Portrait von Dagmar Enkelmann
Dagmar Enkelmann
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Dagmar Enkelmann zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Jens Veit G. •

Frage an Dagmar Enkelmann von Jens Veit G. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Dr. Enkelmann,

selbst der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog befürwortet mit dem Kauf der von Dieben angebotenen CD mit angeblichen Steuersündern offene Staatshehlerei. Da dies bereits der zweite Fall ist, scheinen mir Gesetze auch für uns Bürger nicht mehr notwendig zu sein. Damit wird der Weg frei gemacht für Anarchie und spätere Diktatur.

Wie beurteilen Sie den Kauf, was würden Sie und Ihre Partei in dieser Angelegenheit tun, wenn Sie in Regierungsverantwortung wären?

Hier zur Veranschaulichung der eigentlich noch gültige Gesetzeswortlaut:

Strafgesetzbuch:

§ 259 Hehlerei

(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(3) Der Versuch ist strafbar.

§ 260 Gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die Hehlerei
1. gewerbsmäßig oder
2. als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat, begeht. (Anm.: bereits 2008 gab es ja den Steinbrück-Deal - gilt also für die CDU)
(2) Der Versuch ist strafbar.

Vielen Dank für Ihre Antwort im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
Jens Veit Günther

Portrait von Dagmar Enkelmann
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Günther,

so wie es gesetzliche Vorschriften gegen Hehlerei gibt, ist ebenso ein Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung in Kraft. Dessen § 370 droht für Steuerhinterziehung, die eine Steuerstraftat darstellt, eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe an, wenn der Steuerpflichtige u.a. „den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht“ oder „die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt“. Schon der Versuch ist strafbar. In besonders schweren Fällen ist sogar eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren möglich. Ein besonders schwerer Fall liegt z.B. vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

Bei genauerem Hinsehen handelt es sich bei der von Ihnen aufgeworfenen Frage also um eine Abwägung von Rechtsgütern. Im konkreten Fall – ob man die angebotenen CD mit Steuerdaten kaufen soll – sind auch die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE unterschiedlicher Auffassung. Einerseits gibt es Bedenken, was den Datenschutz betrifft, zum anderen fragt man sich wie ich: Soll man die Steuerstraftäter einfach so laufen lassen…

Politisch muss die Antwort sein, alles zu tun, um Steuerhinterziehung und Steuerflucht möglichst zu erschweren und dafür die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. So ist es notwendig, die Zahl der Steuerfahnder deutlich zu erhöhen. Die Bundesregierung hat deutschen Banken, die anderen ausländischen Banken systematisch Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten, die Lizenz zu entziehen. Steuerhinterziehung muss nicht nur für Kunden und Finanzberater unattraktiv werden, sondern auch für Banken.

Aus rechtstaatlicher Sicht ist es übrigens bereits ein Zugeständnis, dass ein Täter sogar bei vollendeter Steuerhinterziehung straffrei ausgehen kann, wenn er sich selbst anzeigt, bevor die Tat von der Finanzbehörde entdeckt wird. Dies gibt es nach meiner Kenntnis bei keinem anderen Straftatbestand.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dagmar Enkelmann