Frage an Christoph Bergner von Michael L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Herr Bergner,
bitte erklären Sie mir und den anderen Wählern, warum Sie das Gesetz, in dem Abgeordnetenbestechungen unter Strafe gestellt werden sollte, abgelehnt haben.
Durch die Presse werden ständig Einflussnamen der mächtigen Lobbygruppen speziell auf die Arbeit der derzeitigen Regierung aufgedeckt, so dass ich sehe, dass wir in der BRD doch ein ein Problem haben und die derzeitigen Regelungen nicht reichen oder nicht genügend abschrecken.
Warum haben Sie noch nicht einmal den Verhaltenskodex der Initiative Ihres Kollegen Marco Bülow unterzeichnet?
In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auch fragen, warum Ihre Regierung neben Syrien, Nord Korea immer noch nicht die UN-Konvention gegen Korruption unterschrieben hat?
Sehr geehrter Herr Lohmann,
vielen Dank für Ihre Nachricht, ich möchte Ihre Frage wie folgt beantworten.
Zunächst möchte ich auf etwas hinweisen, was in der allgemeinen Berichterstattung zu kurz kommt: Die Abgeordnetenbestechung ist bereits seit 1994 eine Straftat. Der entsprechende §108e des Strafgesetzbuches wurde damals während der Amtszeit von Bundeskanzler Helmut Kohl vom Parlament verabschiedet. Damit wurde der rechtliche Rahmen geschaffen, um das Kaufen und Verkaufen von Stimmen mit Freiheits- oder Geldstrafen zu sanktionieren.
Die CDU setzt sich uneingeschränkt gegen Korruption und Bestechung im privatwirtschaftlichen wie im öffentlichen Bereich ein. Die Ratifizierung des UN-Übereinkommens ist aus Sicht der deutschen Rechtsordnung allerdings problematisch. Die Konvention verlangt eine Verschärfung des geltenden Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung und setzt dabei gewählte Abgeordnete mit weisungsgebundenen Beamten gleich. Deren Tätigkeiten unterscheiden sich aber grundlegend, so dass die Bestimmungen zur Beamten- und Richterbestechung nicht einfach auf die Träger eines freien Mandats übertragen werden können und sollten. Unser Grundgesetz lässt bewusst Freiraum für die politische Willensbildung, was es jedoch schwierig macht, einen Straftatbestand zu formulieren, der über den geltenden § 108e StGB hinaus die Abgeordnetenbestechung zuverlässig auf tatsächlich strafwürdiges Verhalten begrenzt. Bisher vorgelegte Regelungsvorschläge sind von vielen Seiten als nicht tragfähig kritisiert worden, auch weil sie dieses Problem nicht lösen konnten. Daher wird vom Parlament weiterhin einen gangbarer und praxisnaher Weg gesucht, um die UN-Konvention verfassungsgemäß umzusetzen.
Wenn über dieser Debatte der Eindruck entsteht, dass Abgeordnete sich eventuell mit der ausstehenden Ratifizierung vor Bestrafung schützen wollten, so ist dieser Eindruck bedauerlich aber falsch. Denn alle im Bundestag vertretenen Fraktionen haben großes Interesse daran, den Ruf der Abgeordneten und des Parlaments im Ganzen zu schützen. Aus diesem Grund haben auch alle Fraktionen gegenüber der Bundesregierung deutlich gemacht, dass die in der UN-Konvention vorgenommene Gleichstellung von Amtsträgern, wie z.B. Beamten und Mandatsträgern nach der Verfassungsrechtslage der Bundesrepublik Deutschland nicht möglich ist. Auf diesen Unterschied hat auch der der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung mehrfach hingewiesen.
Im übrigen garantiert das Grundgesetz das freie Mandat der Abgeordneten. Sie sind grundsätzlich frei und nur dem Gewissen unterworfen. Daneben gibt es aber doch weitere Kontrolleure: Öffentlichkeit, Opposition, Wählerinnen und Wähler, Jurisdiktion und Medien.Auch das Funktionieren dieses Zusammenspiels hat dazu beigetragen, dass der Deutsche Bundestag einen international vorzüglichen Ruf genießt und nicht als korruptes Parlament gilt, darauf möchte ich zumindest am Rande hinweisen.
Ich hoffe, Sie können meine Haltung hinsichtlich der oben genannten Punkte nachvollziehen, jedenfalls tun Sie der Demokratie in unserem Lande keinen Dienst, wenn Sie sich nicht mit der schwierigen Sachlage auseinandersetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christoph Bergner