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Christoph Strässer
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Frage von Tanja G. •

Frage an Christoph Strässer von Tanja G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Strässer,

in
Bedingt einsatzbereit: Bundeswehr gehen die Soldaten aus Panorama
http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2011/bundeswehr229.html
31. März 2011 – Die Wehrpflicht ist ausgesetzt, aber die Armee braucht
Soldaten: 12.000 Freiwillige pro Jahr. Panorama über die verzweifelte Suche
nach den ...

erklärte Herr Robbe:

Es darf in einer Werbung der Bundeswehr nicht unterlassen werden, darauf hinzuweisen, daß der Soldat Leben und Gesundheit riskiert und daß dies Konsequenzen haben kann.

Wie beurteilen Sie diese Aussage und ist dies auch die Auffassung des jetzigen Wehrbeauftragten?

Zum zweiten Teil meiner Frage: Sie werden sicherlich schneller eine Antwort
erhalten.

Mit freundlichen Grüßen
Tanja Großmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Frau Großmann,

ich verstehe Ihre Bedenken hinsichtlich der Werbematerialien der Bundeswehr, die an Minderjährige verschickt werden. Es wäre wünschenswert, die Jugendlichen auch über die Risiken von Auslandseinsätzen hinzuweisen. Allerdings wird das in § 58 Abs. 2 Wehrpflichtgesetz genannte "Informationsmaterial" gemäß der Gesetzesbegründung gerade zum Zweck der Personalwerbung versendet. Mithin ist der Begriff „Informationsmaterial“ weit auszulegen und schließt Werbung mit ein. Aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass die Bundeswehr aufgrund des Wegfalls der Wehrpflicht auf die Werbung angewiesen ist, um Nachwuchs für sich zu gewinnen. Ohne den entsprechende Nachwuchs kann die Bundeswehr den verfassungsmäßigen Auftrag nicht erfüllen.
So heißt es in der Begründung Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 - WehrRÄndG 2011), Drs. 17/4821: wörtlich: „[…] Der personellen Regenerationsfähigkeit der Streitkräfte kommt vor allem wegen eines durch die demographische Entwicklung bedingten verschärften Wettbewerbs mit der Wirtschaft eine besondere Bedeutung zu. Ohne den entsprechenden Nachwuchs ist die Erfüllung des verfassungsmäßigen Auftrags der Bundeswehr gefährdet. Für die Zusendung von Informationsmaterial nach [§ 58] Absatz 2 Satz 1 werden nur die in Absatz 1 Satz 2 abschließend auf-geführten Daten benötigt. […] Den Betroffenen steht ein Widerspruchsrecht zu, das gegenüber den Wehrersatzbehörden geltend zu machen ist (§ 18 Absatz 7 des Melderechtsrahmengesetzes - neu -).“
Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass die Versendung von Personalwerbung rechtlich in Ordnung sei, da die Jugendlichen bis zu ihrem 18. Lebensjahr nur für zivile Tätigkeiten eingesetzt und nicht zum Dienst an der Waffe herangezogen würden. Desweiteren ist zu berücksichtigen, dass die Jugendlichen, gemäß § 58 Abs. 2 S. 2 WPflG sich durch einen Löschungsantrag gegen die Zusendung von Werbung wehren können, wobei ich dies in der Praxis als nur theoretische - gleichwohl wichtige - Möglichkeit ohne große praktische Bedeutung sehe. Aufgrund der ablehnenden Position der Bundesregierung hinsichtlich Kritik an § 58 Abs. 2 WPflG ist auch zukünftig keine Änderung zu erwarten. Dies zeigt auch, dass im Rahmen der Schlussberatung der Wehrpflichtnovelle ein Antrag, den § 58 Wehrpflichtgesetz zu streichen, abgelehnt wurde.
Rechtlich ist die Zusendung von Informationsmaterial zum Zwecke der Personalwerbung erlaubt. Sachliche Information, die Werbung als unvermeidbaren Nebeneffekt hat, ist zulässig. Werbung muss auf den ersten Blick erkennbar sein. Angesichts des gestiegenen Rekrutierungsdrucks der Bundeswehr darf das Informationsmaterial aber nicht verharmlosen. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass das Informationsmaterial an geeigneter Stelle - auch wenn es sich um Werbung handelt - über die objektiven Gefahren von Einsätzen der Bundeswehr informieren muss. Insofern stimme ich der Aussage von Herrn Robbe zu.

Mit freundlichen Grüßen

Christoph Strässer