Wäre mehr Transparenz in den Meinungsbildungsprozessen nicht im Sinne einer demokratischen Offenheit und könnte dies nicht zur Akzeptanz und Unterstützung der Gesetzgebung beitragen?
Sehr geehrte Frau Schmidt,
in Bezug auf Ihre Aussage, interne Fraktionsdiskussionen nicht zu kommentieren, möchte ich nachfragen: Wie können parteiinterne Diskussionen förderlich sein, wenn diese möglicherweise nur die Antworten hervorbringen, die man sich öffentlich nicht zu äußern traut? Das öffentliche Interesse, insbesondere bei wichtigen Themen wie dem CanG, ist enorm. Wäre mehr Transparenz in den Meinungsbildungsprozessen nicht im Sinne einer demokratischen Offenheit und könnte dies nicht zur Akzeptanz und Unterstützung der Gesetzgebung beitragen?
Mit freundlichen Grüßen,
Lukas S.
Sehr geehrter Herr S.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht und Frage zum Umgang mit Entscheidungsfindungsprozessen bei der Gesetzgebung. Der oft auch von anderen vorgebrachte Vorwurf fehlender Transparenz begegnet mir in meiner Tätigkeit öfter und ich möchte Ihnen erklären, weshalb ich mich in einer hier von mir veröffentlichten Antwort nicht dazu entschlossen habe, fraktionsinterne Abläufe zu kommentieren.
Insbesondere bei Gesetzesverhandlungen sind vertrauliche Gespräche und Verhandlungen essentiell. Diskretion und Vertrauen sind insbesondere dann wichtig, wenn große Gesetzentwürfe erarbeitet oder verabschiedet werden und Gefahr laufen, scheitern zu können. Es muss einen Raum geben, in der alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer frei ihre Ideen und Bedenken äußern dürfen, bis eine tragfähige Lösung erarbeitet ist und nicht fürchten müssen, einen Sturm der Entrüstung auszulösen. Das engt die Möglichkeiten, die dann zur Verfügung stehen, bereits von vornherein ein.
Wenn Sie schon einmal eine Debatte im Bundestag verfolgt haben, in der über das Für und Wider eines Gesetzentwurfes gestritten wurde, dann wissen Sie, wie viel politisch-programmatische Rhetorik dabei genutzt wird. Bei vertraulichen Verhandlungen können wir dagegen effizienter und ohne Ablenkung an der Lösung arbeiten und so Prozesse beschleunigen – ein Umstand, der vielen Bürgerinnen und Bürgern besonders wichtig ist.
Darüber hinaus sind nicht nur die Bundestagsdebatten öffentlich und jederzeit in der Mediathek des Deutschen Bundestages einsehbar, sondern auch die Ausschussanhörungen der Expertinnen und Experten, die zu wichtigen Gesetzesvorhaben befragt werden. Deren Empfehlungen können auch schriftlich dort abgerufen werden und sind die Grundlage für die weitere Ausgestaltung eines Gesetzes. Oft haben Bürgerinnen und Bürger sehr konkrete Anliegen und Wünsche, mit denen Sie an den Bundestag herantreten. Viele haben bereits die Möglichkeit einer Petition genutzt. Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages ist einer der wichtigsten Ausschüsse, sodass ihn sogar unser Grundgesetz zur Pflicht macht: https://www.bundestag.de/petitionen
Gesetzentwürfe selbst finden Sie in den verschiedenen Stadien auf den Seiten der Bundesregierung entweder in der Frühphase als Referentenentwurf oder später vor der Übersendung an den Deutschen Bundestag als Kabinettentwurf. Die Bundesregierung muss sich zudem den Fragen der Bundestagsabgeordneten bei der Befragung der Bundesregierung stellen.
Und auch die Abgeordneten haben in ihren Wahlkreis tagtäglich Prozesse und Vorhaben zu kommentieren, zu verteidigen oder informieren darüber über Social-Media-Kanäle und öffentliche Veranstaltungen. Meine Kolleginnen und Kollegen als auch ich beantworten zudem jeden Tag Bürgeranfragen, die uns telefonisch, per E-Mail oder brieflich zukommen.
Teilhabe und Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern bei wichtigen Entscheidungen finden Sie nicht nur in den Kommunen, sondern auch in den einzelnen Ländern und sogar im Bund. Welche Möglichkeiten Bürgerinnen und Bürger haben, finden Sie unter folgendem Link: https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/gesetzgebungsverfahren-beteiligung
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Dagmar Schmidt, MdB