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Frage von Margret S. •

Frage an Christopher Gohl von Margret S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Gohl,

ich habe mich gerade auf der Homepage der Initiative „Ich bin keine Fallpauschale“ informiert. Diese fordert für die Schwerst- und Spezialfälle an den Universitäts-Kinderkliniken umgehend eine faire und kostendeckende Vergütung, die sich am tatsächlichen Behandlungs- und Pflegeaufwand orientiert.
Denn an deutschen Universitäts-Kinderkliniken herrscht akuter finanzieller Notstand: Dort sammeln sich kostenintensive Schwerst- und Spezialfälle. Jedoch werden die entstehenden Kosten aufgrund der geltenden Fallpauschalenregelung oft nur zu einem Teil erstattet und müssen von den Kliniken mit getragen werden.

Die Folgen: Die Behandlung und Pflege kranker Kinder verschlechtert sich, da die Universitäts-Kinderkliniken dazu gezwungen sind, die entstehenden Millionendefizite durch Stellenabbau bei Ärzten und Pflegepersonal auszugleichen.

Ein erster Schritt sind der Versorgungszuschlag und die Analyse der Extremkostenfälle, die am 14. Juni 2013 im Bundestag beschlossen wurden. Jedoch reichen diese Maßnahmen bei Weitem nicht, um die an deutschen Universitäts-Kinderkliniken in den letzten Jahren entstandenen und entstehenden Defizite zu decken. So ist es mittlerweile leider die Regel, dass Pflege- und Arztpersonal über Eltern- und Fördervereine mitfinanziert werden.
Was benötigt wird, ist eine kostendeckende Finanzierung – umgehend. Damit auch in Zukunft alle Kinder gut versorgt werden können.
Die Erfahrungsberichte aus den Universitäts-Kinderkliniken haben mich sehr bewegt.

Was werden Sie tun, damit sich bei diesem wichtigen Thema in naher Zukunft etwas verändert?

Mit freundlichen Grüßen

Margret Schill

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Schill,

verzeihen Sie bitte, dass ich Ihnen erst heute auf Ihre Frage antworte. Die Zeit für meine Kandidatur auf einem aussichtslosen Platz muss ich in meiner Freizeit finden, das geht auch zu Lasten meiner Familie, so dass ich Sie bitte, mir meine bisherige Prioritätensetzung nachzusehen.

Ihre Frage nach der Finanzierung insbesondere von Schwerst- und Spezialfällen an Kinderkliniken bewegt mich auch als Familienvater. Sie sprechen einen ersten Schritt der Bundesregierung an, das Problem einer angemessenen Finanzierung der Höchstleistungsmedizin zu lösen. Den Uniklinika und der Politik verschafft dieses Sofortprogramm zwei Jahre Zeit verschafft, um dieses Problem anzugehen, dass sich offenbar im heutigen System der Fallpauschalen nicht angemessen abbilden lässt. Als Tübinger Abgeordneter würde ich diesen Prozess intensiv begleiten, um zu einer Lösung beizutragen, die das Fallpauschalensystem um Zusatzentgelte für Extremkostenfälle ergänzt.

Die Versorgung von Kindern ist allerdings nur Teil eines größeren Bildes - und das ist ebenfalls nicht schön. Wir müssen uns der Realität stellen und nichts schönreden: Fortgesetzte Kürzungen und Kostensteigerungen bedrohen die Patientenversorgung und die Wirtschaftlichkeit des Uni-Klinikums. Sie überlasten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und lösen Frustration, Wut, Ohnmacht aus, der sich in einem alarmierender Stand der Überlastanzeigen zeigt - 400 in 2012, fast doppelt so hoch wie 2011. Das bedroht auch die Bereitschaft, die Pflege als Beruf zu wählen und führt dazu, dass Maßnahmen nicht mehr allein nach Sinnhaftigkeit, sondern auch nach ökonomischen Kriterien vorgenommen werden. Es darf aber nicht sein, dass beispielsweise Ärzte die Entscheidung für die Einleitung eines Kaiserschnitts mit besserer Abrechnung begründen, oder dass die Zahl der finanziell lukrativen Bandscheiben-Operationen wieder ansteigt, wie ich das aus vertraulicher Quelle höre.

Die Entlastung der Mitarbeiter hängt wesentlich am Budget, das von vielen verschiedenen Seiten unter Druck ist. Einerseits steigen die Ausgaben für Energie, Medizin und Tariflöhne. Und weil die Klinik so einen guten Ruf hat, kommen besonders schwere Fälle aus ganz Deutschland nach Tübingen - eben deswegen brauchen wir die Überprüfung und Anpassung des Systems der Fallpauschalen in der Höchstleistungsmedizin. Andererseits hat die Uniklinik in den vergangen Jahren Investitionskosten in zweistelliger Millionenhöhe übernommen, obwohl Investitionen in Uniklinika nach dem Gesetz von der öffentlichen Hand - dem Land - bezahlt werden müssen. Die Grün-rote Landesregierung steht hier in der Pflicht, die aufgelaufenen und die künftigen Investitionskosten zu übernehmen und, wie versprochen, endlich den Investitionsstau von 1 Milliarde Euro an den Kliniken im Land abbauen. Baustellen dürfen nicht durch Personalstellen finanziert werden!

Bedingt durch den medizinischen Fortschritt und durch eine kontinuierlich älter werdende Gesellschaft ist davon auszugehen, dass die Kosten des Gesundheitswesens in den kommenden Jahren überproportional steigen, eine Steigerung entlang der Inflationsrate oder der Grundlohnsumme also für eine angemessene Finanzierung nicht ausreichen wird. Gerade deshalb aber ist es erforderlich, in allen Bereichen auf einen wirtschaftlichen und sparsamen Einsatz knapper Mittel zu achten. Dieser darf aber nicht zu Lasten des menschlichen Umgangs mit Kranken gehen. Beides zu vereinen: Effizienz und Menschlichkeit, um gute Gesundheit für jeden gewährleisten zu können, ist nach meinem Dafürhalten die große Herausforderung der Gesundheitspolitik in den kommenden Jahren.

Mit freundlichen Grüßen,
Christopher Gohl