Frage an Clara Herrmann von B.A. L. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Herrmann,
ich bewohne die Karl-Marx-Allee und möchte zu meiner Meinungsbildung einige Fragen an Sie richten. Ich bedauere, dass mir dies nicht auf realem Wege ( oder zeigen sie im Wahlkampf im Bezirk Präsenz?) möglich ist.
1. allgemeiner Teil
wie stehen Sie zur immer weiter zunehmenden GENTRIFICATION in unserem schönen Bezirk, vor allem im Simon-Dach-Kiez, ( man kann hier schon fast von Mallorca-Feeling sprechen), durch Prestige-Projekte wie den Bau eines weiteren Kommerziellen Zentrums Zwischen Ostbahnhof und Warschauer Straße oder die Sanierung Ostkreuz.
2. Bitte konkret werden
2.1.
Brauchen wir in Berlin Innenstadt Ost immer wieder ein seelenloses Shopping-Center nach dem anderen?
2.2.
Welche Städtebaulichen Projekte befinden sich derzeit in Planung, die dem Bürger Raum geben, in dem er sich verwirklichen kann, ohne am immer präsenter werdenden Konsum teilnehmen zu müssen.
3. Platz für freie Reflexionen
In der Oranienstraße 36 Berlin Kreuzberg ist der Jugendclub TEK dazu gezwungen, auszuziehen. Grund dafür ist der Kauf des betreffenden unsanierten Altbauhauses durch eine Grundstücksgesellschaft, die beabsichtigt, das Haus zu sanieren. Diese Haussanierung schlägt sich dann natürlich auch im Mietpreis nieder: eine Verdreifachung der Miete auf 3000 Euro im Monat. In der Konsequenz heißt dies wiedereinmal, dass ein soziales Projekt in einem sozialen Brennpunkt dem Gewinnstreben von Einzelpersonen ( der Grundstücksgesellschaft) zum Opfer fällt. Der Senat ( egal welcher Couleur) setzt dem nichts entgegen, er hat die Häuserverkäufe ja sogar als Sparmaßnahme "verordnet". These: Die armen Kids werden ärmer, denn sie verlieren einen der wenigen lebenswerten Orte im Kiez, die reichen Herren werden reicher, sie sanieren und verlangen dann das dreifache. bitte diskutieren Sie!
viele Dank für ihre Antwort, dir mir als Grundlage meiner Wahlentscheidung dienen wird.
B.A.Lorenz
Hallo B.A. Lorenz,
unter den jeweiligen Fragen finden Sie meine Antworten, entschuldigen Sie bitte die verspätete Beantwortung der Fragen, es sind einige Kommunikationskomplikationen aufgetreten, so dass ich Ihre Frage erst kürzlich erhalten habe.
1. allgemeiner Teil
wie stehen Sie zur immer weiter zunehmenden GENTRIFICATION in unserem schönen Bezirk, vor allem im Simon-Dach-Kiez, ( man kann hier schon fast von Mallorca-Feeling sprechen), durch Prestige-Projekte wie den Bau eines weiteren Kommerziellen Zentrums Zwischen Ostbahnhof und Warschauer Straße oder die Sanierung Ostkreuz.
Der Simon-Dach ist kein Teil meines Wahlkreis ? im Wahlkreis 4 ist von Gentrification noch nicht viel zu spüren. Sie haben ein in manchen Teilen des Bezirkes reales Problem angesprochen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben im Bezirk immer eine Politik vertreten, die sich gegen soziale Verdrängung
und Mieterhöhungen engagiert. Dagegen fordern wir die Ausweisung von Mileuschutzgebieten. Damit werden die MieterInnen vor Luxusmodernisierungen geschützt, weil durch eine Mietobergrenze die Modernisierungsumlage begrenzt wird. Der rot - rote Senat hätte verhindern müssen, dass es in solchen Gebieten dazu kommt, dass Mietwohnungen in Wohneigentum umgewandelt werden. Diese Umwandlungen sind regelmäßig der Motor für Immobilienspekulanten, die bisherigen MieterInnen zu vertreiben, das Haus zu parzellieren und die Wohnungen zu überhöhten Preisen zu verscherbeln. Ich und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden dagegen den Schutz der MieterInnen weiterhin einfordern. Wir haben politische Visionen, die es gilt voranzutreiben. Einige davon sind: warum müssen MieterInnen ihre Modernisierungsumlage von 11% eigentlich endlos bezahlen, wenn de Modernisierung nach zehn Jahren abbezahlt sind? Und warum ist innerhalb von drei Jahren eine Mieterhöhung von 20% ohne Wohnwertverbesser
ung möglich, wenn die durchschnittliche Inflationsrate nur ca. 2 - 3% beträgt?
Wir werden nicht lockerlassen und kämpfen auch weiterhin dafür, die MieterInnen vor unbezahlbaren Mieterhöhungen und vor Verdrängung zu schützen. Gerade weil im Bezirk viele einkommensschwache Haushalte existieren, müssen ausreichend bezahlbare Wohnungen zur Verfügung stehen.
