Frage an Claudia Maicher von Heike B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Dr. Maicher,
der Braunkohleausstieg mit dem Kohlepaket, in dem Gelder für den weiteren Ausbau den Flughafens Leipzig/Halle als Frachtdrehkreuz eingestellt sind und auch der Koalitionsvertrag, in dem festgeschrieben ist, dass der weitere Ausbau des Flughafens Leipzig / Halle als Luftfrachtdrehkreuz nun sogar mit Regierungsauftrag der jetzigen Bundesregierung legitimiert ist, manifestieren die Erweiterung der Lärm-und Umweltschadenquelle Flughafen Leipzig/Halle auf dem Rücken der Bürger. Dem Totschlagargument „ Arbeitsplätze“ steht der Artikel 2 des Grundgesetztes Absatz 2 gegenüber: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Es ist unglaublich, dass die nachweislich durch Fluglärm verursachten Gesundheitsschäden einfach ignoriert werden.
Dass ein Verkehrsminister Scheuer die mit höchstem Votum des Petitionsausschusses des Bundestages positiv beschiedene Petition „Gegen die Kurze Südabkurvung“ am Flughafen Leipzig/Halle einfach ad absurdum führen kann, macht wütend. Es ist kein Wunder, dass sich Demokratieverdrossenheit breit macht. Das darf Politik nicht zulassen!
Es geht nicht darum, den Flughafen zu verfluchen – es gibt ihn seit über 100 Jahren. Jedoch hat sich der haltlose, lobbygestützte Ausbau des Flughafens als Frachtdrehkreuz zu einem Fluch für die Anrainer entwickelt. Das Vertrauen in die jetzige Politik fährt immer mehr gegen Null!
Meine Fragen an Sie:
1. Wie werden Sie die Bürger der vom Fluglärm betroffenen Regionen der Stadt Leipzig vor der unausweichlichen enormen Steigerung des Fluglärms und der Umweltverschmutzung aufgrund des geplanten Ausbaus des Flughafens Leipzig/ Halle schützen?
2. Werden Sie sich gegen die Umsetzung einer CO2-Steuer positionieren?
3. Unterstützen Sie die Einführung einer Kerosinsteuer?
4. Wie werden Sie sich für die Umsetzung der positiv beschiedenen Petition bzgl. Nutzung der Kurzen Südabkurvung mit einem maximalen Abfluggewicht von 30t einsetzen?
Sehr geehrte Frau B.,
herzlichen Dank für Ihre vier Fragen, für deren gründliche Beantwortung ich mich an manchen Stellen tiefgründiger auseinandersetzen musste und die Beantwortung etwas mehr Zeit brauchte. Ich hoffe, dass Sie mir das nachsehen.
Nun zu Ihren Fragen:
1. Wie werden Sie die Bürger der vom Fluglärm betroffenen Regionen der Stadt Leipzig vor der unausweichlichen enormen Steigerung des Fluglärms und der Umweltverschmutzung aufgrund des geplanten Ausbaus des Flughafens Leipzig/ Halle schützen?
Als Landespolitikerin und Kandidatin für den nächsten Sächsischen Landtag arbeite ich dafür, dass wir GRÜNE möglichst alle Hebel nutzen, die im Handlungsbereich des Freistaates liegen: Der Freistaat kann nicht nur im Sinne des Gesundheitsschutzes regulierend eingreifen, sondern ist auch als Gesellschafter der Mitteldeutschen Airport Holding bei der Geschäftsstrategie der Holding nicht völlig ohne Einfluss: Die Möglichkeit eines Nachtflugverbotes, die Neuaufstellung der Fluglärmkommission und des Fluglärmbeauftragten als tatsächliche Interessensvertretung der Bevölkerung anstatt der bisherigen Vertretung von Unternehmensinteressen, die deutliche Einschränkung der Triebwerkprobeläufe unter freiem Himmel, die preisliche Spreizung der Landeentgelte als bewährtes Anreizinstrument zur Lärmreduzierung und eine gleichmäßigere Bedienung der Nord-und Südbahn. Für all diese Punkte wollen wir GRÜNE auf Landesebene spürbare Verbesserungen erreichen. Vor allem aber brauchen wir eine wirksame Lärmobergrenze, die dann auch konsequent durchgesetzt und regelmäßig kontrolliert wird.
2. Werden Sie sich gegen die Umsetzung einer CO2-Steuer positionieren?
Unabhängig davon, dass die Umsetzung einer CO2-Steuer auf Bundesebene entschieden wird: Wir GRÜNE wollen eine CO2-Steuer, die sozial ausgestaltet eine Lenkungswirkung erzielt, und so beispielsweise die Bahn gegenüber dem Flugverkehr deutlich stärkt. Nur so werden die Folgeschäden der fossilen Energienutzung stärker im Preis abgebildet, die Verursacher des Klimawandels werden zumindest anteilig an den von ihnen verursachten Kosten beteiligt und es werden Anreize gesetzt, klimafreundliche Alternativen zu wählen.
