Frage an Christoph Strässer von Andreas R. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Strässer,
Justizirrtümer sind glücklicherweise selten. Dennoch treten sie auf. Die Entschädigung pro Tag, wenn jemand unschuldig ins Gefängnis muss, beträgt 11 Euro. Für mich trifft diese Summe ins Mark!
Wenn ich mir etwa vorstellen müsste, ein Jahr lang unschuldig ins Gefängnis zu müssen, dadurch mein Privatleben, vielleicht meine Partnerin, meinen Beruf verlieren würde, für immer mit einem Makel behaftet bin, Träume nicht erfüllen kann, im Gefängnis der Brutalität der Mitgefangenen ausgesetzt bin, und am Ende mit 11 Euro pro Tag abgespeist werde, also am Ende gerade einmal etwa 4000 Euro für ein ganzes Jahr (= 365 x 11), dann ist das eine kaum vorstellbare Ungerechtigkeit im Justizsystem.
Wenn man mich fragen würde, was mir ein solches Jahr verlorener Lebenszeit und der damit verbundenen Schwierigkeiten Wert wäre, so wäre diese Zeit unbezahlbar und wenn, dann wäre hier sicher eine Entschädigung von mehreren 100.000 Euro angebracht.
Ich frage Sie daher, wie Sie als Mitglied des Rechtsausschusses planen, diese Ungerechtigkeit zu beseitigen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Reichhardt
Sehr geehrter Herr Reichhardt,
ich danke Ihnen für ihre Anfrage zum Thema Haftentschädigung.
Im Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen ist geregelt, dass jemand, der aufgrund eines späteren Freispruchs, einer Strafmilderung oder einer Verfahrenseinstellung zu Unrecht inhaftiert wurde, 11,00 € für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung erhält. Mit diesem Betrag ist aber nur der immaterielle Schaden abgedeckt, also der Schaden, der nicht Vermögensschaden ist. Zusätzlich und unabhängig davon sieht das Gesetz vor, dass der durch die Inhaftierung entstandene Vermögensschaden ersetzt wird. Davon umfasst sind zum Beispiel der Verdienstausfall, die Kosten der Verteidigung gegen die Inhaftierung oder der Schaden durch den Verlust des Arbeitsplatzes.
Derzeit prüft das Bundesministerium der Justiz, ob und inwieweit der Haftentschädigungsbetrag in Höhe von 11,00 € pro Tag angemessen erhöht werden kann. Die notwendigen Erhebungen zu dieser Frage dauern allerdings noch an. Unabhängig davon sind wir uns einig, dass es kaum angemessene Entschädigungen geben und der persönliche immaterielle Schaden ausgeglichen werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Strässer