Des weiteren unterstützen wir Genossenschaftsmodelle, die den Wohnraum dem privaten Wohnungsmarkt entziehen und gleichzeitig bezahlbare Mieten sichern. Genossenschaften haben den großen Vorteil, dass dabei Flexibilität, Transparenz und Mitbestimmung möglich ist.
2. Bitte konkret werden
2.1.
Brauchen wir in Berlin Innenstadt Ost immer wieder ein seelenloses Shopping-Center nach dem anderen?
Nein, brauchen wir nicht, und haben und werden wir Grüne auch nicht unterstützen.
2.2.
Welche Städtebaulichen Projekte befinden sich derzeit in Planung, die dem Bürger Raum geben, in dem er sich verwirklichen kann, ohne am immer präsenter werdenden Konsum teilnehmen zu müssen.
Franz Schulz, der grüne Baustadtrat, hat eine ganze Reihe solcher "Freiräume" in den vergangenen Jahren geschaffen bzw. gefördert: Neue Grünflächen (Beispiel Gleisdreieck) und Zwischennutzung von Brachen (Bsp. RAW-Tempel). Ein solches Projekt in Entstehung wäre z.B. der Spreewanderweg.
3. Platz für freie Reflexionen
In der Oranienstraße 36 Berlin Kreuzberg ist der Jugendclub TEK dazu gezwungen, auszuziehen. Grund dafür ist der Kauf des betreffenden unsanierten Altbauhauses durch eine Grundstücksgesellschaft, die beabsichtigt, das Haus zu sanieren. Diese Haussanierung schlägt sich dann natürlich auch im Mietpreis nieder: eine Verdreifachung der Miete auf 3000 Euro im Monat. In der Konsequenz heißt dies wiedereinmal, dass ein soziales Projekt in einem sozialen Brennpunkt dem Gewinnstreben von Einzelpersonen ( der Grundstücksgesellschaft) zum Opfer fällt. Der Senat ( egal welcher Couleur) setzt dem nichts entgegen, er hat die Häuserverkäufe ja sogar als Sparmaßnahme "verordnet". These: Die armen Kids werden ärmer, denn sie verlieren einen der wenigen lebenswerten Orte im Kiez, die reichen Herren werden reicher, sie sanieren und verlangen dann das dreifache. bitte diskutieren Sie!
Wir und auch das Bezirksamt machen sich für die TEK stark. Die Arbeit des Teams wird von uns unterstützt, gefördert und findet über die Bezirksgrenze hinweg Annerkennung.
Das Problem ist dabei nur, dass es sich bei dem Verfahren, um eine privatrechtliche Sache handelt. Die Politik kann momentan nur eine aktive Rolle übernehmen, in dem sie versucht eine moderierende Funktion zwischen den Streitparteien einzunehmen. Eine andere Möglichkeit wäre auf höherer Ebene die Rechtslage zu verändern, das allerdings könnte wiederum privatrechtliche Einschränkungen zur Folge haben und steht momentan nicht zur Debatte.
Es ist versucht worden auf den neuen Besitzer des Hauses zuzugehen und über Dreiergespräche die Mieterhöhungen zu verhindern, allerdings zeigt sich der Besitzer leider nicht sonderlich kooperativ. Weiterhin wird versucht eine Einigung der Parteien zu finden, wenn das allerdings nicht gelingen sollte muss die TEK die Räumlichkeiten verlassen. Dann sollten gemeinsam von politischer und Trägerseite her neue geeignete Räumlichkeiten gefunden werden. Ihre Abschlussthese scheint sich also auf der einen Seite zu bestätigen. Aber es gibt durchaus kooperative private Hausbesitzende. Wenn sich der gesellschaftliche und öffentliche Druck über solche Vorgehensweisen verschärft, einige der unter Punkt eins aufgeführten Maßnahmen durchgeführt werden, denke ich, dass sich Verdrängungen verhindern lassen. Es gilt die für den Kiez und die Jugendlichen wichtige Einrichtungen vor Ort zu erhalten (im Fall TEK evt. in anderen Räumlichkeiten) und finanziell zu fördern. Der rot ?
“ rote Senat hat allerdings genau Gegenteiliges vollzogen und die Mittel für die Jugendhilfe in der letzten Legislaturperiode um einen dreistelligen Millionenbetrag gekürzt.
Selbstverständlich haben Sie auch die Möglichkeit das persönliche Gespräch mit mir zu führen. Ich hänge nicht nur Plakate selbst, sondern bin bereits die letzten Wochenenden, jeweils Freitags und Samstags, mit anderen Bündnisgrünen an Ständen zu finden. Auch auf den verschiedenen Festen und Veranstaltungen (wie am vergangenen Samstag dem schwul- lesbischen Parkfest) im Kiez war und werde ich zu finden sein. Die nächste Gelegenheit haben Sie am Dienstag abend vor dem Freiluftkino Friedrichshain oder am Donnerstag, 17.8 bei dem Wahlkampfauftakt von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Turnhalle Sonntagstr./Ecke Holteistr. ab 19 Uhr. Sonst können Sie weitere Fragen auch gerne per Mail an mich richten.
Mit freundlichen Grüßen,
Clara Herrmann