Frage an Christoph Ploß von Marie D. bezüglich Humanitäre Hilfe
Hi Christoph,
was tust du für die Menschen auf Moria?
Sehr geehrte Frau Dilk,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Aufnahme besonders schutzbedürftiger Personen aus dem Flüchtlingslager Moria auf Lesbos.
Die Bilder und die Berichte aus Moria lassen niemanden von uns kalt. Umso wichtiger ist jetzt ein europäisch abgestimmtes und entschlossenes Handeln. Deutschland wird seiner Verantwortung gerecht, indem die Bundesregierung entschieden hat, insgesamt 2.750 Personen aufzunehmen. Es wurde ein erster Schritt getan. Nun sollten wir als CDU auf einen Dreiklang an Maßnahmen setzen: schnelle Hilfen vor Ort, eine Europäisierung der Aufnahmeeinrichtungen und die Evakuierung besonders schutzbedürftiger Menschen.
Ein erneuter nationaler Alleingang Deutschlands hätte kurz- und langfristig erhebliche negative Auswirkungen für Deutschland und die europäische Migrationspolitik zur Folge: Griechenland selbst lehnt aktuell eine umfangreiche Verteilung der Migranten aus Moria aus Sorge vor Sogeffekten ab und weil zu befürchten steht, dass dann bald Flüchtlingslager überall an den EU-Außengrenzen in Brand gesteckt würden, um eine Verbringung nach Deutschland oder in andere EU-Staaten zu erzwingen. Eine umfangreichreiche oder gar vollständige Aufnahme in Deutschland würde zudem sämtliche Anstrengungen unserer Ratspräsidentschaft torpedieren, endlich ein gemeinsames Europäisches Asylsystem mit einer fairen Verteilung schutzberechtigter Flüchtlinge innerhalb der EU zu etablieren. Das muss jedem klar sein.
Deutschland hat seit 2016 mit rund 1,6 Millionen Menschen Schutz gewährt und damit streckenweise fast zwei Drittel aller Flüchtlinge in der EU mit 27 Mitgliedstaaten aufgenommen. Kein Land in Europa hat ein derart menschliches Gesicht gezeigt wie wir. Deutschland ist humanitäres Vorbild in Europa. Solidarität und Hilfe wird in der Migrationsfrage immer häufiger auf die Aufnahme von Flüchtlingen verkürzt und mit einer entsprechenden reflexhaften Forderung verbunden. Das halte ich für grundfalsch.
Bereits im letzten Dezember hat das Technische Hilfswerk rund 10.000 Betten und Zelte nach Griechenland geschafft, um für eine menschenwürdige Unterbringung auf den Inseln zu sorgen. Fast nichts davon ist bis heute aufgestellt worden. Griechenland hat zudem erhebliche finanzielle Unterstützung der EU für die Versorgung der Flüchtlinge bekommen, die zu großen Teilen zweckentfremdet wurden. Auch die Bearbeitung der Asylverfahren wird nicht angemessen betrieben, so dass es zu keiner Rückführung von Menschen ohne Schutzanspruch in die Türkei und keiner Verteilung Schutzberechtigter in die EU-Staaten kommt wie es vorgesehen ist. Dahinter steckt auch die Sorge Griechenlands, dass es zu weiteren Sogeffekten kommt. Aus diesem Grund lehnt Griechenland übrigens in der aktuellen Lage selbst eine Verbringung auf das Festland ab.
Unsere Aufgabe als Parlamentarier ist es, bei den Entscheidungen die Langzeitfolgen für unser Land zu bedenken und kühlen Kopf zu bewahren. Es darf nicht Schule machen, dass eine Verteilung von Menschen nach Deutschland oder andere Sehnsuchtsländer Europas erzwungen wird, indem die eigene Unterkunft gezielt in Brand gesetzt wird. Andernfalls steht zu befürchten, dass bald alle vergleichbaren Lager in den Außengrenzenstaaten Europas in Flammen stehen. Mindestens genauso bedenkenswert ist der Umstand, dass eine vollständige Verbringung der rund 13.000 Flüchtlinge von Lesbos nach Deutschland erhebliche Sogwirkungen entfalten würde und nach Einschätzung vieler Experten dazu führen würde, dass die griechischen Inseln in kürzester Zeit wieder vollliefen. Dies ist also keine Lösung. Wir müssen bei aller menschlichen Betroffenheit kühlen Kopf bewahren. Deshalb spreche ich mich persönlich für eine humanitäre Soforthilfe vor Ort aus, eine begrenzte Aufnahme von Kindern und Frauen durch Deutschland und eine europäische Lösung für die schutzberechtigten Migranten.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Ploß