Frage an Christoph Strässer von Markus M. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Strässer,
meine Frage ist, warum subventioniert der Staat Sonntagsarbeit?
Vorangestellt möchte ich deutlich sagen, dass ich uneingeschränkt dafür bin, dass Personen, die an Sonn- und Feiertagen arbeiten, einen Zuschlag bekommen sollen. Unverständlich ist mir jedoch, warum dieser Bonus mit von der Allgemeinheit/den Steuerzahlern gezahlt werden soll, durch die Steuerfreiheit von Feiertagszuschlägen.
Die Steuerfreiheit von Feiertagszuschlägen in Deutschland wurde 1940 in der NS-Zeit zur Steigerung der Wehrkraft eingeführt und existiert bis heute. Neben Deutschland gibt es nur sehr wenige Staaten, die vergleichbare Steuerbefreiungen haben.
Neben der Krankenschwester und Co, die selbstverständlich an diesen Tagen arbeiten müssen und dafür auch einen Bonus bekommen sollen, wird aber auch die Sonn- und Feiertagsarbeit in Firmen („am Fließband“) gefördert. In meinen Augen kommt dies nicht nur im geringen Umfang den Konzernen zugute, die günstig in Deutschland auch am Sonntag produzieren können. Dies erfolgt zu Lasten der Gesellschaft, die dies durch die Steuerbefreiung mitbezahlt.
Gleichzeitig wird an anderen Stellen vom Staat die Arbeit an Sonn- und Feiertagen verboten, z.B. bei den Ladenöffnungszeiten, den Verbot Waschanlagen am Sonntag zu nutzen, …
Konkretisiert gefragt: Warum wird Sonn- und Feiertagsarbeit gefördert? Warum muss die vom Steuerzahler finanziert werden und nicht durch die Arbeitgeber im Arbeits-/Tarifvertrag? Warum werden Gesetze aus der NS-Zeit einfach weitergeführt?
Mit freundlichen Grüßen
Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Gesetze aus der NS-Zeit, die nicht mehr in unsere Zeit passen und unserem demokratischen Verständnis und unserer sozialen Marktwirtschaft nicht entsprechen, müssen natürlich abgeschafft oder abgeändert werden. Dabei gilt es genau zu prüfen, welche Veränderungen und Streichungen wirklich sinnvoll sind und zu mehr Gerechtigkeit führen.
Die Steuerbefreiung für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge wurde 1940 eingeführt. Dies geschah zum einen aus Propagandazwecken – dem Volk sollte demonstriert werden, dass Nazi-Deutschland auch während des Krieges die Steuern senken könne, statt Kriegssteuern einzuführen – und zum anderen um einen finanziellen Anreiz für Arbeiter in der Waffenproduktion zu schaffen.
Insofern ist es richtig zu fragen, ob diese Gesetzgebung noch sinnvoll ist.
Zuschläge des Arbeitgebers für Sonn- und Feiertagsarbeit von der Steuer frei zu stellen hat heutzutage den nachvollziehbaren Grund, die für die Gesellschaft wichtigen auch an Feiertagen unverzichtbaren Arbeitsbereiche wie z.B. im Gesundheits-, Sicherheits-, und/oder Rettungssektor steuerlich zu entlasten. Schließlich leisten diese einen Dienst für das Allgemeinwohl. Das halte ich für absolut sinnvoll. Mit dem Zuschlag zum Grundlohn wird außerdem die Leistung des Arbeitnehmers zu Zeiten, an denen die Mehrheit der Beschäftigten arbeitsfrei hat, finanziell vom Arbeitgeber honoriert. Der Staat seinerseits verzichtet auf die Lohnbesteuerung des Zuschlags. D.h. die Hauptlast der Sonn- und Feiertagsarbeitsbezahlung trägt der Arbeitgeber und nicht der Steuerzahler. Dieser feine Unterschied ist in Ihrer Fragestellungen –wie ich finde- ein wenig unter gegangen. Es geht also um die Belohnung derjenigen, die ihren Dienst am Allgemeinwohl an Sonn- und Feiertagen leisten und um diejenigen, die aus fertigungstechnischen Gründen außerhalb der normalen Arbeitszeiten ihren Dienst tun.
Es muss natürlich beobachtet werden, dass das nicht zu einem Missbrauch führt, der lediglich zur höheren Wertschöpfung auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Steuerzahler führt.
Eine Änderung hat die Vorschrift des § 3b EStG deshalb im Jahre 2004 erfahren, als die Steuerfreiheit der Zuschläge von Spitzenverdienern beschnitten wurde. Anlass war die Kritik an steuerfreien Zulagen, die Fußballprofis für Spiele und Trainingszeiten an Sonntagen und Feiertagen erhielten. Seitdem ist die Steuerfreiheit dahingehend begrenzt, dass der ansetzbare Stundengrundlohn auf einen Höchstbetrag von 50 € pro Stunde festgesetzt ist.
Außerdem bin Grundsätzlich der Überzeugung, dass es ein notwendiges Grundbedürfnis des Menschen ist, zur Ruhe zu kommen, sich Besinnen zu können und Zeit für Religionsausübung oder die Familie zu haben. Deshalb sollte der Sonn- und Feiertag prinzipiell so weit wie irgend möglich arbeitsfrei bleiben. Es ist zudem wissenschaftlich nachgewiesen, dass die Arbeitseffektivität ohne Pausen zur Rehabilitation von Körper und Geist kontinuierlich abnimmt. Selbstverständlich gibt es die oben benannten Berufe, wie Polizei-, Kranken-, Pflege- und Rettungspersonal etc., die auch Sonntags nicht völlig arbeitsfrei machen können.
Sehr geehrter Herr Müller,
weil die Sonn- und Feiertagsarbeit in Deutschland die Ausnahme bleibt, die Hauptlast die Arbeitgeber tragen und diese Feiertagsarbeit eine vernünftiges allgemeinwohlorientiertes Maß nicht überschreitet, bin ich nicht für die Abschaffung der Steuerbefreiung der Zuschläge.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Strässer