Sehr geehrte Frau Schmidt, kann ich davon ausgehen, dass Sie dem Verbotsantrag gegen die AfD zustimmen werden?
Die AfD ist in einigen Bundesländern gesichert Rechstextrem, hat einen Landesvorsitzenden Faschisten und spätestens ihr Auftritt in Thüringen hat gezeigt, dass diese Partei die Demokratie von Innen zerstören will. Setzen Sie sich für die Demokrarie ein und leiten ein Verbotsverfahren ein?
Sehr geehrter Herr W.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht zum sogenannten AfD-Verbotsverfahren.
Grundsätzlich befürworte ich die Beobachtung und Einstufung der AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall – in einigen Bundesländern wurden die jeweiligen Landesverbände bereits als gesichert rechtsextrem eingestuft. Unsere Demokratie wurde von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes, als Lehre aus der Weimarer Republik, nicht ohne Grund als wehrhafte Demokratie geschaffen. Als stärkste Waffe gegen Verfassungsfeinde und ihre politischen Vereinigungen sieht das Grundgesetz ein Parteiverbotsverfahren vor. Und zu Recht ist dieses mit hohen Hürden verbunden, die zu nehmen sind, bevor eine Partei verboten wird. Denn immerhin muss gewährleistet sein, dass dieses Instrument nicht missbraucht wird.
Bereits seit einiger Zeit arbeiten mehrere Mitglieder des Deutschen Bundestages an einem Antrag, nach dem vom Bundesverfassungsgericht festgestellt werden soll, dass die AfD verfassungsfeindlich ist. Dennoch sehe ich die bisher vorliegenden Beweise als möglicherweise nicht ausreichend an, um ein Parteiverbot juristisch erfolgreich durchzusetzen.
Problematisch wird es auch durch die vorgezogenen Bundestagswahlen im Februar 2025. Je näher eine Bundestagswahl rückt, umso eher kann eine von einem Verbotsverfahren betroffene Partei Chancengleichheit einfordern. Sollte ein Verbotsverfahren wegen unzureichender Vorbereitung scheitern, könnte dies die AfD stärken, indem sie sich nicht nur als Opfer stilisiert und diese Rolle für ihre politische Inszenierung nutzt. Weiterhin würde die höchstrichterliche Feststellung, dass nicht ausreichend die Verfassungsfeindlichkeit begründet wurde, der Partei indirekt das Zeugnis der Verfassungstreue ausstellen und die Partei als solche legitimieren – ein massiver Schaden für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung.
Daher glaube ich, dass ein solches Verfahren strategisch klug und umfassend vorbereitet sein muss. Das bedeutet, belastbare und eindeutige Beweise für die Verfassungsfeindlichkeit der AfD zu sammeln und sicherzustellen, dass das Verfahren von einer breiten politischen Mehrheit getragen wird. Einige Teilerfolge konnten bereits in den Bundesländern erzielt werden und insbesondere deren Ermittlungsergebnisse müssen mit in das Verfahren einfließen. Ein gemeinsames Vorgehen von Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat wäre in diesem Zusammenhang essenziell, um ein starkes Signal zu setzen und die Demokratie nachhaltig zu stärken.
Vor wenigen Wochen hat eine Gruppe von mehr als einhundert Abgeordneten des Deutschen Bundestages den entsprechenden Antrag eingebracht. Wichtig ist dabei weniger, wie viele Abgeordnete den Antrag unterzeichnet und mitgetragen haben, sondern, ob die Argumente, die darin aufgeführt sind, die restlichen Mitglieder überzeugen und die Landesverfassungsschutzämter ihre Ermittlungsergebnisse und Einstufungen teilen und so zum Erfolg des Antrags beitragen können.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Dagmar Schmidt, MdB