Frage an Dagmar Enkelmann von Ralf-Joachim B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Dr. Enkelmann,
Ich unterstütze die Forderung der Partei DIE LINKE nach einem gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn von 10,50 €. Können Sie bitte ausführen, wie im Detail dies finanziert werden soll. Ich könnte mir vorstellen, dass eine Darstellung , wie diese Maßnahme finanziert werden soll, zu mehr Klarheit auch bei den betroffenen kleinen und mittleren Unternehmen führen würde. Damit durch die Einführung des Mindestlohnes kein Arbeitsplatzabbau und/ oder Verlagerung der Kosten auf die Verbraucher(z.B. Friseurhandwerk, Gastronomie, Handwerk) erfolgt, sollte aus meiner Sicht, die Einführung durch steuerpolitische Maßnahmen, wie Reduzierung der Gewerbesteuer gestützt werden. Da bei höheren Löhnen ja auch mehr Einkommenssteuer fällig wird, der Konsum gefördert wird und damit die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer steigen, würde der "Verlust" im Steueraufkommen sicherlich ausgeglichen werden. Geregelt werden müsste eine entsprechende Umverteilung zwischen Bund und Kommunen.
Welche Maßnahmen hat die Partei DIE LINKE vorgesehen.
In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich
Mit freundlichen Grüßen
Ralf-Joachim Benecke
Sehr geehrter Herr Benecke,
ich freue mich, dass Sie unsere Forderung nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro unterstützen. An die Umsetzung dieser Forderung geht DIE LINKE selbstverständlich nicht blauäugig heran. Aus meinen Kontakten zu Unternehmen in der Region weiß ich sehr gut, dass nicht jeder Betrieb einen Mindestlohn von 10 Euro von heute auf morgen einfach verkraften oder die höheren Kosten an Kunden oder Auftraggeber weiterreichen kann.
Zur Unterstützung insbesondere von Kleinunternehmen schlagen wir deshalb vor, dass für einen Übergangszeitraum im Einzelfall wirtschaftliche Hilfen gegeben werden, z.B. befristete steuerliche Entlastungen. Über deren Höhe und Dauer soll ein Mindestlohnrat entscheiden, in dem Gewerkschaften, Arbeitgeber und die Wissenschaft vertreten sind. Zu prüfen wären dabei sowohl
die wirtschaftliche Lage des einzelnen Unternehmens als auch Branchensituation und regionale Bedingungen.
Zudem ist es sinnvoll, dass es einen zeitlichen Vorlauf bei der Einführung des Mindestlohns gibt, damit sich die Unternehmen darauf einstellen können. Ebenfalls halten wir eine professionelle Beratung für notwendig, bei der es z.B. um die Verbesserung der Arbeitsorganisation, der Produkte, des Kundenkontaktes oder anderweitige Anpassungen geht.
Die von Ihnen vorgeschlagene Reduzierung der Gewerbesteuer würde, sofern sie allgemein wäre, auch den Betrieben zugute kommen, die schon heute problemlos den Mindestlohn zahlen könnten oder sogar schon höhere Löhne haben. Ein rechtliche Regelung, die Senkung der Gewerbesteuer auf die Unternehmen zu beschränken, die den gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn einführen, scheint mir wettbewerbsrechtlich problematisch. Aus diesen Gründen halte ich die Einzelfallprüfung für den gangbareren Weg.
Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt, weshalb wir für eine Einzelfallprüfung sind: Eine Reihe von Unternehmen kalkuliert heute schon automatisch die vom Jobcenter gezahlte „Aufstockung“ bei den angebotenen (Dumping)-Löhnen mit ein und macht es für eine Einstellung geradezu zur Bedingung, dass der Beschäftigte sich das zum Leben Notwendige dann vom Staat holt. Das kostet die Sozialkassen jedes Jahr mehrere Milliarden Euro. Ich denke, wir sollten solche unsozialen Geschäftsmodelle nicht länger mit Geldern der Steuerzahler oder auf andere Weise fördern.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dagmar Enkelmann