Frage an Dagmar Roth-Behrendt von Martin G. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Roth-Behrendt,
soweit ich informiert bin, ist Deutschland, neben Österreich das einzige Land innerhalb der EU, in dem die Nacht-Sonn- und Feiertagzuschläge noch teilweise mit Steuermitteln subventioniert werden.
Diese Regelung geht noch auf das Jahr 1944 zurück, als damit von der damaligen NS-Regierung die Kriegswaffenproduktion forciert werden sollte.
http://de.wikipedia.org/wiki/Zuschlag_f%C3%BCr_Sonntags-,_Feiertags-_und_Nachtarbeit
Ich halte sie nicht mehr zeitgemäß, zumal sie seinerzeit von einem Unrechtssystem etabliert wurde.
Außerdem wirkt sie m. E. auch wettbewerbsverzerrend innerhalb des EU-Raums, da die Produktionskosten quasi teilweise auf den Steuerzahler abgewälzt werden.
Wenn von den Unternehmen schon der Einsatz von Arbeitnehmern gefordert wird, dann müssten die erwähnten Zuschlage voll von ihm bzw. den Kunden übernommen werden, so wie es in den anderen Staaten auch Usus ist.
Sind von Ihrer Partei schon einmal Vorstöße in dieser Richtung im EU-Parlament unternommen worden bzw. existiert überhaupt ein Handlungsbedarf im Fiskalbereich dazu?
Mit freundlichen Grüßen
Martin Gerlitz
Sehr geehrter Herr Gerlitz,
vielen Dank für Ihre Anfrage, mit der Sie auf einen interessanten Aspekt hingewiesen haben, der mir so bisher nicht bewusst war.
Allerdings erscheint mir der von Ihnen genannte Begriff "Subvention" etwas irreführend. In erster Linie profitieren von der Steuerbegünstigung auf die von Ihnen genannten Zuschläge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dies wiederum halte ich durchaus für sinnvoll, dass diese für die besonderen und anstrengenden Arbeitszeiten nicht nur zusätzlich mit dem Zuschlag vom Arbeitgeber entlohnt werden, sondern der Staat darüber hinaus auch eine Steuervergünstigung einräumt.
In Wirklichkeit ist es doch ein Anreiz und eine Art Belohnung, mit der die "Attraktivität" der Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit erhöht werden soll, in dem der Staat für diesen Teil des Lohns/Gehalts einen niedrigeren Steuersatz verlangt.
Im Ergebnis würde eine Abschaffung der Steuervergünstigung allerdings Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer härter treffen als die Unternehmen, weshalb ich eine Beibehaltung der aktuellen Regelung für sinnvoll erachte.
Völlig unabhängig von meiner persönlichen Einschätzung dieser Frage liegt der von Ihnen angesprochene Aspekt nicht in der Kompetenz der Europäischen Union und damit auch nicht im Arbeitsbereich des Europäischen Parlaments. Wie Sie ja sicher wissen, besitzt die Europäische Union in Fragen der Steuerpolitik leider immer noch sehr eingeschränkte Kompetenzen. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten möchten dieses Kernfeld der Politik nicht der Europäischen Union übertragen, obwohl einheitliche - oder wenigstens ähnliche - Regelungen in vielen Steuerfragen (z. B. bei der Gewerbesteuer) sinnvoll wären und den Wettbewerb in der EU fairer gestalten könnten.
Mit freundlichen Grüßen
Dagmar Roth-Behrendt