Frage an Cornelia Pieper von Dr. med. Joachim K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Seit 25 Jahren verfolge ich die (Nicht-)Maßnahmen in der Tabakkontrolle. Meines Erachtens kristallisieren sich die Liberalen hierbei immer mehr als Bremser heraus, trotz 380 Sterbefälle täglich (4)- es wird seitens der FDP (ferngesteuert wirkend) immer mit der Freiheit des Einzelnen argumentiert.
Deshalb möchte ich fragen:
Alles Handeln der Tabakindustrie ist auf Suchterzeugung aus (= Freiheitsberaubung) (subversiver Lobbyismus (3), suchterzeugende Zusatzstoffe(1), Schleichwerbung bis tief ins Kinderfernsehen (=60% lt. Bätzung-Studie)(5), Forschungsbeeinflussung (2), Medienunterwanderung (3)) - ist hier nicht die FDP gefordert?
Bildungs-/forschungspolitisch frage ich Sie:
50% der Kinder sind zuhause Passivrauch ausgesetzt (4), der mittlere Einstieg in die Einstiegsdroge Rauchen ist vor dem 13.Lj. - dabei macht Rauchen vergesslicher und aggressiver, fördert ADHS, ist Wegbereiter weiterer Süchte(6): Also ist Rauchen m.E. ein wichtiger Teil des PISA-Problems.
Das Deutsche Ärzteblatt bezeichet die systematische Forschungsbeeinflußung der Tabakindustrie als "Vom Teufel bezahlt" (2).
Warum helfen Sie nicht mit, Medien, Kinder und Forschung aus der Umklammerung der Tabaklobby zu beFREIen?
(1) "Das Geschäft mit dem Tod" Wirtschafts- u. Rechts.-Prof. Michael Adams, Zweitausendeins-Verlag, Okt. 2007
(2) "Vom Teufel bezahlt" Deutsch. Ärzteblatt 3/07
(3) Liberty award 2007
(4) Deutsches Krebs-Forschungs-Zentrum, Heidelberg
(5) Studie der Drogenbeauftragten, Bundesgesundheitsminist., Rauchen im Fernsehen
(6) www.sportler-fuer-rauchfrei.de
Sehr geehrter Herr Dr. Kamp,
Sie haben sich an mich gewandt, da Ihnen die gegenwärtige Situation zum Thema Nichtraucherschutz Sorgen bereitet. Ich bin gerne dazu bereit, Ihnen die Haltung der FDP zum Nichtraucherschutz zu verdeutlichen.
Der Ausbau des Nichtraucherschutzes ist auch für mich bzw. die FDP ein wichtiges Ziel. Deshalb haben wir beispielsweise auch der Änderung der Arbeitsstättenverordnung die Zustimmung gegeben, die einen Schutz vor Passivrauchen am Arbeitsplatz vorschreibt. Vor rauchenden Kolleginnen und Kollegen in gleichen Zimmern/ Büros kann man ja nicht „fliehen“ und dazu sollte auch kein Nichtraucher gezwungen werden, deshalb ist hier eine gesetzliche Regelung sinnvoll.
Auch in öffentlichen Gebäuden, Schulen oder Krankenhäusern halte ich ein Rauchverbot für angemessen. Die Entscheidung darüber sollte in meinen Augen, aber nicht gesetzlich von oben erfolgen, sondern durch die verantwortlichen Gremien vor Ort. Was in der Diskussion zum Nichtraucherschutzgesetz immer untergegangen ist, ist die Tatsache, dass bereits jeder öffentliche und private Träger einer Einrichtung mit Publikumsverkehr über das Hausrecht die Möglichkeit hat, das Rauchen zu verbieten.
Die Zielvereinbarungen zwischen dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband mit dem Bundesministerium für Gesundheit, in drei Jahren 90% aller Gaststätten mindestens 50% Nichtraucherplätze anbieten zu lassen, halte ich für richtungweisend. Das Ziel der ersten Stufe dieser Selbstverpflichtung war bereits nach einem Jahr erreicht. Im Übrigen sollten wir dafür werben, dass das Angebot „Rauchfrei“ im Wettbewerb ein Qualitätsmerkmal sein und den Gastwirten Vorteile bringen kann, denn erstaunlich wenig Kneipen und Restaurants nutzen die Möglichkeit mit rauchfreier Luft zu werben! Warum keine Raucher- und Nichtraucher Restaurant, damit wir alle die Möglichkeit der Wahl haben? Eine amerikanische Kaffeekette, die komplett rauchfrei ist, expandiert in Deutschland.
Die Zahl der Raucher sinkt (glücklicherweise) stetig, die Zahl der Menschen, die noch nie geraucht haben, steigt. Nichtraucherflüge sind akzeptiert, Hotels bieten ganze Nichtraucheretagen an, Gaststätten und Restaurants weisen mehr und mehr Nichtraucherbereiche aus, der ÖPNV ist rauchfrei – der Trend ist eindeutig: Aufklärungskampagnen wirken, das Bewusstsein in unserem Lande ändert sich.
Die Gefahren des Rauchens sind lange hinreichend bekannt, die des Passivrauchens aktuell wissenschaftlich belegt. Gerade die, die wir erreichen müssen, sind Kinder und Jugendliche sowie deren Umgebung, das haben Sie selbst geschrieben. Eltern die ihre Kinder zu Hause dem Passivrauchen aussetzen, erreicht aber kein Gesetz der Welt. Hier führt der Grundsatz „überzeugen statt verbieten“ wesentlich weiter.
Unsere Devise lautet: Aufklärung statt Bevormundung! Gegenseitige Rücksichtnahme statt staatlicher Gängelung! Sie haben Recht: Anders als andere Parteien, wollen wir den rauchenden Mitbürgerinnen und Mitbürgern dies nicht per staatlichem Dekret untersagen oder sehen dahingehend einen „Erziehungsauftrag“, der mit Zwang durchgesetzt werden muss. Das heißt aber nicht, dass die Liberalen kein Interesse daran haben, Nichtraucher zu schützen- das eine schließt das andere nicht automatisch komplett. Im Übrigen gibt es keine „Verschwörung“ der FDP mit der Tabakindustrie.
Ich hoffe, dass Sie die Sicht der FDP zum Thema Nichtraucherschutz nachvollziehen können.
Mit besten Grüßen nach Emsdetten
Ihre
Cornelia Pieper, MdB