Frage an Dagmar Enkelmann von Hr. G. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Fr. Dr. Enkelmann,
wie wollen Sie resp. Ihre Partei im Bundestag künftig sicherstellen, dass Landes- und Kommunalfürsten über Ihre Haushalte die nach Brandenburg fließenden Gelder aus dem sog. Solidarpakt II endlich zu 100 % in die dringend notwendige Erneuerung der Landes- und Kommunal-Infrastrukturen investieren - anstatt die Gelder im ohnehin niemals aufhörenden Schuldendienst ("ein Faß ohne Boden"...) zur Bilanzverschönerung regelrecht "versanden" zu lassen.
2019 läuft der Pakt ja wohl aus - dann sind immer noch Schulden da (schlimm genug), aber - weit schlimmer - immer noch keine ausreichende bzw. angemessene Infrastruktur.
Das Aufstellen von Verkehrsschildern wie "Achtung Gehweg- bzw. Straßenschäden" kann kaum eine Lösung sein. Es scheint aber eine weit verbreitete Meinung bei den Behörden zu sein, dass dies erstmal der einzige gangbare Weg ist.
Ich sehe ein, wenn die Gelder zu 100% investiert werden, dass selbst dann nicht alles auf einmal gemacht werden kann (es müssen dann Prioritäten gesetzt werden), aber solange man weit von den 100% entfernt ist, habe ich für solche "Gegenmaßnahmen" kein Verständnis.
Danke für Ihre Antwort!
MfG
Groth
Sehr geehrter Herr Groth,
Ich teile Ihre Auffassung, dass die Mittel aus dem Solidarpakt II für die Erneuerung des Infrastrukturbereiches in den neuen Ländern einzusetzen sind. Genauer gesagt sind die Mittel zum einen vorgesehen für die Finanzierung des infrastrukturellen Nachholebedarfes und zum anderen für den Ausgleich der unterproportionalen Finanzkraft der Kommunen im Osten Deutschlands. Sie sind also nicht vorgesehen für die Bedienung des Schuldendienstes. Einzige Ausnahme ist hier die Problematik der Ablösung von so genannten Altschulden aus der DDR-Wirtschaft, z.B. für Wohnungsgesellschaften. Solange hier keine grundsätzliche andere Regelung auf Bundesebene politisch gefunden wird (die Linkspartei.PDS hatte hier die vollständige Entschuldung dieser Betriebe und Einrichtungen gefordert), ist hier natürlich bis auf weiteres eine Verwendung eines Teiles der Mittel aus dem Solidarpakt akzeptabel. Da dies aber sicher nicht die Hauptintension Ihrer Frage ist, sei das hier nur als Ausnahme angemerkt. Ansonsten sind die Solidarpaktmittel, also der übergroße Anteil, für Investitionen einzusetzen. Das ist sicher unstrittig. Beantwortet werden müssen dabei folgende Fragen: Was ist unter dem Begriff Investitionen zu fassen? Wer entscheidet über die sinnvolle Verwendung des Geldes? Was passiert nach 2019?
Die Linkspartei.PDS schlägt ein Zukunftsinvestitionsprogramm vor für Investitionen, die die öffentliche Daseinsvorsorge gewährleisten und einen sozial-ökologischen Umbau voranbringen. Es muss in hochwertige Bildung und Erziehungseinrichtungen, in Wissenschaft und Forschung für zukunftsfähige Technologien und Produkte, die Arbeitsplätze schaffen, investiert werden. Auf der Grundlage regionaler Leitbildplanungen sollen Investitionen in Verkehrsanbindungen, Erreichbarkeit von Schulstandorten, ärztliche Versorgung und andere Fragen der sozialen und kulturellen Infrastruktur erfolgen. Insofern steht eine Reform der zulässigen Verwendungszwecke der Solidarpakt II-Mittel auf der Tagesordnung, nämlich im Sinne der Zulässigkeit von Investitionen nicht nur im herkömmlichen Sinne in Stahl und Beton, sondern auch in die Köpfe.
Die Entscheidung über den effektiven und sparsamen Einsatz der Gelder soll vor Ort getroffen werden, in den Regionen. Wir haben dazu den Vorschlag in die Debatte gebracht, in den Regionen den Einsatz über die noch zu schaffenden Regionalfonds zu entscheiden. Das setzt die Mitwirkung von Kommunen und Bürgerinnen und Bürgern voraus. Von abgehobenen Entscheidungen der Regierenden für Großprojekte, die mittlerweile im märkischen Sand versunken sind, können wir Brandenburgerinnen und Brandenburger ein Lied singen. Die Linkspartei.PDS unterstützt voll den Einsatz der Solidarpakt II-Mittel für die Stärkung der kommunalen Finanzkraft. Aber auch hier gilt, dass die Gelder nicht im Schuldenfass verschwinden dürfen, sondern zum Ausbau und Erhalt der kommunalen Infrastruktur eingesetzt werden sollen.
Die mitunter anzutreffende Feststellung, es werde keine neuen Verhandlungen zum Solidarpakt II geben (z.B. zur zeitlichen Streckung des Abbaus der Zuwendungen bis 2019) oder es werde keinen Solidarpakt III geben, kann ich so nicht teilen. Falls es sich erforderlich macht diese Fragen neu zu diskutieren, um eine nachhaltige Entwicklung im Osten Deutschlands zu erreichen und damit auch die wirtschaftliche und soziale Lage in Deutschland zu stabilisieren, darf das kein Tabu sein.
Ich hoffe damit Ihre Frage beantwortet zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Dr. Dagmar Enkelmann