Frage an Cornelia Pieper von Axel S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Pieper,
unter http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/83/136810/ haben Sie bestimmt schon den Beitrag zum Plan gesehen, Kinder aus Heimen massiv zu den Herkunftseltern zurückzuführen. Dazu habe ich einige Fragen:
Wie ist diese Entscheidung aus Ihrer Sicht mit dem Kindeswohl vereinbar?
Wie ist diese Entscheidung mit dem Schutzauftrag des Staates aus Artikel 6 der Verfassung vereinbar?
Auf welcher wissenschaftlichen Grundlage erfolgt die Annahme, daß mit dieser Maßnahme Kostensenkungen verbunden sein könnten? (Langfristig, Sozialisierung usw.)
Wie ist Ihre persönliche Meinung dazu?
Wie wollen Sie in Ihrem Wahlkreis ggf. auf politischer Ebene Einfluß nehmen?
Mit freundlichen Grüßen
Axel Symancyk
Sehr geehrter Herr Symancyk,
die an mich gerichteten Fragen bezüglich der Diskussion über die umstrittene Richtlinie „Hilfe zur Erziehung“ der Stadt Halle (Saale) beantworte ich hiermit gerne folgendermaßen:
Wie Sie als ein am Thema Interessierter sicherlich bereits mitbekommen haben, stellt sich die Situation am heutigen Tage bereits etwas anders dar, als zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie mir Ihre Fragen geschickt haben.
Die umstrittene Richtlinie bzw. Dienstanweisung wird nun auf Geheiß der Oberbürgermeisterin überarbeitet und bekommt eine neue Zielsetzung. So soll jetzt künftig eine kontinuierliche Überprüfung der Hilfepläne für die Kinder und Eltern formuliert werden, mit der Intention die Situation in den Familien insgesamt zu verbessern.
Ich habe in der Sache in den vergangenen Wochen Rücksprache mit Kollegen der FDP-Ratsfraktion in Halle gehalten. Bei der „Hilfe zur Erziehung“ (HzE) handelt es sich um eine Pflichtaufgabe der Stadt und somit Verwaltungshandeln. Entsprechende Dienstanweisungen unterliegen also nicht der Vorlagepflicht gegenüber dem Stadtrat. Das hat in der Folge dazu geführt, dass auch viele Kommunalpolitiker erst über Medien bzw. Ditte von der „Rückführung aller Kinder“ erfahren haben. Ein bedauerlicher Umstand, der aber erst einmal weit davon entfernt ist ein Skandal zu sein- was das Procedere angeht!
Die Aussage, Kinder müssten aus finanziellen Gründen in zerrüttete oder gar für sie gefährliche Familien zurückkehren, ist empörend und sicher auch rechtlich im Zweifelsfall nicht tragbar. Meine persönliche Meinung ist auch, das zwar Kinder sofern möglich natürlich bei ihren Eltern und in ihrer Familie aufwachsen sollen, aber natürlich nicht um jeden Preis oder gar zu ihren eigenen Lasten, das entspräche auch einem merkwürdigen Begriff von Fürsorge und Erziehung. Die FDP in Halle hat dies im zuständigen Fachausschuss zum Ausdruck gebracht.
Die Stadt Halle bzw. die Oberbürgermeisterin hat andererseits aber auch dargelegt, dass selbstverständlich Einzelfallprüfungen erfolgen und es bei entsprechend problematischen Familien keine Rückführung dorthin gibt, sondern eine Betreuung in Pflegefamilien den Vorrang hat. In sehr schweren Fällen wird die Heimunterbringung beibehalten, was nebenbei gesagt, so oder so für ein Kind auch wiederum eine nicht unerhebliche Belastung darstellt.
Auf der anderen Seite geht es auch darum Geld zu sparen, sofern es zu verantworten ist. Die Frage ist eben schon, warum- so zumindest die Stadt- die Kosten für Heimunterbringungen um das 5-fache angestiegen sind und ob deswegen Pflegefamilien nicht eine sinnvolle Alternative darstellen. Man kann und darf natürlich auch im sozialen Bereich sparen. Die Politik ist allen gegenüber verantwortlich, auch denen, die das Geld für Soziales aus ihren Steuergeldern und anderen Abgaben überhaupt erst bezahlen.
Es darf nicht dazu kommen, dass Kinder durch eine Rückführung leichtfertig Verwahrlosung oder Vernachlässigung ausgesetzt werden. Das betone ich nochmals ausdrücklich. So wie es jetzt aussieht, ist den ursprünglichen Plänen einiges an Brisanz genommen worden. Ich gehe aber davon aus, dass die Parteien im Stadtrat- darunter die FDP- die Entwicklung aufmerksam beobachten werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Cornelia Pieper, MdB