Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Dagmar Schmidt
SPD
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Frage von Georg D. •

Frage an Dagmar Schmidt von Georg D. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Schmidt,
an Ihrem Abstimmungsverhalten kann man ja nicht Ihre Einstellungen ablesen. Es ist in fast allen Betreffs dem Fraktionszwang geschuldet. Ihre Einstellungen tragen aber zur Meinungsbildung innerhalb Ihrer Partei bei. Deshalb bin ich an Ihren Ansichten interessiert.
Die hätte ich gern zu folgenden Themen gewusst:
1. TTIP & CETA
2. Gentec & EU
3. Diäten (letzte Erhöhung)
4. Tarifeinheitsgesetz
5. Maut in der BRD

Natürlich weiß ich, dass einige der Themen nicht aktuell sind und längst entschieden sind. Aber, es geht ja um Ihre Haltungen dazu.

Mit freundlichen Grüßen
Georg Delius

Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Delius,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 17.6. Gerne nehme ich zu den von Ihnen einzelnen Punkten Stellung.

TTIP/CETA
Die Globalisierung braucht Regeln, damit sie nicht zu einem Wettlauf der Standards nach unten führt. Grundsätzlich können Freihandelsabkommen dazu beitragen, Wettbewerbsbedingungen auf hohem Niveau zu schaffen und einen fairen und nachhaltigen Welthandel voranzutreiben. Damit TTIP und CETA zu fairen Handelsabkommen werden, muss sich aber noch einiges ändern. Das betrifft insbesondere den bereits vorliegenden Entwurf für das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada. Die Parlamentarische Linke in der SPD-Bundestagsfraktion fordert Änderungen in folgenden Bereichen:

Investitionsschutz
Mit Investitionen sind nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten verbunden. Die Gewinnerwartungen von Unternehmen zu schützen, darf nicht dazu führen, dass nationale Gesetze ausgehebelt werden. Finanzmarktgeschäfte sind keine regulären Investitionen – das muss im Abkommen klargestellt werden.

Streitbeilegungsverfahren
Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS) lehnen wir ab. Der Investitionsschutz in CETA muss von öffentlichen Gerichten ausgelegt werden, die dem Gemeinwohl verpflichtet sind. Das öffentliche Rechtssprechungsmonopol muss gewahrt werden.

Regulatorische Zusammenarbeit
Die geplante regulatorische Zusammenarbeit darf demokratische Gesetzgebungsprozesse nicht behindern. Ihr Ziel muss die Sicherung der jeweils höchsten Standards sein. Regulierungsrückschritte darf es nicht geben.
Sozialstandards und Vorsorgeprinzip
Das Abkommen muss die Einhaltung und Umsetzung von Sozial- und Nachhaltigkeitsstandards verbindlich festschreiben. Das gilt insbesondere für die ILO-Kernarbeitsnormen, um einseitige Wettbewerbsvorteile zulasten guter Arbeitsbedingungen zu verhindern. Außerdem müssen sich europäische Verbraucher auf die Prüfung von Produkten verlassen können, bevor sie zum Verkauf zugelassen werden (Vorsorgeprinzip).

Dienstleistungssektor
Nur Dienstleistungen, die dafür ausdrücklich vorgesehen sind, dürfen liberalisiert werden (Positivlistenansatz). So kann auch in Zukunft entschieden werden, bestimmte Bereiche nicht zu liberalisieren. Den im Entwurf vorgesehenen Negativlistenansatz lehnen wir ab. Auf keinen Fall darf das Abkommen die Re-Kommunalisierung von Bereichen öffentlicher Daseinsvorsorge verhindern.
Die Bedenken, die in der Bevölkerung zum Thema Freihandel bestehen, müssen ernst genommen und bei den Verhandlungen berücksichtigt werden. Die nationalen Parlamente müssen zwingend über den fertigen CETA-Vertragstext abstimmen. Das vorliegende Positionspapier sowie der SPD-Konventsbeschluss bilden dabei für uns die Entscheidungsgrundlage.

Im Übrigen verweise ich auf den SPD-Parteikonvent-Beschluss vom 20. September 2014:
SIEHE ANHANG

Tarifeinheit
Tarifautonomie und eine gute Sozialpartnerschaft sind Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft und tragen wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands bei. Über Jahrzehnte hinweg galt in der Bundesrepublik Deutschland der Grundsatz: „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“. Dieses Prinzip hat den Ausgleich der Interessen von Arbeitgebern und Beschäftigten ermöglicht und war Grundlage für anhaltenden sozialen Frieden und hat nicht die Existenz von kleinen Gewerkschaften gefährdet.
Konflikte von konkurrierenden Gewerkschaften (Tarifkollisionen) schwächen jedoch das solidarische Miteinander in Betrieben und leisten einer Zersplitterung der Arbeitnehmervertretung Vorschub.

Aus meiner Sicht sind die Vor- und Nachteile einer gesetzlichen Regelung zur Tarifeinheit ausführlich diskutiert worden. Es geht mir in dem Gesetz nicht um eine Behinderung gewerkschaftlicher Arbeit, ganz im Gegenteil. Was wir mit der gesetzlichen Regelung der Tarifeinheit erreichen wollen ist vielmehr klare Zuständigkeiten zu schaffen. Es geht darum, dass gleiche Arbeit im Betrieb gleich bezahlt wird und unter gleichen Bedingungen geleistet wird. Es geht um die Solidarität der Beschäftigten untereinander.

