Frage an Christoph Bergner von Susan G. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Bergner
Es geht um Ihre Pro-Fracking-Abstimmung.
Herr Laschet (CDU) behauptet, dass das Gesetz Fracking QUASI ausschließt. Die morgige Abstimmung erfolgt jedoch nachdem die Wirtschaft Druck gemacht hat. Dies klingt nicht danach, dass es kein Fracking geben wird. Wöllte man das, dann würde man ein Verbot erlassen.
Bitte begründen Sie mir sachlich Ihre Entscheidung. Eine Abwägung der Pro- und Kontra-Argumente und wie letzten Endes die Pro-Argumente überwiegen wäre dafür sicher sehr hilfreich. Wie relativieren Sie die messbaren und beobachtbaren Argumente, welche eindeutig gegen das Fracking sprechen?
Die Verantwortung wird vom Bund an die Länder verwiesen. Wie kann der Bund dann noch die Kontrolle ausüben? Und wenn er es nicht kann, wie kann man dann auf Bundesebene die Aussage treffen, dass es kein F. geben wird? Die Länder sollen über Probebohrungen (und anschließende Förderung?) entscheiden. Aber nach welchen Kriterien? Sind wirtschaftliche Interessen (Arbeitsplätze) völlig legale Kriterien, hinter welchen zB. Umweltbelange, Sicherheitsbedenken u.a. zurückstecken müssen? Wird das in dem Gesetz überhaupt geregelt? Haben Anwohner ein Mitspracherecht? In welchem Umfang liegen deutschlandweit Daten über Menge, Verlauf usw. der grundwasserführenden Gesteinsschichten vor?
Negative Folgen betreffen viele, den Gewinn fahren einige wenige ein. Gibt es eine Haftungsregelung für direkte und Folgeschäden? Oder schöpfen die Unternehmen Gewinne und der Steuerzahler zahlt Schäden?
Ca. 200 verschiedene Chemikalien und Biozide werden eingesetzt, darunter auch BTEX-Chemikalien (Benzole, Toluol, Ethyle, Xoluol). Ich bin Biochemikerin und weiß was das bedeutet! Was können Sie über deren Einsatz, Verbleib oder Entsorgung/Lagerung sagen?
Die Förderung einer weiteren Methode zum Abbau fossiler Brennstoffe steht dem Ziel der Energiewende diametral entgegen. Was ist die parteiliche Meinung dazu?
Danke für die Beantwortung der Fragen im Voraus.
Sehr geehrte Frau Gruner,
vielen Dank für Ihre Fragen, vor allem weil sie mir Gelegenheit geben, dazu Stellung zu nehmen.
Ihre Fragen zeigen mir auch, dass sachliche (nicht emotionale gelenkte) Aufklärung über die nun getroffenen Beschlüsse dringend Not tut. Ich weiß nicht, inwieweit Ihrem Schreiben eine eigene Beschäftigung mit dem Thema vorausging bzw. aufgrund welcher Informationen über unseren parlamentarischen Entscheidungsprozess Sie Ihre Anfrage verfassten. Lassen Sie mich bitte klarstellen:
Wir haben am 24.6. im Bundestag über das „Gesetz zur Änderung wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften zur Untersagung und zur Risikominimierung bei den Verfahren der Fracking-Technologie“ sowie über das „Gesetz zur Ausdehnung der Bergschadenshaftung auf den Bohrlochbergbau und Kavernen“ abgestimmt. Ich habe diesen Gesetzen mit gutem Gewissen zugestimmt.
Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gilt, dass es beim Schutz der Gesundheit der Menschen, der Umwelt und des Trinkwassers keine Kompromisse geben darf. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD stellt daher zum Einsatz der Fracking-Technologie klar, dass der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit absoluten Vorrang hat. Mit dem am 24. Juni 2016 im Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetzespaket haben wir dies umgesetzt. Folgende Grundsätze sind jetzt klar festgeschrieben:
- Unkonventionelles Fracking wird in Deutschland unbefristet verboten. Zur Aufhebung des Verbots ist ein Beschluss des Deutschen Bundestages nötig, der sich 2021 wieder mit dem Thema befasst. Möglich sind lediglich maximal vier wissenschaftlich begleitete Erprobungsmaßnahmen, die unter strengsten Umweltanforderungen erfolgen und von den jeweiligen Ländern genehmigt werden müssen. Wo, wann und ob Erprobungsmaßnahmen überhaupt stattfinden, ist derzeit offen.
- Beim seit vielen Jahrzehnten in Deutschland angewandten konventionellen Fracking in tiefen geologischen Formationen wird der Rechtsrahmen erheblich verschärft. In einer Vielzahl von Gebieten ist Fracking künftig vollständig ausgeschlossen.
- Wir haben festgelegt, dass umwelttoxische Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten nicht zum Einsatz kommen dürfen.
- Zur Sicherstellung dieser Vorgaben haben wir umfassende Änderungen unter anderem am Wasserhaushaltsgesetz, dem Bundesnaturschutzgesetz und dem Bundesberggesetz beschlossen, die zu einer massiven Verschärfung der Anforderungen für den Einsatz der Fracking-Technologie führen.
- Fracking jeglicher Art wird in sensiblen Gebieten wie Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten sowie an Seen und Talsperren zur Trinkwassergewinnung vollständig verboten. Brunnen, aus denen Wasser zur Verwendung in Lebensmittel gewonnen wird, werden ebenfalls in die Ausschlussgebiete einbezogen.
- Die Länder können darüber hinaus an weiteren sensiblen Trinkwasserentnahmestellen Verbote erlassen, zum Beispiel zum Schutz von privaten Mineral- und Brauereibrunnen und Heilquellen.
- In Nationalparks und Naturschutzgebieten wird die Errichtung von Anlagen zum Einsatz der Fracking-Technologie untersagt.
- Vorranggebiete für die künftige Gewinnung von Trinkwasser können von den Ländern über die Raumordnung als Ausschlussgebiete festgelegt werden.
- Für jede Form von Fracking wird künftig eine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung mit umfassender Bürgerbeteiligung verpflichtend eingeführt.
- Die Wasserbehörden werden künftig ein Vetorecht bei den Genehmigungen haben.
- Fracking-Gemische dürfen künftig keine giftigen Stoffe enthalten, zudem müssen die eingesetzten Stoffe umfassend offengelegt werden.
- Das Verpressen von Lagerstättenwasser wird künftig grundsätzlich verboten sein. Ausnahmen sollen nur in den Fällen möglich sein, bei denen der sichere Einschluss in druckabgesenkte kohlenwasserstoffhaltige Gesteinsformationen gewährleistet ist. Verpresst werden darf das Lagerstättenwasser also nur in solche geologischen Formationen und Tiefen, aus denen es gefördert wurde. Zudem wird bei der Verpressung der Stand der Technik gefordert, also die beste zum Zeitpunkt verfügbare Technik. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung wird auch hier Pflicht sein.
- Verschärft wird auch das Bergschadensrecht. So wird die Beweislast für mögliche Bergschäden auch bei der Erdgas- und Erdölförderung sowie bei Kavernenspeichern den Unternehmen auferlegt.
- Zwischen Fracking zur Erdgas- oder Erdölförderung wird nicht unterschieden. Es gelten künftig die gleichen strengen Anforderungen.
Damit haben wir nach intensiven und langwierigen Verhandlungen die dem Parlament vom Bundesumwelt- und vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegten Gesetzentwürfe noch einmal deutlich verschärft. Die jetzt beschlossenen Regelungen sichern Umwelt- und Gesundheitsschutz gleichermaßen. Wer hier noch von einem „Fracking-Erlaubnisgesetz“ redet, wie es einigen Äußerungen von Aktivisten zu entnehmen ist, verdreht m.E. vollständig die Tatsachen.
Lassen Sie sich davon bitte nicht verunsichern.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Christoph Bergner