Frage an Christoph Schnurr von Walter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schnurr,
ich beziehe mich auf Ausschussdrucksache 17(4)636 - Beschäftigtendatenschutzgesetz.
Ist es richtig:
1.
Dass mit § 32 Abs. 1 Satz 2 Arbeitgebern das Recht eingeräumt würde, nach laufenden Ermittlungsverfahren zu fragen?
Nach Rechtsprechung ist z. Zt. nur die Frage nach Vorstrafen zulässig.
2.
Dass mit § 32 Abs. 6 Satz 2 Arbeitgebern das Recht eingeräumt würde, öffentlich zugängliche Daten über Beschäftigte zu erheben; zugleich die bisher nach § 33 Abs. 1 BDSG für derartige Datenerhebungen bestehende Informationspflicht entfallen soll?
Warum sollen Arbeitnehmer im Verhältnis zu Arbeitgebern damit schlechter gestellt werden als andere Betroffene?
3.
Dass durch § 32 Abs. 2 Satz 1 ausdrücklich die Frage nach einer Behinderung zulässig sein und nur die Frage nach einer Schwerbehinderung durch § 32 Abs. 3 ausgeschlossen sein soll?
Im Ergebnis würde eine Diskriminierung behinderter Menschen möglich werden; zudem fehlt es beim Begriff „Behinderung“ im Unterschied zu der nach SGB IX festgestellten „Schwerbehinderung“ an präzisen Maßstäben.
4.
Dass durch § 32c Abs. 2 Arbeitgebern die Möglichkeit eingeräumt würde, für die Planung von Versetzungen Persönlichkeitsprofile der Beschäftigten zu erstellen?
Was wäre dies anders als Vorratsdatenspeicherung auf betrieblicher Ebene?
5.
Dass durch § 32c Abs. 3 Nr. 2 Arbeitgebern die Möglichkeit eingeräumt würde, ärztliche Untersuchungen durchführen zu können, wenn eine Versetzung geplant ist?
Wäre dies nicht die Lizenz für Arbeitgeber, eine Beförderung vom Gesundheitszustand abhängig zu machen?
6.
Dass durch § 32d Abs. 3 Arbeitgebern eine Lizenz zur Kontrolle erteilt würde, wenn künftig anlasslose Screenings von E-Mails und Internetzugriffen durchgeführt werden können, um zu prüfen, ob es Straftaten aus dem Bereich der Untreue, Vorteilsnahme oder Bestechlichkeit gegeben hat?
Damit würden Maßnahmen legalisiert, die in der Vergangenheit als Datenschutzskandale galten (z. B. bei der Bahn).
Sehr geehrter Herr Schmidt,
vielen Dank für Ihre Frage vom 14. Januar zum Beschäftigtendatenschutz.
Nachdem sowohl die rot-grüne als auch die schwarz-rote Koalition in den vergangenen Legislaturperioden das Thema des Beschäftigtendatenschutzes vernachlässigt haben, hat die FDP in den Koalitionsverhandlungen mit der Union großen Wert auf eine Regelung für Rechtssicherheit und Datenschutz für alle Beteiligten gelegt und eine Neuregelung vereinbart.
Schon im Sommer 2010 wurde der Regierungsentwurf beschlossen und nach erster Lesung im Deutschen Bundestag 2011 fand eine öffentliche Anhörung im Innenausschuss statt. In der folgenden Zeit fand ein breiter Diskussionsprozess mit Betroffenen und auch besonderes mit den Gewerkschaften statt.
Wir haben uns also für dieses Thema viel Zeit genommen und werden bei diesem Thema auch weiterhin nichts übereilen, um Rechtsklarheit zu schaffen und die Interessen der Beschäftigten zu wahren.
Nach weiterer Kritik von vielen Seiten an dem letzten Entwurf, die von Ihnen erwähnte Drucksache 17 (4) 636, wird dieser noch ein weiteres Mal überarbeitet, so dass die von Ihnen aufgeworfenen Fragen wohl schon bald hinfällig sein könnten.
Ich kann Ihnen aber versichern, dass es mit der FDP-Fraktion keine schlechtere Stellung der Beschäftigten und ihrer Daten geben wird.
Mit dem Entwurf haben wir erstmals die heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz verboten und die offene Videoüberwachung streng eingrenzt. Das Fragerecht des Arbeitgebers gegenüber Bewerbern wird sachgerecht eingeschränkt und Screenings bei Korruptions- oder Strafdelikten werden stark eingeschränkt und dürfen nur anhand anonymisierter Personaldaten durchgeführt werden. Anlasslose Screenings von Mails und Telefonen sind nicht erlaubt und bei konkreten Verdachtsmomenten nur sehr eingeschränkt möglich.
Insgesamt, bei allen noch offenen Fragestellungen, geht die christlich-liberale Koalition mit dem Entwurf für ein Beschäftigtendatenschutzgesetz stark auf die Interessen der Beschäftigten ein und stärkt die datenschutzrechtlichen Bedürfnisse aller Beteiligten weiter über das Bundesdatenschutzgesetz hinaus.
Jetzt heißt es im weiteren Gesetzgebungsverfahren auch die letzten Mängel auszubessern und für alle Beteiligten eine gute Lösung für Datenschutz und Rechtssicherheit zu erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Schnurr