Frage an Christoph Schnurr von Christoph K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Schnurr,
wie Sie vielleicht mitbekommen haben, hat der Wissenschaftsrat Anfang 2010 bekanntgegeben,
das 2004 befristet verliehene und bereits ausgeübte Promotionsrecht der Frankfurt School of Finance and Management nicht zu akkreditieren. Trotzdem gab das zuständige Landesministerium in Wiesbaden noch am selben Tag der Frankfurt School in einer eigenen Pressemitteilung eine gute Perspektive für die Verlängerung des Promotionsrechts.
1) Halten Sie die Unterstützung für politisch geboten ?
2) Wie schätzen Sie generell die Vergabe des Promotionsrechts an private Hochschulen ein ?
3) Für wie wichtig halten Sie einen Doktortitel für das Fortkommen in der Politik ?
Viele Grüße,
Christoph Kühn
Sehr geehrter Herr Kühn,
als Liberaler bin ich der Überzeugung, dass private Initiativen nicht schlechter sein müssen als staatliche. Häufig ist sogar das Gegenteil der Fall.
Private Hochschulen können Aufgaben des staatlichen Hochschulwesens wahrnehmen und deren Angebot ergänzen. Doch dazu müssen sie mit den gleichen Pflichten und Rechten ausgestattet werden. Hierzu gehört auch das Promotionsrecht. Das Promotionsrecht erleichtert den Hochschule unter anderem renommierte Professoren zu gewinnen.
Selbstverständlich kann ein solches Recht nicht ohne Bedingungen verliehen werden. Während staatliche Hochschulen das Promotionsrecht bereits mit der Gründung erhalten, müssen private Hochschulen zuerst ihre Forschungsfähigkeit beweisen.
Der Wissenschaftsrat hat bei der Vergabe von Promotionsrechten eine Beraterfunktion. Die Kritik des Rates an der Frankfurt School of Finance and Management lag zum Zeitpunkt der Entscheidung der Landesregierung über die Verlängerung des Promotionsrechts jedoch schon eine ganze Weile zurück. Die Landesregierung, in deren Entscheidungsfindung ich keine Einsicht habe, ist zu dem Entschluss gelangt, dass sich seit der Kritik des Wissenschaftsrates an der Hochschule bereits einiges getan hat. 2015, bei der nächsten anstehenden Überprüfung, wird sich zeigen, wie die School of Finance mittelfristig mit den angesprochenen Problemen umgegangen ist.
Schließlich möchte ich versuchen, Ihre Frage zur Bedeutung von akademischen Titeln zu beantworten – und zwar ganz allgemein. Ich bin nämlich nicht der Auffassung, dass die Politik hier eine Sonderrolle einnimmt. Akademische Abschlüsse und Titel erfüllen die Funktion einer verlässlichen Zertifizierung des Erwerbs bestimmter Kenntnisse und Fertigkeiten. Darüber hinaus haben sie aber häufig auch Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Status des Titelinhabers. Ein Doktortitel kann unter diesem Gesichtspunkt unter Umständen ein Fortkommen in der Politik begünstigen – muss es aber nicht und ist auch nicht Voraussetzung dafür.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Schnurr