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Dagmar Enkelmann
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Frage von Peter S. •

Frage an Dagmar Enkelmann von Peter S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Dr. Enkelmann,

sie sind Bundestagsabgeordnete und damit mehr oder minder an der Quelle einer möglichen Einflußnahme auf die EU-Politik.

Wie allgemein bekannt ist, steuert die Bundesregierung mit ihrer Politik in der EU auf eine Transfer-Union zu.Als größter Geldgeber ("Zahlmeister") in der EU wird die Bundesrepublik Deutschland jetzt und auch zukünftig die notleidenden Mitgliedstaaten gewaltig unterstützen müssen und weitere "Rettungsschirme" werden folgen. Dabei wird Deutschland alles tun, um die Euro-Zone zu retten und letztendlich jede Summe zahlen. Die Einflußnahme der Bundesrepublik Deutschland als Zahlmeister der EU schwindet immer mehr. So hat z.B. bei den zuletzt ernannten 25 EU-Diplomaten Deutschland nur einen Vertretetrposten "ergattern" können, während Frankreich 6 und Italien 3 Plätze "verbuchen" konnten.

Bei einer solchen EU-Entwicklung gerät die deutsche Sozialpolitik zugunsten anderer notleidender Mitgliedstaaten, die auch keine großen Anstrengungen zu Sparmaßnahmen, Haushaltskonsolidierungen usw. unternehmen brauchen, immer mehr in eine Schieflage.

Meine Frage an Sie ist nun, wie beurteilt die Parte "Die Linke" diese m.E. dramatischen Ereignisse in der Eu-Poltik und welche Möglichkeiten sieht sie, ggf. hier gegenzusteuern bzw. welche Maßnahmen können ergriffen werden (z.B. Volksbegehren oder ähnliches).

Ich glaube fast sicher zu sein, dass die deutsche Bevölkerung nicht konform geht mit den Plänen der Bundesregierung.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Seifert

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Seifert,

ich stimme Ihnen zu, dass die Sozialpolitik in der Bundesrepublik immer mehr in die Schieflage gerät. Die Ursache dafür sehe ich aber nicht in der Eurokrise, sondern in dem vor allem mit der Agenda 2010 begonnenen Abbau sozialer Leistungen, der Privatisierung von Gesundheit und Altersvorsorge und der Schaffung eines umfassenden Sektors von prekärer Beschäftigung mit Leiharbeit, Billig- und befristeten Jobs. Während in den anderen Euro-Ländern die Reallöhne stiegen, sanken diese in Deutschland. Die fehlende Kaufkraft im Inland ist ein wesentlicher Grund für die enormen Exportüberschüsse der Bundesrepublik gerade in den Euroraum. In den letzten fünf Jahren hat Deutschland knapp 600 Milliarden Euro an Leistungsbilanzüberschüssen gegenüber den anderen EU-Ländern erzielt. Der deutsche Exportboom und die wachsenden Schuldenberge Griechenlands, Portugals und anderer EU-Staaten sind zwei Seiten derselben Medaille.

DIE LINKE hat als einzige Fraktion im Bundestag bereits die Euro-Rettungspakete abgelehnt. Unter den gegenwärtigen Voraussetzungen handelt es sich nicht um eine Euro-, sondern vor allem um eine Bankenrettung. Auch mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und dem Gesetzespaket der EU-Kommission zur Europäischen Wirtschaftsregierung sollen die Finanzmärkte beruhigt, zugleich aber ein Angriff auf die Beschäftigten, Erwerbslosen, Rentner und Studierenden vorgetragen werden.

DIE LINKE fordert eine Reform der Eurozone und will die Gewinner der Krise zur Kasse bitten - mit einer Finanztransaktions-, eine Millionärssteuer sowie eine EU-weite Krisenabgabe auf hohe Vermögen. EU-Staaten sollen auf einen ausgeglichenen Außenhandel verpflichtet werden, um Lohn- und Steuerdumping zu stoppen. Notwendig sind gemeinsame Euro-Anleihen, um Spekulation gegen einzelne Staaten zu verhindern. Eine Europäische Bank für öffentliche Anleihen sollte Euro-Staaten - ohne den Umweg über teure Kredite privater Geschäftsbanken - Geld leihen, um die Erpressung durch Wucherzinsen zu stoppen. Der Handel mit Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps - CDS) muss verboten werden. Die Euro-Zone braucht auch eine europaweite öffentliche Ratingagentur, um die Erpressung durch die drei marktbeherrschenden Agenturen mit ihren kommerziellen Interessen zu beenden. Viele Maßnahmen wie z.B. eine kaufkrafterhöhender flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn, für den sich seit Jahren eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung ausspricht, könnten sofort von der Bundesregierung beschlossen und umgesetzt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dagmar Enkelmann