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Corinna Rüffer
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Jan K. •

Behindertenfeindlichkeit an Schulen und Barrierefreiheit im öffentlichen Raum?

Sehr geehrte Frau Rüffer,

Mich würde persönlich sehr interessieren, wie Sie das Problem der zunehmenden Behindertenfeindlichkeit an Schulen lösen möchten. Auf zahlreichen Schulhöfen ist "behindert" ein äußerst beliebtes Schimpfwort, dies ist leider auch an meiner Schule der Fall.
Was für Möglichkeiten gibt es, das zu ändern, ohne dass es zu Konflikten zwischen behinderten und nicht behinderten Schülern kommt?
Wie können behinderte Schülerinnen und Schüler, die eine Regelschule besuchen, am besten vor Mobbing und Stigmatisierungen geschützt werden?
Ein weiteres wichtiges Thema für mich ist die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, die für mich als Rollstuhlfahrer persönlich sehr wichtig ist. Was konkret wird die Ampelkoalition tun, um die Barrierefreiheit in Deutschland zu verbessern und dabei insbesondere die Kommunen beim Ausbau solcher Infrastrukturen zu unterstützen?
Über eine Rückmeldung würde ich mich sehr freuen:)

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Vielen Dank für Ihre Frage. Es ist wirklich sehr bedauerlich, dass „behindert“ noch immer als ein Schimpfwort kursiert. Ich fürchte, dass dies Ausdruck eines behindertenfeindlichen und ableistischen Denkens ist, das tief in der Gesellschaft verankert ist. Zwar sehe ich auch Fortschritte, wie zum Beispiel in der Tatsache, dass mit „Ableismus“ ein Begriff Eingang in den gesellschaftspolitischen Diskurs gefunden hat, der auf die strukturelle Diskriminierung von Menschen mit Behinderung hinzuweisen vermag. Allerdings bedarf es wohl noch viel Zeit im gesellschaftlichen Umgang mit „Behinderung“, um eine grundsätzliche Veränderung zu erreichen, wonach Behinderung als körperliches und geistiges Anderssein nicht mit einer Abwertung gleichgesetzt, sondern als Teil der menschlichen Vielfalt betrachtet wird. Auch müssen hierfür die sogenannten Sonderwelten, also Institutionen wie Förderschulen oder Werkstätten für Menschen mit Behinderung, worin behinderte Menschen ausgegliedert und segregiert werden möglichst aufgelöst werden. Denn diese räumliche und institutionelle Trennung ist einer der Hauptgründe dafür, dass behinderte Menschen aus der gesellschaftlichen Normalität gedrängt und derart abgewertet werden.

Hierbei spielt natürlich auch der zweite Aspekt, den Sie ansprechen, die Barrierefreiheit eine wichtige Rolle. Im Koalitionsvertrag fungiert die Barrierefreiheit als eines der zentralen, inklusionspolitischen Vorhaben. Ein sehr wichtiger Schritt wird hierbei sein, dass wir private Anbieter von Dienstleistungen und Gütern zum Abbau von Barrieren dazu verpflichten werden, Maßnahmen zur Barrierefreiheit umzusetzen. Sollte das nicht möglich sein, werden sie zum Ergreifen von anderweitig angemessenen Vorkehrungen verpflichtet. Dafür werden entsprechende Beratungsarbeit und Förderprogramme aufgebaut, die in der Bundesfachstelle Barrierefreiheit zusammengeführt werden. Außerdem werden im Personenbeförderungsgesetz des ÖPNV werden bis 2026 alle Ausnahmen abgeschafft. Rechtlich sollten ja bereits seit Beginn des Jahres alle Angebote des ÖPNV barrierefrei sein. Wir werden hierfür die Regionalisierungsmittel für die Kommunen erhöhen. Und schließlich werden wir dafür sorgen, dass alle öffentlichen Gebäude des Bundes umfassend barrierefrei werden. Auch sollen Pressekonferenzen und öffentliche Veranstaltungen von Bundesbehörden sowie Informationen zu Gesetzen und Verwaltungshandeln in Gebärdensprache übersetzt und untertitelt werden und die Angebote in leichter bzw. einfacher Sprache ausgeweitet werden. Dafür wird ein Bundeskompetenzzentrum Leichte Sprache/Gebärdensprache eingerichtet.

 

Herzliche Grüße

Corinna Rüffer

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