Portrait von Christoph Poland
Christoph Poland
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Christoph Poland zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Anja V. •

Frage an Christoph Poland von Anja V. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter Poland!

Sie sind Bundestagsabgeordneter meines Wahlkreises, daher will ich Ihnen Fragen zum EU-Haftbefehl stellen:

1. Ist es richtig, dass ich beim EU-Haftbefehl für Delikte bestraft werden kann, die hier in Deutschland garnicht strafbar sind, aber in einem anderen EU-Land, wie etwa Schweden oder Portugal? Und das, obwohl evtl. das Delikt in Deutschland begangen wurde? Es kann also sein, dass ich in so einem Fall an so ein Land ausgeliefert werden müsste?
2. Wenn das obige (auch nur in etwa) richtig ist, wie kann ich dann wissen, wie ich mich korrekt verhalten muss, damit ich nicht im Gefängnis lande oder anderweitig belangt werden kann?
3. Wenn Frage 1 - auch nur teilweise - richtig ist, höhlt dies dann nicht meine Freiheitsrechte aus? Wie ist eine solche Regelung in Bezug zu Freiheitswerten - wie diese auch in unserem ehrwerten GG verankert sind - vereinbar?
4. Wie stehen Sie persönlich dazu? Wie Ihre Partei die CDU?

Es wäre sehr nett, wenn Sie mir die Fragen beantworten können.

Zu meiner Person.
Ich heiße Anja Volkerts und bin 19 Jahre alt und werde bei den Landtagswahlen MV im November 2011 erstmals wählen dürfen. Ich bin einigermaßen politisch interessiert, aber derzeit noch orientierungslos, was für mich die richtige politische Richtung ist.

Mit freundlichen Grüßen

Anja Volkerts

Portrait von Christoph Poland
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Fau Volkerts,

Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:

Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz über den Europäischen Haftbefehl vom 20.07.2006 den Rahmenbeschluss der EU über den Europäischen Haftbefehl vom 13. Juni 2002 umgesetzt. Hierzu war D verpflichtet. Inhaltlich besteht das Gesetz im Wesentlichen aus Änderungen des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG).

Das erste Gesetz zur Umsetzung vom 21. Juli 2004 (also ein rot-grünes Gesetz) wurde vom BVerfG am 18. Juli 2005 für nichtig erklärt (BVerfGE 113, S. 273 FF). Deshalb war die erneute gesetzgeberische Umsetzung des Rahmenbeschlusses erforderlich. Mit der Neuregelung, mit der vor allem die durch den Rahmenbeschluss eröffneten Spielräume hinsichtlich der Nichtauslieferung Deutscher an das Ausland restriktiver gefasst wurden, scheint eine verfassungskonforme Regelung gelungen. Weitere Beanstandungen des BVerfG sind bislang nicht erfolgt.

Deutsche sind nach Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich gegen Auslieferung an das Ausland geschützt. Ausnahmen hiervon sind lediglich unter den Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG gerechtfertigt, nämlich dann, wenn es um die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einen internationalen Gerichtshof geht. Das GG öffnet auch insofern die innerstaatliche Rechtsordnung für das Europa- und Völkerrecht sowie die internationale Zusammenarbeit in den Formen einer kontrollierten Bindung, um den Respekt vor friedens- und freiheitswahrenden internationalen Organisationen und dem Völkerrecht zu erhöhen und das Zusammenwachsen der europäischen Völker in einer Europäischen Union zu fördern (Art. 23 Abs. 1 GG). Zulässig ist eine solche Ausnahme dann, wenn die Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze durch die die Strafgewalt über einen Deutschen beanspruchende ausländische Stelle gewährleistet ist.

Die Auslieferung Deutscher an einen anderen EU-Mitgliedstaat ist in § 80 IRG geregelt. Dies ist möglich, weil grundsätzlich davon auszugehen ist, dass derzeit jeder EU-Mitgliedstaat den Grundsatz der Rechtstaatlichkeit beachtet (vgl. BVerfG a. a. O., S. 299). § 80 unterscheidet hinsichtlich der Zulässigkeitsvoraussetzungen bei der Auslieferung eigener Staatsangehöriger und gleichgestellter Ausländer zwischen der Auslieferung zur Strafverfolgung in den Absätzen 1 und 2 und der Auslieferung zur Strafvollstreckung in Absatz 3.

Nach den Absätzen 1 und 2 ist die Auslieferung zur Strafverfolgung nur zulässig, wenn
1. grundsätzlich die spätere Rücküberstellung zur Vollstreckung einer verhängten freiheitsentziehenden Sanktion gesichert ist und die Tat
2. einen maßgeblichen Bezug zum ersuchenden Mitgliedstaat aufweist. Sofern das nicht der Fall ist, muss bezüglich der Tat die beiderseitige Strafbarkeit gegeben sein und es darf bei konkreter Abwägung der widerstreitenden Interessen kein schutzwürdiges Vertrauen des Verfolgten in seine Nichtauslieferung bestehen.

Nach Absatz 3 ist schließlich die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafvollstreckung nur zulässig, wenn der Verfolgte nach Belehrung zu richterlichem Protokoll zustimmt.

Ich hoffe, ich kann Ihnen mit der Antwort weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen

Christoph Poland