Frage an Christoph Strässer von peter g. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Lieber Herr Strässer,
anl. der Unabhängigkeitserklärung des Kovoso hörte ich Ausschnitte aus einer Debatte im Radio, konnte aber nicht feststellen, welcher Sender.
Es ging darum, dass der jetzigen Regierung vorgeworfen wurde/wird, sie sei in Drogen-/Waffengeschäfte verstrickt
(Untersuchung / Bericht des BND??)
Einer der Diskutanten sagte sinngemäß, die Unabhängkeitserklärung verstoße gegen das Völkerrecht.. (?)
Haben Sie Informationen?
Wie ist Ihr Standpunkt?
Vielen Dank
Peter Grohmann
Sehr geehrter Herr Grohmann,
Es wird allgemein davon ausgegangen, dass sowohl Unabhängigkeitserklärungen als auch Anerkennungen einen rein deklaratorischen Charakter haben, das heißt, sie sind nur Indizien für das Entstehen eines Staates. Eine solche Handlung ändert also nichts an der Rechtslage für einen Staat, sondern ebnet nur den Weg für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Damit verstoßen die Erklärung des Kosovo und die Anerkennung durch die Bundesrepublik nicht gegen das Völkerrecht. Die Anerkennung durch mehrere Staaten ist vielmehr nur ein Hinweis darauf, dass im Kosovo ein Völkerrechtssubjekt, also ein neuer Staat, entstanden ist.
Abgesehen von der juristischen Streitfrage besteht aber eine politische Notwendigkeit der Unabhängigkeit des Kosovo. Neun Jahre wurde versucht eine einvernehmliche Lösung mit Serbien zu erreichen. Dies ist unter deren energischem Widerstand gescheitert. Es gab zahlreiche Bemühungen sowohl durch die UNO und ihrem Beauftragten Athisaari als auch durch die sogenannte „Troika“, der auch Deutschland angehörte.
Die Unabhängigkeitserklärung muss nun ein Schlusspunkt unter dem gewaltsamen Verfall des ehemaligen Jugoslawien sein. Den Menschen muss eine konkrete Perspektive für Wohlstand, Frieden und ein besseres Leben gegeben werden.
Auf lange Sicht muss ohnehin das Ziel sein, Serbien und den Kosovo in einem vereinten Europa zu integrieren. Die Unabhängigkeit des Kosovo ist ein notwendiger Zwischenschritt, bevor beide Nationalstaaten gemeinsam in Europa aufgehen können.
Die Entscheidung der Bundesregierung den Kosovo anzuerkennen war also sowohl juristisch als auch politisch die einzige Option.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Strässer