Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Dagmar Schmidt
SPD
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Frage von Uwe O. •

Mit welcher Rechtfertigung werden von der bevorstehenden Erwerbsminderungsrente, wenn man zwar seine 45 Jahre Berufsleben voll, aber ein gewisses Alter noch nicht erreicht hat, 10,8 % abgezogen?

Hallo Frau Schmidt,
wir haben uns vor einigen Jahren beim Beachvolleyball-Turnier in Siegbach kennengelernt.
Ich habe im letzten Jahr die Erwerbsminderungsrente beantragt, da ich psychisch, wie auch körperlich behindert bin.
Mit welcher Rechtfertigung werden von der bevorstehenden Erwerbsminderungsrente, wenn man zwar seine 45 Jahre Berufsleben voll, aber ein gewisses Alter(ich bin 61 J.) noch nicht erreicht hat, 10,8 % abgezogen?
Mir geht es wie vielen Menschen in unserem Land, welche nach einem harten Arbeitsleben einfach nicht mehr können und froh sind, dass man seinen Alltag einigermaßen bewältigen kann.
Ich finde, es ist eine Ungerechtigkeit, dass wir für ungewollte Behinderungen auch noch bestraft werden sollen und würde mir wünschen, dass unsere neue Regierung hier etwas unternimmt, dass diese Abzüge wieder abgeschafft werden!
So etwas würde ich soziale Gerechtigkeit nennen, denn wir Alten haben viele Jahre in das Sozialsystem eingezahlt.

Mit freundlichen Grüßen
Uwe O.

Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr O.,

vielen Dank für Ihre E-Mail. Ich kann Ihre persönliche Frustration über die Abschlagregelung bei der Erwerbsminderungsrente gut nachvollziehen. Wie Sie richtig beschrieben haben, wird bei der Erwerbsminderungsrente wie bei der Altersrente die vorzeitige Inanspruchnahme der Rente mit Abschlägen versehen. Die Abschläge haben sowohl bei der Erwerbsminderungs- als auch bei der Altersrente die Funktion, die Zeit des längeren Rentenbezugs auszugleichen. Pro Monat, in dem die Rente vorzeitig in Anspruch genommen wird, gibt es einen Abschlag von 0,3 Prozent. Maximal werden bei einer Erwerbsminderungsrente 10,8 Prozent abgezogen (bei einer Altersrente können es sogar mehr als 14 Prozent sein). Das bedeutet, dass die Menschen, die ihre Rente drei Jahre vorher oder noch früher in Anspruch nehmen, den maximalen Abschlag erhalten. Da Sie nah an der Grenze von drei Jahren sind, ist ihr Ärger daher gut nachvollziehbar. Hintergrund der Abschläge war seinerzeit die angespannte Finanzlage der Rentenversicherung.

Seit langer Zeit ist es unser Ziel, die Zahlbeträge bei den Erwerbsminderungsrenten zu verbessern. Seit Einführung der Abschläge wurde deshalb auch deren Abschaffung immer wieder diskutiert. Wir haben uns aber für einen anderen, zielgerichteteren Weg entschieden und stattdessen die sogenannten „Zurechnungszeiten“ mehrmals verlängert. Durch die Zurechnungszeit werden EM-Renten so berechnet, als ob die Versicherten nach Eintritt der Erwerbsminderung weitergearbeitet und im Durchschnitt wie bisher verdient hätten. In den letzten beiden Legislaturperioden ist es uns gelungen, die Zurechnungszeit mehrmals zu verlängern, so dass sie jetzt parallel zur Regelaltersgrenze läuft. Das heißt, dass die EM-Rente so berechnet wird als ob die Versicherten mit ihrem bisherigen Durchschnittsverdienst bis zur Regelaltersgrenze gearbeitet hätten. Die Wirkung der Abschläge ist damit kompensiert.

Sie sprechen in Ihrer Email auch die abschlagfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren an. Für diesen Rentenzugang gibt es ein sich jedes Jahr um zwei Monate erhöhendes Zugangsalter. Konnten Beschäftigte bei der Einführung der „Rente nach 45 Versicherungsjahren“ bereits mit 63 Jahren abschlagfrei in den Ruhestand gehen, gilt in diesem Jahr eine Altersgrenze von genau 64 Jahren. Bei einer Erwerbsminderungsrente spielt die Anzahl der zuvor eingezahlten Jahre hinsichtlich der Abschläge aber keine Rolle, da bei der Berechnung der EM-Renten durch die Zurechnungszeit immer unterstellt wird, als hätte der Rentner oder die Rentnerin bis zur Regelaltersgrenze gearbeitet.

Eine Erwerbsminderungsrente darf nicht zu Armut führen. Deswegen haben wir die Zurechnungszeiten mehrmals verlängert und die Zahlbeträge damit deutlich erhöht. Im Koalitionsvertrag wurde auf Druck der SPD zudem vereinbart, dass wir für die Rentnerinnen und -Rentner, die noch nicht von den Verlängerungen der Zurechnungszeit profitiert haben, Verbesserungen umsetzen werden. Unser Ziel ist es aber, dass die Menschen im besten Fall erst gar nicht auf die Erwerbsminderungsrente angewiesen sind und gesund den Ruhestand erreichen. Deswegen wollen wir das Prinzip "Prävention vor Reha, Reha vor Rente" stärken und zahlreiche Präventionsangebote wie z.B. den Ü45-Gesundheits-Check neu aufsetzen bzw. schon bestehende Angebote ausbauen.

Ich wünsche Ihnen gesundheitlich alles Gute für die Zukunft.

Mit freundlichen Grüßen 

Dagmar Schmidt, MdB

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