Frage an Dagmar Enkelmann von Carsten P. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Frau Dr. Enkelmann,
die Seen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sind ein wesentlicher Standortfaktor für den Tourismus und zudem wichtige Ökosysteme. Aufgrund des Einigungsvertrages werden viele Seen als ehemaliges Volkseigentum durch die bundeseigene BVVG privatisiert. Die Privatisierung der Gewässer birgt jedoch die Gefahr, dass Badestellen, Stege und Uferwege nicht mehr nutzbar sind oder Freizeitbetätigungen auf den Seen, wie Angeln und Baden, durch private Eigentümer erschwert, verboten oder kostenpflichtig werden. Eine Bundestagspetition gegen die weitere Gewässerprivatisierung wird derzeit von über 110.000 Mitzeichnern unterstützt. Viele Bürgerinnen und Bürger, Vereine, Verbände und Bürgerinitiativen engagieren sich gegen die Privatisierung der Seen.
Dieses Engagement hat dazu geführt, dass eine Verhandlungsgruppe, bestehend aus Vertretern der Bundesregierung und der Bundesländer, über den Verkauf der Seen als Paket an die jeweiligen Bundesländer verhandelt. Allerdings kann der Kaufpreis zum Scheitern der Verhandlungen führen. Schließlich sollte die öffentliche Hand vorhandene finanzielle Mittel besser in die Unterhaltung der Seen investieren, um einen guten ökologischen Zustand zu erreichen bzw. zu sichern.
Wie stehen Sie zu der derzeit laufenden Privatisierung von Seen in Ostdeutschland?
Können Sie sich vorstellen, durch eine Änderung des Ausgleichsleistungsgesetzes (AusglLeistG) eine kostenlose Übertragung der Seen auf die Länder zu ermöglichen?
Was passiert mit den Seen, wenn die Verhandlungen zwischen dem Bund und den Bundesländern nicht zu einer Einigung führen?
In wessen Eigentum befinden sich die Seen in den alten Bundesländern?
Viele Grüße
Carsten Preuß
Sehr geehrter Herr Preuß,
wie viele andere Bürgerinnen und Bürger engagiere ich mich mit meinen Möglichkeiten als Politikerin seit Jahren gegen die Privatisierung von Seen und anderen Gewässern in Ostdeutschland. Der Verkauf an Private birgt, wie Sie zu recht bemerken, die Gefahr, dass Bürgerinnen und Bürger Badestellen, Stege und Uferwege nicht mehr nutzen können, Sportvereine plötzlich Entgelte zu zahlen haben oder Baden und Angeln ganz unmöglich gemacht wird.
Dass die Bundestagspetition gegen die Gewässerprivatisierung schon von über
110 000 Menschen unterstützt wird, ist ein hoffnungsvolles Zeichen. Der öffentliche Widerstand hat zumindest dazu geführt, dass die BVVG vorerst keine ostdeutschen Seen und Gewässer privatisieren will – hat sie zumindest jüngst auf einer Pressekonferenz erklärt -, bis deren Erwerb zwischen Bundesregierung und Bundesländer neu geregelt ist. Nach den mir vorliegenden Informationen soll es dazu im Herbst eine weitere Verhandlungsrunde zwischen Bundesfinanzministerium, BVVG und betroffenen Länder geben.
Ob sich dabei die so genannte „Paketlösung“ – das Land kauft die Gewässer auf einen Schlag oder tauscht es gegen andere Grundstücke ein - oder die Forderung der Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern nach kostenloser Übertragung an Länder und Kommunen – das fordert auch DIE LINKE – durchsetzen wird, lässt sich aus heutiger Sicht nicht sagen.
Durch eine Änderung des Ausgleichsleistungsgesetzes eine kostenlose Übertragung der Seen auf die Länder zu ermöglichen, ist denkbar. Dann sollte auch das Flächenerwerbsgesetz entsprechend geändert werden. Denn das Problem des Verkaufs an den Meistbietenden zu überhöhten Preisen stellt sich auch bei Agrar- und Forstflächen. Genau diese Forderungen hat die Fraktion DIE LINKE in ihrem Antrag „Keine Privatisierung von Äckern, Seen und Wäldern“ (Drs. 17/239) aufgemacht. Dieser ist übrigens in der Beschlussempfehlung des zuständigen Haushaltausschusses (Drs. 17/587) abgelehnt, aber noch nicht abschließend im Plenum des Bundestages beraten worden.
Wenn die Verhandlungen von Bund und Bundesländern nicht zu einer Einigung führen, wird die BVVG vermutlich irgendwann mit den Seen und Gewässern an den „freien“ Markt gehen und diese meistbietend verkaufen. Diese wäre die absolut schlechteste Variante.
Die Seen in den alten Länder sind in der Regel unverkäuflich. Die heutige Vorsitzende der LINKEN, Gesine Lötzsch, berichtete bei der Anhörung meiner Fraktion DIE LINKE zu 20 Jahren Treuhand Ende April 2010 davon, wie ihr Büro testweise versuchte, einen See in den alten Ländern zu kaufen. Damit sei man dort nur auf Verwunderung gestoßen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dagmar Enkelmann