen haben).
Es bleibt nach all diesen Ausnahmen (nicht abschließend) eigentlich nur noch eine Personengruppe übrig: Ehepartner aus ("ärmeren") Drittstaaten von deutschen Staatsbürgern (die in Deutschland leben und arbeiten/noch nie im EU-Ausland gearbeitet haben)
Vor diesem Hintergrund halte ich es nicht mehr für tragbar am Sprachnachweis vor der Einreise nach Deutschland festzuhalten.
Visa zu Besuchszwecken und/oder dem Spracherwerb werden (wegen der vermeintlichen Gefahr der "Umgehung" des Sprachnachweises") nur sehr selten erteilt. Insbesondere werden Ehepartner gegenüber normalen Touristen beim Besuchsvisum hierdurch benachteiligt.
Auch die Härtefallregelung sowie die vom EuGH festgestellte maximale Nachzugsverögerung von 1 Jahr werden nur sehr selten bzw. nicht rechtskonform durch die deutschen Behörden angewendet. Gerichtsverfahren haben eine aussichtlos lange Laufzeit, denn die Verfahren müssen vor dem bereits vollkommen überlasteten Verwaltungsgericht Berlin geführt werden. Ein effektiver und zeitlich angemessener Rechtsschutz ist für die Betroffenen daher nicht mehr möglich.
Weiter wird für eine etwaige dauerhafte Aufenthaltsberechtigung (nachdem ein Ehegattennachzug mit A1-Sprachtest erfolgen konnte) ein bestandener B1-Sprachnachweis sowie eine erfolgreich abgeschlossene Integrationskursteilnahme verlangt. Können diese Nachweise nicht beigebracht werden, erfolgt eine Verlängerung des Aufenthaltstitels in vielen Fällen mit einer menschenunwürdigen Verlänerungsdauer von 6 Monaten - um größeren Druck auf die betroffenen auszuüben.
Insbesondere im Hinblick auf die zusätzlichen Voraussetzungen für eine dauerhafte Aufenthaltsberechtigung und die offensichtliche Inländerdiskriminierung halte ich den Nachweis von Kenntnissen der deutschen Sprache nach TELC A1 weder für noch zeitgemäß noch gerecht.
Danke, Herr L., für diese perfekt recherchierte Nachricht. Ich habe in den letzten Jahren bei der Neuverhandlung der BlueCard und des EU-Langzeitaufenthaltsstatus immer wieder mit den Sprachtests zu tun gehabt, und ich finde sie seltenst sinnvoll. In dem von Ihnen beschriebenen Fall scheinen sie willkürlich zu sein. In Europa brauchen wir dringend Einwanderung - und erfinden dennoch für Menschen mit Arbeit und ihre Familien solche schweren Hürden, die abschreckend wirken.
Wenn uns an der Sprache etwas liegt, sollten wir für diese Personengruppen gute Kurse in Deutschland anbieten.
LG
Damian Boeselager