Claudia Haydt
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Frage von Georg S. •

Frage an Claudia Haydt von Georg S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Frau Haydt,

darf ich sie bitten diese Fragen zu unserem Geld, welches die Basis für unser meist sehr wirtschaftliche ausgerichtete Handeln ist, zu beantworten.
vielen Dank
Georg Sohn

1. Ist Ihnen bekannt, dass das Privileg, Giralgeld zu erzeugen, weder in europäischen noch in deutschen Rechtsvorschriften explizit erwähnt und geregelt wird?

2. Ist Ihnen der Vorschlag der Vollgeldreform bekannt, demzufolge neues Geld nur noch durch die Zentralbanken als unabhängige vierte Staatsgewalt (die Monetative) in Umlauf gebracht werden soll?

3. Werden Sie sich in der nächsten Wahlperiode im Deutsche Bundestag dafür einsetzen, dass das vollständige staatliche Vorrecht auf Geldschöpfung gesetzlich verankert wird?

4. Ist Ihnen bekannt, dass der größte Teil des von uns verwendeten Geldes (das Giral- geld) durch private, gewinnorientierte Banken erzeugt und in Umlauf gebracht wird und nicht wie von den meisten Menschen vermutet durch staatliche Organe und dass diese Praxis auch von der Deutschen Bundesbank so bestätigt wird?

5. Halten Sie die private Banken-Geldschöpfung für gerechtfertigt oder sind Sie der Meinung, dass Geld nur von einer öffentlichen Institution erzeugt und in Umlauf gebracht werden sollte?

6. Ist Ihnen bekannt, dass durch die Wiederherstellung des staatlichen Vorrechts auf Geldschöpfung die derzeitige Staatsverschuldung zu einem großen Teil ohne Steuererhöhungen und Sparpakete beseitigen werden könnte und dass der IWF (Internationale Währungsfonds) in einer Studie aus dem Jahr 2012 bestätigt hat, dass dies ohne Inflationsgefahr möglich ist?

7. Was halten Sie davon, das Volk selbst über die gesetzlichen Grundlagen unseres Geldsystems abstimmen zu lassen?

Claudia Haydt
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Sohn,

Herzlichen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Position zum Giralgeld. Die Entstehung von privatem Giralgeld durch die Kreditvergabe von Banken ist mir bekannt - genauso wie die "Vollgeld"-Theorie, die von Irving Fisher inspiriert wurde.

Sie sprechen in Ihren Fragen ein zetrales Problem der Gegenwart an. Gegenüber der gigantischen Summe des Giralgelds ist der Wert der umlaufenden Münzen und Geldscheine fast bedeutungslos. Dieser kaum kontrollierbare und ausufernde Prozess der privaten Geldschöpfung kann entweder durch Mindestreservevorschriften in Kombination mit Kapitalverkehrskontrollen limitiert werden oder durch die öffentliche Kontrolle und strikte Regulierung des gesamten Bankensystems nach dem Vorbild der Sparkassen- und Genossenschaftsbanken.

In jedem Fall muss die hemmungslose Geldschöpfung der privaten Banken unterbunden werden. Letzten Endes ist das ein Kernproblem der Finanzkrisen. Deshalb muss die Giralgeldschöpfung des Geschäftsbankensystems wieder uneingeschränkt öffentlich kontrolliert werden. Die Kreditschöpfung übt einen wichtigen Einfluss auf zentrale makroökonomische Größen und Vermögenspreise aus. Die Krise hat gezeigt, dass die Geschäftsbanken mit dieser Verantwortung überfordert sind.

Für DIE LINKE spielt die Wiederherstellung der staatlichen Geldschöpfung eine zentrale Rolle bei der Lösung der gegenwärtigen Krise . In einem festgelegten Rahmen sollen die öffentlichen Haushalte direkt von der Europäischen Zentralbank Kredite bekommen. So wird der öffentliche Finanzierungsbedarf der Staaten von der Diktatur der Finanzmärkte befreit und eine Beteiligung von Banken, Hedgefonds und reichen Großanlegern an den Krisenkosten ermöglicht. Allerdings setzt sich DIE LINKE auch vehement für höhere Steuern für die Superreichen ein, wie zum Beispiel durch eine Millionärssteuer auf Einkommen und Vermögen. Ich denke, dass dies neben der Verteilungsgerechtigkeit auch in einem Modell einer staatlichen Kreditschöpfung wichtig ist, um die Staatsverschuldung in sinnvollen Grenzen zu halten. Die Monetisierung der Staatsdefizite allein löst die Verteilungsfrage nicht. Außerdem müssen die privaten Banken in öffentliches Eigentum und Kontrolle überführt und der Finanzsektor verkleinert werden. Mit diesen Maßnahmen könnte die sogenannte Staatsschuldenkrise ohne Kürzungen von Löhnen, Renten oder Sozialleistungen bewältigt werden.

Die Macht des Finanzsektors ist ein direkter Angriff auf die Demokratie. DIE LINKE wird diese Problematik auch nach der Wahl wieder zu einem Top-Thema machen. Die demokratische und öffentlichen Kontrolle der Geldschöpfung wird dabei eine wichtige Rolle spielen.

Beste Grüße,

Claudia Haydt