Portrait von Dagmar Enkelmann
Dagmar Enkelmann
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Dagmar Enkelmann zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Thomas S. •

Frage an Dagmar Enkelmann von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Enkelmann!

In Ihrer Antwort auf die von Herrn Michael Sämann gestellte Frage schreiben Sie,
Zitat Frau Dr. Enkelmann:

"Abgeordnete des Bundestages müssen, wie Sie zu recht vermuten, bei Erkrankungen keine ärztlichen Atteste einreichen. Das hat den einfachen Grund darin, dass Abgeordnete keinen "Arbeitgeber" haben, sondern von den Bürgerinnen und Bürgern ins Parlament gewählt werden. Seinen Krankenschein könnte der Abgeordnete - im übertragenen Sinn - höchstens also der Bevölkerung schicken. Ganz folgenlos bleibt Krankheit aber nicht: Fehlt ein Abgeordneter des Bundestages bei ärztlich nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit an einem Sitzungstag, wird seine Kostenpauschale pro Tag um 20 Euro gekürzt."

http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_dagmar_enkelmann-575-37547--f320227.html#q320227

Der "einfachen Grund", den Sie als Begründung für die oben beschriebene Praxis anführen, überzeugt mich nicht.

Frage 1:

Machen Sie es sich mit dieser Erklärung nicht zu einfach?

Abgeordnete arbeiten (hoffentlich) für die Interessens des Volkssouverän, dem also eine Arbeitgeberfunktion für die Abgeordnetentätigkeit zugesprochen werden kann (das dennoch Abgeordnete "Nebentätigkeiten" nachgehen, sollte zu denken geben).

Ihr Hinweis, dass im übertragenen Sinne Abgeordnete im Falle ihrer jeweiligen Krankmeldung ihren Krankenschein der Bevölkerung "schicken" könnten, ist nicht nur (wie vermutlich von Ihnen intendiert) unpraktikabel, sondern mindestens genauso lächerlich.

Nichts gegen Eigenverantwortung, doch...

...Vertrauen ist gut, Kontrolle besser!

Das Verhalten von Herrn MdB Peer Steinbrück betätigt leider diesen Grundsatz:

http://blog.abgeordnetenwatch.de/2010/08/17/ein-buch-29-vortrage-und-einige-hunderttausend-euro-die-nebeneinkunfte-des-peer-steinbruck/

Frage 2:

Verteidigen Sie in Ihrer Antwort nicht ein sinnloses Privileg?

Frage 3.

Ist eine Kürzung der Kostenpauschale pro Tag um 20 Euro nicht einfach lächerlich?

Viele Grüße, Thomas Schüller

Portrait von Dagmar Enkelmann
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Schüller,

zunächst möchte ich festhalten: Auf eine konkrete Frage von Herrn Sämann habe ich konkret geantwortet. Um nun auf Ihr Anliegen zu kommen: Selbstverständlich ist zu hoffen, dass Abgeordnete im Interesse des Volkssouveräns tätig sind. Wenn man darauf nicht nur vertrauen, sondern, wie Sie schreiben, das auch kontrollieren will, hat das jedoch nichts mit der Frage zu tun, ob oder wem Abgeordnete ein ärztliches Attest vorlegen müssen oder ob und wie dann die Kostenpauschale gekürzt wird.

Seit Jahr und Tag plädiere ich dafür, dass die Wählerinnen und Wähler nicht nur alle vier oder fünf Jahre ihr Kreuz auf den Wahlzettel machen, sondern sich auch in der Zwischenzeit dafür interessieren und danach fragen, wie denn die oder der von Ihnen gewählte Abgeordnete politisch aktiv ist.

Dazu bieten sich heutzutage nicht nur „klassische“ Wege wie Anfragen per Brief, der Besuch von Veranstaltungen oder von Öffentlichen Sprechstunden an, sondern mehr und mehr auch die vielfältigen Möglichkeiten wie z.B. das Internet mit der Website abgeordnetenwatch.de.

Auch bezüglich der von Ihnen angesprochenen Privilegien von Abgeordneten habe ich seit Jahren eine klare Position. So kritisiere ich seit langem, dass Bundestagsabgeordnete keine eigenen Beiträge zu ihrer Altersvorsorge leisten. Die Fraktion DIE LINKE hatte schon in der vergangenen Legislaturperiode einen Antrag vorgelegt, in dem sie verlangte, dass Abgeordnete künftig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollen.

Dies aufgreifend legte die Fraktion DIE LINKE 2011 nunmehr einen umfassenden Antrag zur Reform des Abgeordnetenrechts vor („Kommission zur Überprüfung des Abgeordnetenrechts – Mehr Transparenz und Verantwortung für das Gemeinwohl“ , Drucksache 17/6305, nachlesen unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/063/1706305.pdf ).

Der stete Druck von links blieb auch hier nicht ohne Folgen: Wie Sie sicher wissen, hat der Ältestenrat des Bundestages im November 2011 eine Unabhängige Kommission zu Fragen des Abgeordnetenrechts eingesetzt, die bis zum 31. März 2013 Empfehlungen für die künftige Anpassung der Abgeordnetenentschädigung und die künftige Regelung der Altersversorgung der Abgeordneten vorlegen soll.

Was den Umgang mit Nebeneinkünften und die langjährige Forderung der Fraktion DIE LINKE nach mehr Transparenz betrifft, so wird in dem angeführten Antrag der LINKEN u.a. verlangt, dass die Unzulässigkeit von Nebentätigkeiten, die mit der Stellung und der Tätigkeit als Abgeordnete unvereinbar sind, zu regeln ist. Nebeneinkünfte der Abgeordneten sollten in ihrer jeweiligen genauen Höhe ab einer Mindestgrenze veröffentlicht werden. DIE LINKE fordert auch ein grundsätzliches Verbot von Spenden an Abgeordnete. Das Konzept der LINKEN zu einer solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung bedeutet auch, dass Abgeordnete dann - wie alle anderen - in einer gesetzlichen Kasse versichert wären.

Bei der Frage der Nebeneinkünfte hat dankenswerterweise gerade abgeordnetenwatch.de jüngst über die nach wie vor abwehrende Haltung der Regierungsfraktionen aufgeklärt – nachzulesen unter dem Link: http://blog.abgeordnetenwatch.de/2011/11/29/koalition-bremst-transparenzregeln-bei-nebeneinkunften-aus/

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dagmar Enkelmann