Frage an Christoph Strässer von Lars H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Strässer,
ich möchte aus dem Reichsgesetzblatt vom 28.02.1933 zitieren:
Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat
§1
...
"Es sind daher Beschränkungen der persönlichen Freiheit, des Rechts der freien Meinungsäußerung, einschließlich der Pressefreiheit, des Vereins- und Versammlungsrechts, Eingriffe in das Brief-, Post-, Telegaphen- und Fernsprechgeheimnis, Anordnungen von Haussuchungen und von Beschlagnahmen sowie Beschränkungen des Eigentums auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten gesetzlichen Grenzen zulässig."
Was denken Sie, wie weit wir, angesichts aktueller Forderungen unseres Innenministers zu (u.a.) Onlinedurchsuchungen, Internierung und "Target Killing", noch von solchen Meldungen entfernt sind?
Mit freundlichen Grüßen
Lars Hummert
Sehr geehrter Herr Hummert,
ich danke Ihnen für Ihre Zuschrift vom 08.07.2007. Ihre inhaltliche Kritik an den Vorstellungen von Herrn Innenminister Schäuble zur Inneren Sicherheit teile ich im Wesentlichen. Insbesondere die jüngsten Vorschläge, die Sie angesprochen haben, sind mit mir jedenfalls nicht zu machen. Ich teile in dieser Frage voll und ganz die Auffassung meines Fraktionsvorsitzenden Peter Struck, der von einem "Amoklauf" des Innenministers gesprochen hat, wie auch die Kritik des Vorsitzenden der GdB, Konrad Freiberg. Wir stehen mehr und mehr in der Gefahr, durch Einschränkungen der in langen Jahrhunderten erkämpften Freiheitsrechte einen Königsweg zur Bekämpfung des Terrorismus zu sehen. Das Gegenteil ist richtig: Ohne Freiheit wird es keine Sicherheit geben, wer die Freiheit auf Kosten der Sicherheit einschränkt, wird beides verlieren (so schon Benjamin Franklin). Wir sind mit unserer Sicherheitsstruktur für die Auseinandersetzung auch mit dem Terrorismus gut aufgestellt und sollten uns vor Panikmache hüten. Keiner der terroristischen Anschläge, selbst der des 11.09.2001, hätte verhindert werden können, wenn die Maßnahmen des Herrn Schäuble in Kraft gewesen wären. Wer solche Forderungen aufstellt, wer die Bundeswehr über das bereits erlaubte im Innern einsetzen will, der legt die Axt an die Grundlagen der Verfassung.
Weil aber die Reaktion so heftig ist und aus allen Fraktionen des Deutschen Bundestags erheblicher Widerstand geleistet wird, glaube ich kann man die heutige Situation mit der des 28.02.1933 nicht vergleichen. Demokratie und Rechtsstaat heute sind stärker und stabiler als seinerzeit, so dass ich guter Hoffnung bin, dass solche Anschläge auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit am Widerstand der Demokraten scheitern werden - innerhalb wie außerhalb des Parlaments.
Christoph Strässer