Frage an Christoph Strässer von Wolfgang M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Strässer !
Nachdem ich vor einigen Tagen Herrn Laumann und Herrn Hoevermann zur aktuellen Gesundheitsreform im Rahmen der Kammerversammlung der ZÄKWL in Dortmund gehört habe , wäre ich sehr interessiert daran, wie Sie sich in der Frage der Gesundheitsreform / VAäG und WSG stellen. Ist ein solcher Bürokratismus von gesundem Menschenverstand nicht aufzuhalten? Wo fängt eigentlich die eigene Gewissensentscheidung des Abgeordneten an.
In Erwartung einer Antwort
Hochachtungsvoll Dr.Möller
Sehr geehrter Herr Dr. Möller,
für Ihre Anfrage über das Forum abgeordnetenwatch.de danke ich Ihnen und möchte Ihnen wie folgt antworten.
Bei der Abstimmung im Bundestag über die Gesundheitsreform habe ich, nachdem ich in der Probestimmung innerhalb der Fraktion mit Nein votierte, mit Ja gestimmt. Mein Ja zu dieser Gesundheitsreform ist keine vorbehaltlose Zustimmung. Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht, das Für und Wider abgewogen und bin zum Ergebnis gekommen, dass dieses Gesetz vor allem den Patienten mehr Vor- als Nachteile bringt. Einer der wesentlichen Gründe für mich, der Reform zuzustimmen, ist die Tatsache, dass damit endlich der Skandal behoben wird, dass es heute noch mehr als 400.000 Menschen in Deutschland gibt, die nicht krankenversichert sind. Zukünftig wird jeder über einen Krankenversicherungsschutz verfügen können. Reformen der Gesundheitsversorgung und der Krankenversicherung berühren immer -- mehr als andere Fragen -- die Gesamtheit der Bevölkerung. Reformen in diesem Bereich sind deshalb mit besonderer Sorgfalt und Verantwortung anzugehen und zu gestalten. Gesundheit ist für jeden Menschen ein existentielles Anliegen. Das solidarische System der Krankenversicherung ist ein zentraler Bestandteil unseres Sozialstaates. Das Gesundheitssystem bindet schließlich über 250 Milliarden Euro an Mitteln und bildet in sich den größten geschlossenen Arbeitssektor in unserem Land. Als Abgeordneter, der nicht direkt fachlich und unmittelbar in den Verhandlungen mit den anstehenden grundsätzlichen wie speziellen Reformen im Gesundheitswesen befasst gewesen ist, habe ich mich gleichwohl sehr intensiv mit den Problemen, den Lösungsvorschlägen und den getroffenen Kompromissen in der Großen Koalition auseinandergesetzt.
Ich erkenne ausdrücklich an, dass es auch aus dem Grundverständnis einer sozialdemokratischen Gesundheitspolitik heraus gelungen ist, zahlreiche strukturelle Verbesserungen insbesondere für die Patienten und deren Versorgung durchzusetzen.
Beispielhaft möchte ich nennen:
- Erhalt des Leistungsangebotes der Gesetzlichen Krankenversicherung?
- Verhinderung einer weiteren Belastung der Versicherten durch Ausweitung der Eigenbeteiligung?
- Ausbau der Palliativmedizin?
- Sicherung der häuslichen Krankenpflege für Pflegebedürftige und Behinderte?
- Absicherung der Rehabilitation in der Krankenversicherung?
- Stärkung der Prävention?
- Ausbau der integrierten Versorgung und weitere Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung.?
Des Weiteren möchte ich anmerken, dass es einige bedeutende strukturelle -- allerdings auch noch ausbaufähige -- Veränderungen geben wird, - durch Erhöhung der Wirtschaftlichkeit im Arzneimittelbereich?
- durch eine teilweise Stärkung der Verhandlungsposition der Krankenkassen?
- durch Einleitung von Reformen im Bereich der privaten?- Krankenversicherung mit einer strukturellen Stärkung der Rechte der Versicherten (Portabilität, Kontrahierungszwang, Basistarif). Insbesondere das gesundheitspolitische Ziel, dass jeder Mensch in Deutschland in der Pflicht zum Schutz durch eine Krankenversicherung steht, ist jetzt erreicht.
Mit meinem Abstimmungsverhalten im Bundestag verbinde ich die Erwartung, dass bei nächster Gelegenheit falsche Weichenstellungen korrigiert werden und das solidarische Krankenversicherungssystem mit dem Leitbild der Bürgerversicherung gefestigt und ausgebaut wird.
Mit freundlichen Grüßen