Frage an Christoph Bergner von Matthias W. bezüglich Gesundheit
Werter Herr Dr. Bergner,
das Nichtraucherschutzgesetz bezieht sich auf Rauchen im öffentlichen Raum. Zuhause jedoch sind Kinder nach wie vor passivem Mitrauchen ausgesetzt. Es gibt Eltern und Geschwister, die trotz Wissens um die Gesundheitsschädigung keine Rücksicht auf das Wohlbefinden ihrer Mitbe-wohner nehmen. Dennoch schreitet keine Behörde ein. Wenn Eltern ihre Kinder allerdings misshandeln oder verhungern lassen, wird durchaus das Jugendamt eingeschaltet. Wo ist hierbei der Unterschied zwischen den Körperverletzungen? Der grundrechtlich verankerte Schutz der privaten Wohnung gilt wohl nicht, wenn Gefahr für Leib und Leben besteht. Wenn unterlegene Opfer (Kinder, Behinderte, Haustiere etc.) keine Möglichkeiten zum selbständigen Verlassen der Wohnung haben, ist von einer Misshandlung m. E. durchaus zu sprechen.
Warum verbietet das Nichtraucherschutzgesetz nicht das Rauchen in privaten Wohnungen?
Falls meine Frage überhaupt nicht in Ihr Ressort passt, leiten Sie sie bitte an das zuständige Ministerium weiter. Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Weinert,
das Rauchen auch in privaten Räumen zu verbieten, käme einem generellen Verbot des Tabakkonsums gleich. Auch wenn ich selbst ein leidenschaftlicher Gegner des Rauchens bin - denn die Gesundheitsgefährdung, der Raucher sich selbst und die Menschen in ihrer Umgebung aussetzen, ist unbestritten -- muss ich darauf hinweisen, dass ein solches Verbot nicht mit dem Freiheitsverständnis des Grundgesetzes zu vereinbaren wäre. Die Pflicht der Tabakindustrie, über Gefahren und Risiken des Rauchens zu informieren ist gesetzlich festgeschrieben. Für Tabakprodukte darf nur eingeschränkt geworben werden und das Jugendschutzgesetz legt fest, bis zu welchem Alter Jugendlichen der Zugang zu Tabak nicht ermöglicht werden darf. Das Nichtraucherschutzgesetz regelt, wie Sie wissen, Rauchverbote im öffentlichen Raum. Über die Gefahren von Rauchen und auch von Passivrauchen, von Alkoholkonsum und ungesunder Ernährung kann sich jeder informieren. Es wird auf Gefahren für den menschlichen Körper aufmerksam gemacht und an das Gewissen appelliert. Die Entscheidung über seine Handlungsweisen kann dem freien Menschen aber nicht abgenommen werden. Alle Lebensfragen durch Gesetze regeln zu wollen hieße, den Bürger zu entmündigen. Der Staat darf seinen Bürgern nicht die Freiheit nehmen! Der damalige Ministerpräsident Lothar de Maizeire zitierte in seiner Regierungserklärung vor der frei gewählten Volkskammer am 19. April 1990 aus Hölderlins Hyperion wie folgt: "Du räumst dem Staat denn doch zuviel Gewalt ein. Er darf nicht fordern, was er nicht erzwingen kann. Was aber die Liebe gibt und der Geist, das lässt sich nicht erzwingen. Das lass´ er unangetastet, oder man nehme sein Gesetz und schlag´ es an den Pranger! Beim Himmel! Der weiß nicht, was er sündigt, der den Staat zur Sittenschule machen will. Immerhin hat das den Staat zur Hölle gemacht, dass ihn der Mensch zu seinem Himmel machen wollte." Dieser sehr treffend formulierten Meinungsäußerung möchte ich mich anschließen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christoph Bergner