Frage an Dagmar Enkelmann von Thomas L. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Dr. Enkelmann,
zuvor ersteinmal Danke, das Sie die Fragen immer schnell und promt beantworten. Meine Frage bezieht sich in erster Linie auf eine Sache, die Sie persönlich nicht berifft, aber sicherlich aus Ihrer Bundestagsarbeit eine Bewertung finden kann.
Das Friedrich Löffler Institut auf der Insel Riems (FLI) führt für mich unverständlicher Weise Tierversuche durch. Hier werden 10-12 Wochen alte Hunde und Katzen aus Laboratorien BRd und Irland bezogen und der Vogelgrippe ausgesetzt. Ziel der "Forschung" soll sein, ob Vogelgrippe auf Hunde von Katzen übertragen werden können. Da die Bundesregierung diese Studie unterstütz wären folgende Fragen für mich wichtig:
Welchen Nutzen sehen Sie für die Bevölkerung? Müssen solche Versuche sein, deren Nutzen nicht eindeutig dargelegt ist? Sind Sie auch für eine solche Forschung?.vielen Dank.
Referenzquelle:www.datenbank-tierversuche.de
Zeitschrift Emerging Infectious Disseases 2008,14 (2) 308-310
Sehr geehrter Herr List,
da Ihre Frage, wie Sie zu Recht bemerken, mit meiner persönlichen politischen Arbeit nicht direkt zu tun hat, war deren Beantwortung nicht so einfach.
Natürlich bin ich der Auffassung, dass es darum geht, möglichst wenige Tierversuche mit lebenden Tieren durchzuführen.
Bei den von Ihnen angesprochenen Vogelgrippe-Versuchen muss meines Erachtens berücksichtigt werden, dass die Vogelgrippe im Moment zwar unter Kontrolle zu sein scheint, sie aber durchaus das Potenzial für erhebliche volkswirtschaftliche und gesundheitliche Risiken besitzt - auch hier in Mitteleuropa. Diese Gefahr sollte nicht unterschätzt werden, nur weil augenscheinlich gerade nichts passiert.
Auch die Maul-und-Klauen-Seuche-(MKS)-Epidemie in Großbritannien entstand scheinbar aus dem Nichts heraus und hat ein ganzes Land an den Rand des Abgrundes gebracht. Und verglichen mit der Vogelgrippe ist die MKS ein räumlich und zeitlich deutlich begrenztes Problem. Es ist also wichtig, das Risiko eines Vogelgrippe-Ausbruchs sehr genau zu kennen.
Bei der Vermeidung dieser Risiken sind alle diejenigen Faktoren von Bedeutung, die zur Übertragung und Weiterverbreitung des Virus eine Rolle spielen. Das gilt sowohl für die Verringerung der Einschleppungsgefahr als auch für die Begrenzung des Tierseuchengeschehens im Falle eines Ausbruchs. Dieses Wissen über die Übertragungswege ist auch wichtig bei der Bewertung, welche Maßnahmen im Seuchenfall tatsächlich notwendig, sinnvoll und angemessen sind.
Bei den Vogelgrippe-Untersuchungen auf der Insel Riems stand die Frage, ob Katzen und Hunde als Überträger des Virus in Frage kommen, im Zentrum der Aufmerksamkeit. Denn wer unter Umständen seine Katze oder seinen Hund behördlich verordnet nicht mehr aus dem Haus oder der Wohnung lassen darf, will wenigstens die Überzeugung haben, dass das eine sinnvolle Maßnahme ist. Und wer Geflügel zu Hause hält, will wenigstens wissen, dass der Hund oder die Katze des Nachbarn nicht daran schuld sind, dass möglicherweise der gesamte Bestand getötet werden muss. Insofern ist das auch aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger eine durchaus relevante Fragestellung, die geklärt werden muss. Zudem gibt auch es wissenschaftliche Fragestellungen, wo alternative Methoden zu Tierversuchen nicht verfügbar sind. Ob das wirklich den Tatsachen entspricht, muss zuvor fraglos gründlich geprüft werden (Tierschutzkommission).
Derartige Versuche, wie Sie sie erwähnen, unterliegen den strengen gesetzlichen Regelungen des Tierschutzes. Eine kritische Öffentlichkeit ist aus meiner Sicht dennoch sehr wichtig. Diese erzeugt den notwendigen Druck, Tierversuche - wo immer das möglich ist - zu vermeiden und das Signal zu senden, dass sie nur in einem sehr engen Rahmen akzeptiert werden, der immer kleiner gefasst werden muss.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dagmar Enkelmann