Frage an Cornelia Behm von Mario G. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Behm,
auch alle Sport- und Privatpiloten müssen sich neuerdings einer sehr fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG "freiwillig" durch eigenen Antrag unterziehen.
Sind Sie der Meinung, dass ein solcher unglaublicher Globalverdacht gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist?
Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern, die mit all dem nicht das Geringste zu tun haben? Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?
Es hat weltweit noch nie einen lizenzierten Piloten gegeben, von welchem ein Terroranschlag ausging.
Es gab aber jede Menge Führerscheinbesitzer und Rucksackträger!!!
Lastwagenfahrer stellen ein viel größeres "Gefahrenkontingent" dar, kommen sie doch problemlos mitten in jede Innenstadt!
Warum werden die nicht zum gläsernern Bürger gemacht, sondern nur ausgerechnet unsere harmlose Minderheit?
Wo ist hier Ihrer Meinung nach das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch gegeben?
Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen?
Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt, dass man sie schleichend gegen die Würde des Menschen einfach abschafft?
Welche Antwort hierauf kann ich an unsere Vereinsmitglieder weitergeben?
Ich würden Sie gerne auch mal zu einem kleinen Rundflug bei uns einladen, damit Sie sich persönlich davon überzeugen können, dass wir keine berechtigt verdächtige Kamikazeterroristen sind.
Nicht einmal die USA überprüft auf solche entwürdigende Weise ihre Altpiloten. Übrigens auch keine Ausländer mit USA - Lizenz!
Nur Deutschland will einmal mehr einmalig perfekt in der Welt sein.
mfG Mario Gattner
Sehr geehrter Herr Gattner,
für Ihre Mail vom 31. August 2005 möchte ich Ihnen danken, ebenso für Ihre Einladung zum Rundflug. Leider kann ich dieses Angebot auf Grund der wahlkampfbedingten Zeitnot nicht wahrnehmen. Aber auch ohne eine persönliche Begegnung gehe ich ganz fest davon aus, dass Sie kein „Kamikazeterrorist“ sind. Ihre Fragen zum „Generalverdacht“, zur Zuverlässigkeitsprüfung, zur Verhältnismäßigkeit der vorgesehenen Maßnahmen und zu anderen Themen wurden mir in ähnlichen Formulierungen bereits häufiger gestellt. Gern nutze ich diese Gelegenheit, Ihnen die Position meiner Fraktion und von mir darzustellen.
In der aktuellen innenpolitischen Debatte werden zunehmend Forderungen erhoben, die unbescholtene Bürgerinnen und Bürger unter einen Generalverdacht stellen. Wir sehen dies sehr kritisch und lehnen z. B. eine flächendeckende Videoüberwachung des öffentlichen Raumes ab. Wir wollen kein generelles Autokennzeichen-Screening und halten die Speicherung aller Telekommunikationsverbindungsdaten über einen längeren Zeitraum für nicht hinnehmbar. Vor kurzem wurden als Zeugen zu einer Brandstiftung 700 Personen polizeilich vorgeladen, die aufgrund ihres eingeschalteten Handys als Personen, die sich zur Tatzeit in der Nähe des Tatortes aufgehalten haben, identifiziert wurden. Hier führt normales Alltagsverhalten dazu, zu einem Tatverdächtigen zu werden. Union und SPD befinden sich in einem unheilvollen Wettlauf nach immer mehr Überwachung. Wir dagegen halten es für richtig, dass Bürgerinnen und Bürger sich dagegen zur Wehr setzen, unter Generalverdacht gestellt zu werden.
Zuverlässigkeitsprüfungen sind kein Allheilmittel. Der in Deutschland lebende Todespilot Atta, war Inhaber einer Privatpilotenlizenz. Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 wurde bereits im Oktober 2001 die Verordnung zur Zuverlässigkeitsüberprüfung im Luftverkehr verschärft. Seit Oktober 2001 werden alle Personen einer Zuverlässigkeitsüberprüfung unterzogen, die in beruflichem Zusammenhang regelmäßig in den sicherheitsrelevanten Bereichen der Verkehrsflughäfen tätig sind. Ich halte es grundsätzlich für verhältnismäßig, dass die Zuverlässigkeitsüberprüfung auf die Piloten des privaten Luftverkehres ausgedehnt wurde. Wenn erst auf der Grundlage eines Anfangsverdachtes überprüft wird, kann es im Ernstfall zu spät sein. Der Staat trägt die Verantwortung, die Bürgerinnen und Bürger vor Anschlägen zu schützen.
Die Zuverlässigkeitsüberprüfungen werden im Auftrag des Bundes von den Ländern durchgeführt. Eine jährliche Überprüfung ist aus meiner Sicht übertrieben und führt zu einer unangemessenen Kostenbelastung. Die Gebühren sind im Bundesgesetz nicht festgelegt. Die Höhe der Gebühren richtet sich nach dem Grundsatz der Kostendeckung. Die Gebührenhöhe bei der Überprüfung im beruflichen Zusammenhang liegt zwischen 15 und 40 Euro. Wir setzen uns für angemessene Gebühren ein, die möglichst bundeseinheitlich sein sollen. Der reformbedürftige Föderalismus in Deutschland verhindert hier verbindliche bundesgesetzliche Vorgaben.
Mit besten Grüßen
Cornelia Behm