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Frage von Thorsten S. •

Frage an Cornelia Pieper von Thorsten S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Pieper,

soeben lese ich Ihre Antwort auf die Frage von Frau Dr. Grimm.

Was bedeutet es genau, sich "nach seinen Bedürfnissen" versichern zu können?

Konkreter: Ich leide seit meiner Kindheit an einer chronischen Darmerkrankung, habe es aber inzwischen nach Studium und viel Anstrengung zu einem "Spitzensteuersatz"-Einkommen gebracht. Glauben Sie, daß sich ein privates Versicherungsunternehmen finden wird, welches mir etwa eine Krankengeldversicherung anbietet? Selbstverständlich ist bei mir die Anzahl stationärer Behandlungen überdurchschnittlich, daran wird sich auch nichts ändern, obwohl ich aufgrund der Krankheit einen überaus gesunden Lebensstil pflege. Und selbstverständlich werde ich keiner PKV beitreten können, das Geschäftsmodell beruht schließlich auf Risikoselektion.

Ihre Vorschläge erinnern mich an die Handhabe der Berufsunfähigkeitsversicherung durch Rot-Grün: Diese Versicherung ist existentiell notwendig (ich denke, da werden Sie mir zustimmen), nun ist jedoch "Eigenverantwortung" gefragt. Ich selbst hatte nie eine Chance, eine solche Versicherung abzuschließen, obwohl Geld tatsächlich kaum eine Rolle spielt. Chancengerechtigkeit? Fehlanzeige, jedes Versicherungsunternehmen lehnt dankend ab. Die einzige "Privatvorsorge", die ich hier betreiben kann, ist, in ein ausländisches Sozialsystem zu wechseln, etwa ein skandinavisches; Schwedisch spreche inzwischen auch recht gut.

Im übrigens sehe ich dieses Vorhaben auch als Akt der Verantwortung gegenüber einer späteren Familie, die ich mir sehr wünsche: Das Risiko des Hauptverdienerausfalls werde ich dieser auf keinen Fall aufbürden, das müssen auch Sie als Liberale verstehen. Daher wird mich mein Weg aus Deutschland weg führen, angetrieben nicht zuletzt durch Vorschläge wie die Ihrigen.

Für alternative Lösungsvorschläge bin ich selbstverständlich offen.

Mit freundlichen Grüßen,

Thorsten Schneider

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schneider,

aufgrund meiner Antwort an Frau Dr. Grimm zum Gesundheitssystem haben Sie weitere Fragen/ Diskussionspunkte aufgeworfen. Ich danke für Ihre Zuschrift!

Nach dem FDP-Modell hat jeder Bürger und jede Bürgerin hat bei Geburt einen Anspruch darauf, zumindest im Umfang der Regelleistungen unabhängig von seinem Gesundheitszustand ohne Risikozuschläge versichert zu werden. Die Regelleistungsprämie für die Kinder wird über das Steuersystem, ebenso finanziert, wie Kosten, die mit Schwangerschaft und Mutterschaft verbunden sind. Jeder Bürger muss in der Lage sein, eine Versicherung abzuschließen, die zumindest die Regelleistungen umfasst. Aus diesem Grund sind zwei sozialpolitische Maßnahmen erforderlich:
Zum einen muss jedes Versicherungsunternehmen mit Kontrahierungszwang (Zwang zum Abschluss eines entspr. Vertrages) einen Pauschaltarif anbieten, der diese Regelleistungen abdeckt und der weder nach Geschlecht noch nach sonstigen Kriterien differenziert. Risikoprüfungen und Risikozuschläge sind in diesem Tarif nicht zulässig.
Zum zweiten muss jeder Bürger durch staatliche Transfers in dem Umfange
unterstützt werden, in dem er nicht in der Lage ist, die Prämie für den Pauschaltarif
und den Selbstbehalt aus eigenen Kräften aufzubringen. Natürlich muss man sich diese Versicherung auch leisten können, deshalb sagen wir: Ein nach den Vorstellungen der FDP reformiertes Steuersystem mit Tarifen von 15, 25 bzw. 35 Prozent soll dafür sorgen, dass die Bürger den notwendigen finanziellen Spielraum für ihre Wahlentscheidungen haben. Die Arbeitgeberzuschüsse zur Krankenversicherung werden als steuerpflichtiger Lohnbestandteil ausgezahlt. Dadurch wird erreicht, dass steigende Beiträge zur Krankenversicherung nicht mehr die Arbeitskosten erhöhen.

Sehr geehrter Herr Schneider, das Modell der FDP steht im Gegensatz zu den Positionen aller anderen Parteien. Ich lade Sie ausdrücklich ein, es mit den Vorschlägen unserer politischen Mitbewerber zu vergleichen. Fest steht jedoch: Sowohl im Gesundheitssystem, als auch in anderen Bereichen (s. Pflegeversicherung), muss dafür gesorgt werden, dass auch künftige Generationen davon profitieren können. Unabhängig von der politischen Ausrichtung muss man zur Kenntnis nehmen: Das umlagefinanzierte Versicherungssystem (Gesundheit, Pflege, Rente) steckt nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung in einer (Finanzierungs-) Krise. Solange wir nicht den Mut zu einem Systemwechsel aufbringen, werden wir immer wieder Reform um Reform erleben, die weiter für steigende Beiträge und sinkende Leistungen sorgen werden. Das hat mit sozialpolitischer Verantwortung aus meiner Sicht wenig zu tun.

Ich wünsche Ihnen Gesundheit und alles Gute!

Mit freundlichen Grüßen
Cornelia Pieper, MdB