Frage an Cornelia Pieper von Martin L. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Pieper,
aus dem Wahlprogramm der FDP entnehme ich, dass Sie gegen die Abschaffung der Studiengebühren im Erststudium sind - doch warum?
Sicherlich tut den einzelnen Universitäten und Hochschulen diese Finanzspritze, gerade in der Aufwertung des benötigten Equipments, gut, doch Bildung sollte jedem ermöglicht werden und dazu zählt auch, den Weg zu ebnen. Wie sollen junge, angehende Studenten jedes halbe Jahr (Semester) 500 € für Studiengebühren und auch noch möglichen Mietkosten von 300 - 400 € jedes Monat aufbringen? Durch einen Nebenjob auf 400 € - Basis? Durch Kredite?
Und dieses Fallbeispiel weist lediglich die Fixkosten, ohne Lebensmittel, Strom, Telefon, Benzin, Vers., auf....
Ist Bildung nicht unser wichtigstes Gut Frau Pieper?
Warum beharren Sie derart auf den Studiengebühren?
Sehr geehrter Herr Lübke,
in der Tat ist Bildung für Deutschland das wichtigste Gut. Dies alleine schon aufgrund des internationalen Wettbewerbs in dem wir uns befinden. Wir meinen als Liberale außerdem, dass eine gute Bildungspolitik auch die beste Sozialpolitik ist. Wissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang von präventiver Sozialpolitik.
Was die Studiengebühren in Deutschland angeht, so wird diese Frage ja sehr emotional und leider oftmals unter Verwendung falscher Behauptungen diskutiert, um eigene ideologische Behauptungen besser anbringen zu können.
Meine Meinung bzw. die der FDP ist jedenfalls folgende:
Hochschulen brauchen finanzielle Planungssicherheit. Die FDP fordert daher ein Drei-Säulen-Modell aus staatlicher Grundfinanzierung, Studienbeiträgen und Eigenvermögensaufbau. Nach dem Prinzip „Geld folgt Student“ sollen im Bereich der Lehre mit Hilfe eines Bildungsgutscheinsystems Hochschulen nach der Anzahl der Studierenden und Absolventen finanziert werden. Im Gegenzug kann die bundeseinheitliche Kapazitätsverordnung abgeschafft und durch Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Hochschulen ersetzt werden.
Zur Steigerung der Qualität der Lehre soll im Wettbewerb um Studierende jede Hochschule selbst entscheiden, ob, in welcher Höhe und für welche Studiengänge sie Studienbeiträge erhebt. Diese Mittel müssen direkt und uneingeschränkt den Hochschulen zweckbezogen zur Verbesserung der Studienbedingungen und der Lehre zufließen, ohne dass die staatliche Finanzierung reduziert wird.
Dabei kann die Politik trotzdem den Rahmen sozialverträglich abstecken. So hat die schwarz-gelbe Regierung in Nordrhein-Westfalen bspw. dafür gesorgt, dass BAföG-Empfänger per se keine Studienbeiträge leisten müssen. Außerdem sollten die Gebühren nachlaufend erhoben werden und zwar derart, dass eine Rückzahlung erst dann fällig wird, wenn ein Absolvent oder eine Absolventin im Berufsleben steht und auch Geld verdient. Ich finde, wenn man bedenkt, wie wertvoll eine akademische Ausbildung für das Berufsleben ist, zieht das Argument der „völligen Überschuldung“ beim Start in den Beruf nicht.
Die FDP hat weiterhin kürzlich eine Initiative für ein nationales Stipendiensystem auf den Weg gebracht. Das Ziel ist bis zum Ende der kommenden Legislaturperiode für zehn Prozent der Studenten ein Stipendium zu ermöglichen. Wir wollen eine neue Stipendienkultur in Deutschland. Als Vorbild dient das Modell Nordrhein-Westfalens, wo sich Wirtschaft und Land die Kosten teilen. Analog zur Bafög-Finanzierung soll der Bund landesweit künftig 65 Prozent der Kosten bestreiten. Der Rest soll aus der Wirtschaft kommen. In Nordrhein-Westfalen erhalten ab dem kommenden Wintersemester erstmals 1.400 der begabtesten Studenten ein Stipendium über 300 Euro im Monat. Diese Initiative findet auch in anderen Bundesländern Anklang, wie beispielsweise in Bayern. Auch in der Union bzw. bei Bundesbildungsministerin Schavan stößt unsere Stipendienoffensive auf Zuspruch. Die SPD verweigert sich leider bislang.
Ich wünsche Ihnen alles Gute!
Mit besten Grüßen
Ihre
Cornelia Pieper