Maut
Wir, als SPD- Abgeordneten hatten klare Bedingungen für die Verabschiedung des CSU-Projekts gestellt. Im parlamentarischen Verfahren konnten wir wichtige Verbesserungen erreichen. Die Pkw-Maut bekommt eine Chance und die Koalitionsfraktionen ein verkehrspolitisches Gesamtpaket zur künftigen Finanzierung von Fernstraßen.
Umfangreiche Änderungen waren für SPD-Fraktion Bedingung. Nach den Expertenanhörungen im Bundestag hatte die SPD-Fraktion beschlossen, der Pkw-Maut nur mit grundlegenden Änderungen zuzustimmen. Von ihren sechs aufgestellten Bedingungen konnten fünf mit der Unionsfraktion durchgesetzt werden:
1. Gestaffelte Vignetten-Preise für im Ausland zugelassene Kfz: Damit die Pkw-Maut wie im Koalitionsvertrag vereinbart EU-rechtskonform sein kann, wurden auf Drängen der SPD-Fraktion die Maut-Sätze für im Ausland zugelassene Kraftfahrzeuge angepasst. Damit europäische Nachbarn bei den Zeitvignetten nicht diskriminiert werden, wird es jetzt auch bei den Zeitvignetten Staffelungen nach Ökoklassen geben. Das ist eine wichtige Forderung aus der EU-Kommission.
2. Starker Datenschutz: Die SPD-Fraktion hat einen besseren Datenschutz gefordert. Jetzt werden die Speicherfristen für die persönlichen Daten von drei Jahren auf ein Jahr reduziert. Zudem dürfen die bei der Mauterhebung anfallenden Daten ausschließlich für die Verkehrslenkung und Verkehrsforschung, nur vollständig anonymisiert und in enger Abstimmung mit den Datenschutzbeauftragten genutzt werden.
3. Evaluation der Pkw-Maut: Die SPD-Fraktion hat gefordert, dass es eine automatische Überprüfung der Pkw-Maut zwei Jahre nach der Einführung im Bundestag geben muss. Im Gesetz ist das nun verbindlich verankert: Zwei Jahre nach dem technischen Start der Pkw-Maut wird das Gesetz einem umfassenden Einnahmen- und Bürokratiecheck unterzogen.
4. Klares Prioritätenkonzept für die Infrastruktur-Investitionen: Die SPD-Fraktion forderte ein detailliertes Prioritätenkonzept, welchen Verkehrsinfrastrukturprojekten die Steuer- und Mauteinnahmen zugutekommen sollen. Im Antrag ist nun verankert: Vorrang haben der Erhalt und die Instandhaltung bestehender Verkehrswege und der Ausbau der großen, überlasteten Verkehrsachsen – ohne dabei die Anbindung in der Fläche zu vernachlässigen. Mittel werden künftig dort investiert, wo sie für die Pendlerinnen und Pendler den höchsten Nutzen haben. Konkret werden 65 Prozent der Investitionsmittel des Bundes in den Erhalt von Straßen, Schienen und Wasserwegen fließen. Mittel für neue Verbindungen werden zu 80 Prozent in Projekte überregionaler Bedeutung investiert werden.
5. Ausdehnung der Lkw-Maut: Um die Finanzierung der Infrastruktur langfristig zu sichern, wollten die SPD-Abgeordneten ein klares Bekenntnis zur Lkw-Maut. Mit einem Entschließungsantrag gemeinsam mit der Unionsfraktion haben die SPD-Bundestagsabgeordneten festgehalten, dass der Bundestag die Ausdehnung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen vorantreiben soll. Diesen Weg für Mehreinnahmen hatten die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten schon in den Koalitionsverhandlungen favorisiert. Nun soll das Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf bis Juli 2016 beschließen.
Aktuell prüft der Europäische Gerichtshof, ob der von Alexander Dobrindt vorgelegte Gesetzentwurf Europarechtskonform ist. Solange das nicht bestätigt ist, wird die Maut nicht eingeführt.
Ich persönlich bin gegen die Einführung dieser Maut, auch wenn der jetzige Stand der großen Koalition geschuldet ist. Denn es bleibt ein nicht geklärtes Problem, dass bei einer benutzerdefinierten Variante besonders langfristig Geringverdiener besonders betroffen sind.
Diäten
Demokratie braucht finanziell unabhängige Abgeordnete. Zudem ist es mit dem freien Mandat und dem Auftrag, Vertreterin und Vertreter des ganzen Volkes zu sein, unvereinbar, wenn finanziell abhängige Abgeordnete im Parlament entscheiden oder wenn sie Entscheidungen aufgrund illegitimer Vorteile treffen oder unterlassen.

Die Höhe der Abgeordnetenentschädigung ist an der Besoldung von Richtern an obersten Bundesgerichten zu orientiert. Die Tätigkeit eines Abgeordneten als Mitglied eines obersten Verfassungsorgans ist am ehesten mit einem Richter an einem obersten Gerichtshof des Bundes vergleichbar. Beide nehmen ihre Tätigkeit unabhängig wahr. Mit dieser Orientierungsgröße erhalten Abgeordnete eine Entschädigung wie Landräte und Bürgermeister mittelgroßer Städte. Dies entspricht der Größe eines Wahlkreises, der etwa 250.000 Einwohner umfasst.
Grundsätzlich bin ich schon zu Juso-Zeiten für eine anständige Bezahlung von Abgeordneten gewesen. Daher bin ich auch bei der Frage von Nebeneinkünften eindeutig. Es ist darüber zu reden das Bundestagsabgeordnete, die ja vernünftig bezahlt werden, bei den Nebeneinkünften nicht uferlos dazu verdienen sollten.

Mit freundlichen Grüßen

Dagmar Schmidt

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