Damit das sozial gerecht ist, sollen alle Einnahmen aus der CO2-Steuer den Bürgerinnen und Bürgern wieder zurückgegeben werden. Ähnlich wie in der Schweiz soll das pro Kopf jährlich ausgezahlt werden. So werden beispielsweise Familien entlastet. Da Menschen mit geringem Einkommen im Schnitt wenig fliegen, in kleineren Wohnungen wohnen und kleine oder keine Autos nutzen, bekommen sie mehrheitlich deutlich mehr Geld zurück als sie über die Steuern bezahlt haben. Gutverdiener mit einem zu großem ökologischem Fußabdruck werden umgekehrt mehr Steuern zahlen als sie zurückbekommen. Das ist aber für diese jedoch kein existenzielles Problem. Zugleich wird eine Lenkungswirkung hin zu einem klimaschonenderen Verhalten erzielt.
3. Unterstützen Sie die Einführung einer Kerosinsteuer?
Unabhängig davon, dass dies ebenso auf Bundesebene entschieden wird: Ja, wir GRÜNE unterstützen eine Kerosinsteuer für Inlandsflüge, zugleich die Absenkung der Mehrwehrsteuer für den Bahnverkehr. Eine solche Kerosinsteuer sollte schrittweise eingeführt und über mehrere Schritte an den Steuersatz für Benzin angeglichen werden. Dieser liegt derzeit bei 65 Cent je Liter.
Mit den Einnahmen einer solchen Kerosinsteuer für Inlandsflüge kann im Gegenzug der Bahnverkehr günstiger ausgestaltet werden: Wir wollen den Mehrwertsteuersatz im Bahnverkehr von derzeit 19 Prozent auf den reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent umstellen. Hintergrund ist, dass der Luftverkehr als klimaschädlichster Verkehrsträger noch immer mit Milliardenbeträgen subventioniert wird, während die umweltfreundliche Bahn chronisch unterfinanziert ist.
Da es in diesem Bereich bisher auf europäischer und internationaler Ebene nur überschaubar Erfolge hinsichtlich einer fairen steuerlichen Belastung im Luftverkehr gab, wollen wir zumindest den ersten Schritt gehen und auf nationaler Ebene eine Kerosinsteuer im Zusammenhang mit der Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf 7 Prozent im Bahnverkehr einführen. Wir erhoffen uns, dass zumindest die vielen Inlandsflüge (rund 40 Prozent der Starts und Landungen in Deutschland sind Inlandsflüge) in den nächsten zehn bis 15 Jahren deutlich reduziert werden können.
4. Wie werden Sie sich für die Umsetzung der positiv beschiedenen Petition bzgl. Nutzung der Kurzen Südabkurvung mit einem maximalen Abfluggewicht von 30t einsetzen?
Ich werde alles dafür tun, dass die sogenannte „Kurze Südabkurvung‘ im rechtsstaatlichen Verfahren dauerhaft auf 30t begrenzt und nur tagsüber von 6 bis 22 Uhr genutzt werden darf.
Hintergrund: Die Kurze Südabkurvung wurde nur als Ausnahmevariante in den Planfeststellungsbeschluss zur Landebahn Süd geschrieben. Das heißt: Nur kleine Flugzeuge mit maximal 30t Startgewicht dürfen die Route, die vom Flughafen über den südlichen Auenwald führt, nutzen. Im Planfeststellungsbeschluss steht ganz klar: Nur in Ausnahmefällen und nur tagsüber. Das Bundesverkehrsministerium wäre also verpflichtet gewesen, die ihm unterstehende Deutsche Flugsicherung dazu zu verpflichten, die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Regeln zur „Kurzen Südabkurvung“ konsequent einzuhalten.
Sollten wir GRÜNE in die nächste Staatsregierung eintreten, möchte ich mit dafür sorgen, dass der Freistaat eine gleichmäßigere Bedienung von Nord- und Südlandebahn durchsetzt (siehe auch Frage 1) und das Bundesverkehrsministerium endlich die Deutsche Flugsicherung anweist, die im Planfeststellungsbeschluss definierten Regeln mit Beschränkung auf 30t bei der „Kurzen Südabkurvung“ umzusetzen und nach zwölf Jahren endlich den rechtsstaatlichen Zustand am Flughafen Leipzig-Halle wiederherzustellen.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen beantworten und werbe insbesondere in meinem Wahlkreis und in ganz Leipzig für ein starkes Mandat für den Gesundheitsschutz am Flughafen Leipzig-Halle – mit beiden Stimmen für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Maicher