Frage an Christoph Strässer von Peter L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Strässer,
ein Frage zu dem Bankenrettungsfond.
Die Verwendung der mit Steuergeldern gesicherten Mittel des Bankenrettungs-Fonds durch die Finanzmarktstabilisierungsanstalt wird der Geheimhaltung unterliegen.
Die Anstalt wird nicht verpflichtet sein, öffentlich über einzelne Maßnahmen zu berichten. Sie muss nur gegenüber einem noch einzurichtenden und zu wählenden Bundestagsausschuss berichten, der seinerseits auch der Geheimhaltung unterliegen soll.
Über Grundsatzfragen soll ein Lenkungsausschuss entscheiden, in dem Vertreter mehrerer Bundesministerien, Ländervertreter sowie ein Berater der Bundesbank sitzen.
Ist das die neue Transparenz im Bankenwesen, die seitens der Politik angekündigt wurde?
Sehr geehrter Herr Lange,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage vom 20. Oktober 2008 zur Finanzkrise sowie den Bankenrettungsfonds und dessen Ausgestaltung. Gerne möchte ich auf Ihre Kritik eingehen.
Das von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Stabilisierungspaket für die Finanzmärkte ist ein erster wichtiger Schritt in der aktuellen Krise. Dennoch bin ich überzeugt, dass dies nicht die einzige Anstrengung bleiben darf. National, auf europäischer und internationaler Ebene müssen Mechanismen und Regeln eingeführt werden, die auch zukünftig krisenhaften Entwicklungen frühzeitig erkennen lassen und rechtzeitige Steuerungsmaßnahmen ermöglichen.
Dazu gehört auch die von Ihnen angemahnte Transparenz im Finanz- und Bankwesen. Die aktuelle Situation ist ein Indiz dafür, dass in der Vergangenheit offenbar nicht immer die richtigen Maßnahmen ergriffen wurden, um die Finanzwelt zu kontrollieren. Daher muss es perspektivisch darum gehen, solide Strukturen zu schaffen, die auf Kooperation und Kontrolle im globalen Finanzsystem setzen.
Dazu zählt zum Beispiel, dass die Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen aus dem Bankenrettungsfonds mit der Übernahme von Anteilen oder Aktien der Bank seitens des Staates einhergeht und diesem Bestimmungs- und Mitspracherechte in dem Unternehmen eingeräumt werden. Auch der von Ihnen angesprochene Lenkungsausschuss ist ein Instrument der Kontrolle.
Gleichwohl teile ich Ihre Einschätzung, dass die Herstellung der erforderlichen Transparenz auf diesem Wege noch nicht gewährleistet ist. Nach derzeitigem Stand werden die Bundesregierung und der erwähnte Lenkungsausschuss maßgebliche Kontrolle über die Verwendung der Gelder aus dem Fonds ausüben. Ich befürworte hingegen eine stärkere Einbindung des Parlamentes in diese Prozesse. Immerhin entscheidet das Parlament jährlich über den Haushalt und damit über die Verwendung der Steuergelder -- aber die Verwendung des Geldes aus dem Bankenrettungsfonds, die ebenfalls Steuergelder sind, bleibt den Entscheidungsbefugnissen des Parlamentes entzogen.
Diese Kritik sollte jedoch nicht daran hindern, zukunftsweisende Maßnahmen für die Finanzpolitik zu entwickeln und zu etablieren.
Dies gilt besonders für den internationalen Rahmen. Wir stehen vor den Türen zu einer multipolaren Finanzwelt. Diese muss kooperativer als das bisherige neoliberale, anglo-amerikanisch geprägte Modell gestaltet werden. Europa und Deutschland können hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Die Wirtschafts- und Finanzpolitik muss stärker koordiniert werden, damit die Stabilität entfalten kann. Dazu gehört auch der Ausbau der Kooperation mit Schwellenländern wie Brasilien, Indien oder China. Der Einbezug möglichst vieler Länder in die internationale Kooperation und Kontrolle der Weltwirtschaft sichert größtmögliche Stabilität. Die Entwicklung eines europäischen Stabilitäts- und Sicherungsfonds ist ein weiteres stützendes Element.
Schließlich müssen klare und verbindliche Regeln für die Finanzmärkte etabliert und ihre Einhaltung kontrolliert werden. Die Einführung neuer Finanzprodukte sollte stärkerer Aufsicht unterliegen, etwa in Form eines Finanzmarkt-TÜVs. Auch die deutsche Finanzaufsichtsbehörde BaFin als zentrale Aufsichtsinstanz muss in jeder erdenklichen Hinsicht dabei unterstützt werden, ihre Aufgaben besser wahrnehmen zu können.
Nach den Ereignissen der letzten Wochen sollten wir nicht nur mit Finanzspritzen das derzeitige System stabilisieren. Wir wollten eine intensive Debatte darüber führen, wie wir das Finanzsystem und die Weltwirtschaft zukunftsfähig, sozial und transparent gestalten können.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen dargelegt zu haben, dass auch ich für eine stärkere Transparenz in der Finanzpolitik eintrete und darauf hoffe, dass wir aus den vergangenen Fehlern lernen und zukunftsfähige Strukturen und Mechanismen entwickeln werden, zu denen auch eine stärkere Transparenz und Kontrolle gehören.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Strässer (MdB)