Frage an Clara West von Sylvia-Fee W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau West,
können sie sich vorstellen, nach der Wahl am 18.September, vorausgesetzt sie schaffen den Weg ins Parlament, einen Berliner Weg zu gehen, was z.B. den Mindestlohn betrifft.
Was zum Beispiel Beschäftigungsgesellschaften (nicht für EIN Euro sondern auch mit gedachtem Mindestlohn betrifft).
Sehen sie in ihrer Fraktion dafür eventuell eine Mehrheit.
Der Berliner Weg bezeichnet ja oft auffällige Trendwege die einmalig im Bundesgebiet sind.
Ist so ein Vorgehen für Sie in Berlin und mit der SPD denkbar?
Sehr geehrte Frau Wadehn,
vielen Dank für Ihr Schreiben und für Ihr Interesse an den bevorstehenden Wahlen.
Grundsätzlich wird sich die Berliner SPD bundesweit für einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro einsetzen. In der nächsten Legislaturperiode wollen wir das Berliner Vergabegesetz entsprechend so anpassen, dass nur Firmen einen öffentlichen Auftrag erhalten können, die auch diesen Mindestlohn zahlen.
Ihre Frage beantworte ich auch deshalb sehr gerne, weil ich mich schon seit Langem für den öffentlichen Arbeitsmarkt einsetze. Er ist ein entscheidendes Instrument des von Ihnen skizzierten "Berliner Weges", den der SPD-geführte Senat schon seit einiger Zeit geht. Im Rahmen dieses öffentlich geförderten Beschäftigungssektors (ÖBS) stockt das Land arbeitsmarktpolitische Instrumente des Bundes auf. So werden Arbeitsplätze jenseits von Hartz-IV geschaffen, die Menschen eine sinnvolle Beschäftigung dort bieten, wo sie tatsächlich gebraucht werden und ihre Fähigkeiten einbringen können. Darüber hinaus haben sie wieder eine Chance, in die Rentenkasse einzuzahlen, was Hartz-IV-Empfängern seit Kurzem aufgrund eines Beschlusses der schwarz-gelben Bundesregierung für nicht mehr möglich ist. Im Gegensatz zum "Bürgerarbeitsmodell" der Bundesregierung verdienen die Beschäftigen beim ÖBS so viel, dass sie nicht ergänzend Hartz-IV beziehen müssen, sondern von ihrer Arbeit leben können.
Bei meinen Gesprächen mit vielen Trägern hier vor Ort wurde deutlich, dass beide Seiten etwas vom ÖBS haben, Träger und Beschäftigte. Gerade Langzeitarbeitslose und Arbeitslose jenseits der 50 haben es sehr schwer, auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt eine Stelle zu finden. Es reicht nicht aus, diese Menschen wahllos zu qualifizieren oder von einer in die andere Maßnahme zu stecken. Sie verdienen eine echte Chance. Der ÖBS bietet ihnen eine Perspektive jenseits von Hartz-IV und Beschäftigungstherapie.
Erfolgreiche Projekte wie die flexible Kinderbetreuung von Paula Panke e.V. zeigen, dass es nicht an sinnvollen Aufgaben mangelt, bei denen sich gerade Menschen mit großer Lebenserfahrung gut einbringen könnten.
Ich will Ihnen jedoch nicht verschweigen, dass es aufgrund des restriktiven Vorgehens der Bundesregierung und der schwierigen Haushaltslage zu Kürzungen im Berliner ÖBS gekommen ist. Grundsätzlich brauchen wir meiner Meinung nach jedoch nicht weniger, sondern mehr ÖBS-Stellen in Berlin, die zudem auch langfristiger ausgelegt werden sollten. So sollte eine erste Befristung nur dazu dienen, dass geklärt werden kann, ob der Beschäftigte wirklich zu der entsprechenden Stelle passt und umgekehrt. Sollte das der Fall sein, müsste eigentlich ein unbefristeter Vertrag m glich gemacht werden, gerade bei denjenigen, die weniger als zehn Jahre bis zur Rente haben. Darüber hinaus müssten Beschäftigte die Möglichkeit erhalten, sich im Rahmen der Beschäftigung, der sie nachgehen, gezielt zu qualifizieren.
Je voller man den Mund vor der Wahl nimmt, desto größer werden schlimmstenfalls die Kröten, die man nach der Wahl schlucken muss. Das ist nicht mein Stil. Auch deshalb kann und will ich Ihnen nicht versprechen, dass beim ÖBS nach der Wahl alles so kommt, wie ich mir das vorstelle. Aber ich verspreche Ihnen, dass ich mich nach besten Kräften dafür einsetzen werde.
Mit freundlichen Grüßen
Clara West