Frage an Dagmar Ziegler von Steffen K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Ziegler,
der Deutsche Bundesttag stimmte am 28.06.2012 um 20.52 Uhr u.a. über das neue Meldegesetz ab. Augenscheinlich ist der Abgeordnetensaal quasi leer.
Es stimmten für die Gesetzentwürfe: mindestens 17
FDP-Fraktion: 4 Abgeordnete
CDU/CSU-Fraktion: mindestens 13 Abgeordnete
Es stimmten gegen die Gesetzentwürfe: 11
B90/Grünen-Fraktion: 3 Abgeordnete
SPD-Fraktion: 3 Abgeordnete
Linken-Fraktion: 4 Abgeordnete
(gezählt im Video: http://dbtg.tv/fvid/1771400 )
Nach §45 Abs. 1 ist der Bundestag beschlussunfähig, wenn weniger als 50% der Abgeordneten anwesend sind.
Nun meine Frage: Warum hat keine Fraktion,kein Abgeordneter und auch nicht der Sitzungsvorstand (Frau Pau) die Beschlussfähigkeit angezweifelt, so wie beim Erziehungsgeld? Ist es überhaupt zulässig in solchem Rahmen (weniger als 5% der Abgeordenten ist anwesend) Gesetze zu beschließen?
Sehr geehrter Herr Krei,
vielen Dank für Ihre Frage! Wie folgt möchte ich sie beantworten:
Wie Sie richtig schreiben, sind die Regelungen zur Beschlussfähigkeit in der Geschäftsordnung des Bundestages § 45 zu finden. In Absatz 2 ist hier ferner geregelt:
„Wird vor Beginn einer Abstimmung die Beschlußfähigkeit von einer Fraktion oder von anwesenden fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages bezweifelt und auch vom Sitzungsvorstand nicht einmütig bejaht oder wird die Beschlußfähigkeit vom Sitzungsvorstand im Einvernehmen mit den Fraktionen bezweifelt, so ist in Verbindung mit der Abstimmung die Beschlußfähigkeit durch Zählung der Stimmen nach § 51, im Laufe einer Kernzeit-Debatte im Verfahren nach § 52 festzustellen. Der Präsident kann die Abstimmung auf kurze Zeit aussetzen.“
Da die Beschlussfähigkeit nicht nach den o.g. Kriterien bei dem von Ihnen angesprochenen Tagesordnungspunkt bezweifelt wurde, sind die Beschlüsse auch rechtmäßig zustande gekommen.
Es gibt Tagesordnungspunkte, die ohne Debatte zur Abstimmung kommen. Welche Punkte dies betrifft, wird zuvor zwischen den FraktionsgeschäftsführerInnen vereinbart. Hier liegt das Problem: zum Meldegesetz wurde ohne vorherige Debatte im Plenum abgestimmt. Allerdings hat es in der Ausschussberatung heftige Auseinandersetzungen gegeben und die SPD-Fraktion hat wie im Plenum dagegen gestimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Dagmar Ziegler