Frage an Dagmar Enkelmann von Henry P. bezüglich Soziale Sicherung
Liebe Genossin Dagmar Enkelmann,
Deine Ausführungen zu Hartz IV sind mir zu unpräzise und schwammig. Bitte erkläre hier doch einmal ob Du das "Ernst Papier" das weiterhin Arbeitszwang, wenn auch mit verbesserten Zumutbarkeitsregeln, sowie Saktionsmöglichkeiten bis hin zu 0 zulässt unterstützt, oder ob Du Dich Kaja Kipping und Ihrer Idee des BEDINGUNGSLOSEN Grundeinkommens anschließt.
Leider scheinen sich hier gewerkschaftliche Positionen durchzusetzen die Erwerbsarbeit als goldenes Kalb ansehen um das alle zu tanzen haben. Das ist an der Basis nur sehr schlecht zu vermitteln weil viele Mitglieder gerade an dieser Stelle vor einem Scheideweg stehen.
Ich bin der Meinung man sollte nicht auf Sirenengesänge aus SPD Kreisen hören und sich lieber die Ohren zuhalten bevor man seine Ideale verrät.
Dazu liebe Dagmar hätte ich gerne eine eindeutige Aussage von Dir.
mit solidarischem Gruß, Henry
Sehr geehrter Herr Paul,
weder betrachten die gewerkschaftlich orientierten Mitglieder der Fraktion DIE LINKE die Erwerbsarbeit als "goldenes Kalb", noch habe ich aus meinen politischen Erfahrungen heraus das Gefühl, dass die "Basis" hier an einem Scheideweg steht. Ich finde: Gerade diese Art und Weise der Debatte, die das soziale Engagement der LINKEN auf die Frage "Für oder Gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen?" reduziert, schadet dem Profil der LINKEN und letztlich auch dem Anliegen der Befürworter eines Grundeinkommens selbst.
Dass jedem Menschen ein bedingungsloses Grundeinkommen zusteht - diese Idee halte ich für visionär und in einer längeren Perspektive auch für realisierungswürdig. Zugleich weiß ich, dass es gegenwärtig wie in absehbarer Zeit dafür keine politisch-parlamentarischen Mehrheiten gibt. Soll DIE LINKE hier sich vor die Bürgerinnen und Bürger, die durch Hartz IV in Armut und Perspektivlosigkeit gezwungen werden, hinstellen und erklären: "Ja - wir kennen Eure Nöte, aber leider können wir im Moment praktisch nichts tun, weil das bedingungslose Grundeinkommen nicht realisierbar ist?"
Solidarität mit den Benachteiligten dieser Gesellschaft, wie ich sie verstehe, besteht auch darin, um kleinste Verbesserungen zu kämpfen, sich dafür in den sozialen Bewegungen, in Verbänden und anderen Parteien Verbündete zu suchen. Hartz IV muss weg - mit dieser konsequenten Haltung hat sich DIE LINKE einen Namen gemacht. Davon rückt sie nicht ab, und auch im Papier von Klaus Ernst kann ich das nicht erkennen.
Mit der derzeit vorgeschlagenen bedarfsorientierten Mindestsicherung der Fraktion DIE LINKE ist eine realistische, umsetzbare Alternative geschaffen worden. Wesentliche Forderungen der LINKEN, die sich gegen Hartz IV richten und zu mehr sozialer Gerechtigkeit in diesem Land beitragen, sind aktuell in einem Entschließungsantrag (Drs. 16/11367) der Fraktion DIE LINKE zum 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung enthalten. Das ist die Beschlusslage der Fraktion, die ich unterstütze.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dagmar Enkelmann