Frage an Christoph Bergner von Jörg S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bergner,
morgen betritt Deutschland mit der Abstimmung über den Gesetzesentwurf über die Sperrung von Seiten mit kinderpornografischen Inhalt einen gefährlichen Weg.
Dem Bundeskriminalamt soll eine Aufgabe übertragen werden, die faktisch ein Mittel zur Zensur im Internet darstellt.
Wie läßt sich dieser Gedanke mit Artikel 20 des Grundgesetzes vereinbaren?
Und warum sieht die CDU im Nachdenken über den richtigen Weg, um Kindesmissbrauch und den kriminellen Handel mit Bildern/Filmen darüber eine "eine gefährliche Entwicklung"?! (siehe Pressemitteilung "Klare Kante gegen Kinderpornographie" vom 15.06.2009 der CDU/CSU-Fraktion)
Was, wenn nicht Zensur, ist die Verhinderung des Zugangs zu Inhalten, seien es Bücher, Schriften oder Webseiten, wenn eine staatliche Einrichtung darüber verfügt?
Was wird aus dem rechtsstaatlichen Selbstverständnis Deutschlands werden, wenn diese Haltung der Fraktion in Deutschland zum Gesetz wird?
Warum dieser Eifer und die Eile? Straftaten müssen verfolgt und angeklagt werden, keine Frage. Aber dazu braucht es keine neuen Gesetze, sondern internationale Abkommen und Strukturen in den Strafverfolgungsbehörden.
Welche Argumente haben Sie, Herr Dr. Bergner, um dennoch mit JA zum Gesetzesentwurf zu stimmen?
Sehr geehrter Herr Schneider,
vielen Dank für Ihre Mail in der Sie Ihre Position zu den Maßnahmen der Bundesregierung darlegen, die den Zugriff auf Internetseiten mit kinderpornographischem Inhalt erschweren.
Sie stimmen sicher mit mir darin überein, dass Kinderpornographie eines der abscheulichsten Verbrechen ist. Als Vater von drei Kindern packt mich das blanke Entsetzen wann immer ich von diesem kommerziellen Kindesmissbrauch erfahre.
Natürlich muss dieses Verbrechen an der Wurzel bekämpft werden. Leider ist das nicht immer möglich. Kinderpornographische Webseiten werden fast ausschließlich von ausländischen Providern ins Netz gestellt. Eine Beseitigung kann nur in Zusammenarbeit der Polizeibehörden in den beteiligten Staaten und unter Beachtung entsprechender multinationaler Rechtsvorschriften erfolgen. Stellt dagegen ein inländischer Provider eine entsprechende Seite ins Netz, veranlasst das BKA in Zusammenarbeit mit den Polizeien der Länder unverzüglich ihre Beseitigung. Diejenigen, die kinderpornographische Bilder herstellen oder im Internet einstellen, werden weiterhin mit unverminderter Intensität verfolgt.
Mit dem Gesetz zur Sperrung kinderpornographischer Seiten im Internet wird der Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern um eine präventive Maßnahme ergänzt.
Eine Sperrung ist nur vorgesehen, wenn Löschen nicht oder nicht zeitnah möglich ist. Die Einschränkung des Zugangs für Internetnutzer bezieht sich dabei auch nur auf kinderpornografische Seiten, also auf die Verhinderung von Straftaten gemäß §148b StGB (auch die Beschaffung kinderpornographischer Inhalte über Internet ist strafbar). Insofern finde ich es unerträglich, wenn in diesem Zusammenhang von Zensur gesprochen wird. Halten Sie es wirklich für ein unverzichtbares bürgerliches Grundrecht auch auf Internetseiten mit kinderpornographischem Inhalt zugreifen zu können? Das Internet ist ja kein rechtsfreier Raum. Nutzerdaten, die an der Stopp-Seite anfallen, dürfen übrigens auch nicht für die Strafverfolgung genutzt werden.
Ich bin mir bewusst, dass wir mit diesem Gesetz Kinderpornographie nicht verhindern, aber zumindest den Zugang zu kinderpornographischen Seiten erschweren können. Deshalb habe ich dem Gesetzentwurf der Koalition zugestimmt. Die Wirkung des Gesetzes wird nach zwei Jahren evaluiert, um es dann aufgrund der gewonnenen Erfahrungen zu optimieren.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Christoph Bergner